Monday, January 30, 2023

Ukrainische Kinder an deutschen Schulen: Herausforderungen für beide Seiten

Merkur Ukrainische Kinder an deutschen Schulen: Herausforderungen für beide Seiten Artikel von Doris Schmid • Vor 14 Std. Ukrainische Kinder an deutschen Schulen: Herausforderungen für beide Seiten Im Landkreis gehen 351 ukrainische Kinder und Jugendliche in die Schule. Petra Burkhardt, Leiterin des Schulamts, weiß: Die Voraussetzungen, die die Schüler mitbringen, sind sehr unterschiedlich. Bad Tölz-Wolfratshausen – Deutsch, Mathe und Englisch: Das sind die Hauptfächer der aktuell 351 ukrainischen Kinder und Jugendlichen, die im Landkreis derzeit in die Schule gehen. 141 Schülerinnen und Schüler besuchen eine Regelklasse. Die anderen gehen in sogenannte Brückenklassen, die an Schulen in Icking, Wolfratshausen, Geretsried, Bad Tölz, Gaißach und Benediktbeuern eingerichtet wurden. Viele Kinder drücken doppelt die Schulbank: Nachmittags absolvieren sie den Online-Unterricht aus der Ukraine. Ukrainische Kinder in deutschen Schulen - Nachmittags Online-Unterricht aus der Ukraine Eine Regelklasse besuchen laut Schulamtsdirektorin Petra Burkhardt vor allem Grundschüler, weil das „die einzige Option der Beschulung ist“. Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 16 Jahren werden hingegen in extra Klassen unterrichtet. „Diese Brückenklassen sind schulartübergreifend eingerichtet und wurden regional verteilt“, erklärt Burkhardt. Aktuell besuchen diese Klassen 167 Schülerinnen und Schüler. Wer in welche Klasse geht, bestimmt eine Steuergruppe, die vom staatlichen Schulamt geleitet wird. Brückenklassen gibt es am Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium in Icking (neun Schüler), an der Realschule Wolfratshausen (13), an der Mittelschule Wolfratshausen-Waldram (20), am Gymnasium Geretsried (zwei Klassen, 20 und 19), am Gabriel-von-Seidl-Gymnasium in Bad Tölz (14), an der Realschule in Bad Tölz (20), an der Mittelschule Gaißach (19), an der Mittelschule Benediktbeuern (13) sowie an der Mittelschule Bad Tölz-Süd (20). Am privaten Max-Rill-Gymnasium in Reichersbeuern besuchen 13 Schüler eine Sprachförderklasse. Für Jugendliche, die älter als 16 Jahre sind, ist an der Berufsschule Bad Tölz ebenfalls eine Sprachförderklasse mit 30 Schülern eingerichtet worden. „Erfreulicherweise haben wir in den Brückenklassen eine sehr hohe Konstanz“, berichtet Burkhardt. Seit ihrer Bildung im vergangenen September 2022 habe es nur wenige Zu- oder Abgänge gegeben – vergleichbar mit den Bewegungen in Regelklassen. Was den allgemeinen Leistungsstand sowie die Deutschkenntnisse betrifft, seien die Klassen von einer „großen Heterogenität“ gekennzeichnet. „Das bedeutet, dass die Voraussetzungen, die die Kinder mitbringen, sowie auch die Leistungsbereitschaft sehr unterschiedlich sind“, erklärt die Expertin. „Es gibt einzelne Fälle, wo die Kinder nur die kyrillischen Schriftzeichen können und nun erst mal unsere Buchstaben kennenlernen müssen.“ Ukrainische Kinder in Brückenklassen - Bewährte Konzepte zum Erlernen von Deutsch als Zweitsprache Da die Klassen laut Burkhardt jahrgangsgemischt sind, können die einen den mathematischen Stoff der fünften Klasse und andere zum Beispiel den der neunten Klasse. Unterschiedlich sei auch die Motivation der Schüler, sich aktiv beim Lernen, vor allem beim Deutschlernen, einzubringen. „Das ist erklärbar, da viele Familien nachvollziehbar schnellstmöglich nach Hause wollen und die Bedeutsamkeit, die deutsche Sprache zu lernen, damit unterschiedlich ausgeprägt ist.“ Im Unterricht kommen Burkhardt zufolge bewährte Konzepte zum Erlernen von Deutsch als Zweitsprache zum Tragen – darauf liege das Hauptaugenmerk. Zusätzlich erhalten die Schüler auch Mathematik- und Englischunterricht. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei die Verknüpfung mit den Schülern in den Regelklassen. So nehmen die ukrainischen Kinder und Jugendlichen stundenweise in verschiedenen Fächern der Regelklassen teil. Über die Zuordnung der Kinder zu den Klassen könne das individuelle Lernniveau berücksichtigt werden. Burkhardt: „Für die Lehrkräfte ist die Herausforderung, dem unterschiedlichen Leistungsstand und durchaus auch der individuellen Motivationslage entsprechend zu begegnen.“ Die Tölzer Schulamtsdirektorin ergänzt, dass die Lehrkräfte zu diesem Thema und zum Umgang mit einer möglichen Traumatisierung Fortbildungsangebote vonseiten des Schulamts erhalten würden. Ukrainische Kinder an deutschen Schulen: Auch für Lehrer zum Teil eine Herausforderung Der Besuch der Brückenklasse am Vormittag stelle für die Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine sicherlich eine große Herausforderung dar, meint Petra Burkhardt. Viele von ihnen würden weiterhin nachmittags den Online-Unterricht aus der Ukraine absolvieren. „Da für die Kinder und Jugendlichen in Bayern Schulpflicht besteht, kann dieser Unterricht nicht den Präsenzunterricht an einer Schule vor Ort ersetzen“, stellt die Schulamtsdirektorin zudem fest. Um den Übergang für die weitere Schullaufbahn begabungsgerecht zu gestalten, soll im zweiten Halbjahr in den Brückenklassen der Wissenstand der Schüler abgefragt werden. Gibt es eigentlich ukrainische Kinder, die nicht zur Schule gehen? „Eigentlich sollten keine Kinder und Jugendlichen durch das Raster fallen“, meint Burkhardt. „Die Einwohnermeldeämter melden den Schulen direkt, wenn es Zuzüge in die Gemeinde gibt.“ Zusätzlich informiere das Landratsamt das Schulamt über die Zuzüge. Die formale Anmeldung für die Brückenklassen läuft über ein Kontaktformular, das die IT-Abteilung des Landratsamts für das Schulamt entwickelt hat. „Da die Koordination der Brückenklassen über das Schulamt läuft, ist hier immer eine aktuelle Übersicht über die Zusammensetzung der Brückenklassen gegeben.“