Sunday, January 14, 2024
Neueste Asylzahlen der EU - Erfolgsmodelle in Dänemark und Österreich zeigen Deutschland wie Migration geht
Neueste Asylzahlen der EU - Erfolgsmodelle in Dänemark und Österreich zeigen Deutschland wie Migration geht
Artikel von FOCUS Online •
1 Std.
Flüchtlinge kommen in die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen am Standort Braunschweig
Der aktuelle Migrationsbericht zeigt: Migration aus der EU nach Deutschland ist häufig temporär, während Zuwanderer aus Asien und Afrika eher bleiben. Dennoch verzeichnet Deutschland einen Anstieg der Asylanträge um 51 Prozent. In Österreich und Dänemark ging die Zahl der Asylanträge dagegen stark zurück.
Der Migrationsbericht 2022 der Bundesregierung ermöglicht einen neuen Blick auf die Migrationsbewegungen nach Deutschland. Er zeigt: Während die Migration aus EU-Staaten und hochentwickelten Ländern häufig „zirkulär“ verläuft, zeichnet sich bei Zuwanderern aus Asien und Afrika sowie aus Asyl-Schwerpunktländern ein dauerhafterer Aufenthalt ab. Aus bislang unveröffentlichten Daten der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) geht zudem hervor, dass die Europäische Union einschließlich Norwegen und der Schweiz im vergangenen Jahr 1,13 Millionen Asylanträge verzeichnet hat. Das berichtet die „Welt“.
Der Migrationsbericht zeige, dass es trotz der hohen Zahl von rund 612.000 Zuwanderern aus EU-Ländern nach Deutschland im Jahr 2022 auch eine deutliche Abwanderung gegeben habe: Rund 504.000 EU-Bürger hätten Deutschland verlassen. Daraus ergibt sich ein positiver Wanderungssaldo von rund 107.000 Personen aus anderen EU-Staaten.
Dieser Trend, der bereits seit 2019 zu beobachten ist, war 2022 gegenüber fast allen EU-Ländern mit Ausnahme Dänemarks zu beobachten, berichtet die Zeitung weiter. Der größte Zuwachs an Migranten aus der EU komme vor allem aus drei Ländern: Rumänien mit einem Saldo von 39.000, Polen mit 17.500 und Bulgarien mit 16.000.
Weniger Zuwanderer aus Asien kehren in ihre Heimatländer zurück
Im Vergleich zu Europa zeigt sich laut Migrationsbericht bei der Zuwanderung aus Asien ein ganz anderes Bild. Obwohl 2022 weniger Zuwanderer aus Asien als aus der EU - nämlich 331.000 - kommen, ist der Wanderungssaldo deutlich höher. Dies liegt daran, dass weniger Zuwanderer aus Asien in ihre Heimatländer zurückkehren, was zu einem Nettogewinn von 254.000 Personen führt.
Der Wanderungssaldo mit der Türkei wird dem Bericht zufolge im Jahr 2022 bei rund 49.000 Personen liegen. Höhere Wanderungsgewinne gebe es nur mit Afghanistan (55.000), Syrien (68.000) und vor allem mit der Ukraine mit 960.000 Personen. Gegenüber wirtschaftlich starken Ländern wie China und den USA waren die Wanderungssalden dagegen gering. So kamen im Jahr 2022 netto 3715 Chinesen und 3259 Amerikaner mehr nach Deutschland.
2022 zogen 83.000 mehr Deutsche ins Ausland als umgekehrt
Eine Besonderheit stellt die Situation der deutschen Staatsangehörigen dar. Hier weist Deutschland einen negativen Wanderungssaldo auf. Im Jahr 2022 zogen 83.000 Deutsche mehr ins Ausland als umgekehrt. Laut Regierungsbericht verließen zwischen 2010 und 2022 rund 2,6 Millionen Deutsche das Land, während nur zwei Millionen zurückkehrten.
Wie die „Welt“ weiter berichtet, verließen im Jahr 2022 zudem 57.010 Personen, die zuvor in Deutschland als Schutzsuchende anerkannt worden waren, das Land wieder. Hinzu kamen 29.855 Personen, die einen Ankunftsnachweis oder eine Aufenthaltsgestattung erhalten hatten.
Besonders stark an der Abwanderung beteiligt waren Ukrainer, von denen 47.555 mit anerkanntem Schutzstatus in andere Länder weiterzogen oder in ihre Heimat zurückkehrten. Darüber hinaus verließen 2290 anerkannte Schutzberechtigte aus Syrien Deutschland. Über 1000 Personen aus Georgien, dem Irak, Nordmazedonien, Moldawien, Albanien, Syrien und der Türkei reisten ebenfalls vor Abschluss ihres Asylverfahrens in Deutschland aus.
Rückgang der Asylanträge in Österreich durch strenge Asylpolitik
Europaweit sei die Zahl der Asylanträge im Vergleich zum Vorjahr jedoch um 17 Prozent auf 966.000 gestiegen, berichtet die „Welt“ unter Berufung auf Daten der EU-Asylagentur EUAA. Noch stärker war der Anstieg demnach in Deutschland: Hier stiegen die Asylanträge um 51 Prozent auf 329.000. Nach Deutschland seien Spanien (161.732), Frankreich (160.769) und Italien (135.294) die beliebtesten Zielländer.
Zum Vergleich: In der Slowakei stieg die Zahl der Asylanträge um 415, in Ungarn nur um 31. Die meisten Asylanträge in Europa stellten Syrer (180.057), Afghanen (113.295) und Türken (99.863). In anderen EU-Ländern gingen die Zahlen dem Bericht zufolge sogar zurück. In Österreich etwa sei die Zahl mit 58.610 Anträgen deutlich gesunken.
Ein Grund: Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verfolgt seit einiger Zeit eine strikte Asylpolitik mit dem Ziel, die Zahl der Asylanträge deutlich zu senken. Das österreichische Asylsystem gilt unter Experten als mögliches Vorbild für andere Länder, auch für Deutschland. Tatsächlich ist nach Angaben des Innenministeriums die Zahl der Asylanträge im ersten Halbjahr 2023 gesunken, während die Zahl der Abschiebungen gestiegen ist.
Die zentralen Maßnahmen Österreichs sehen dabei wie folgt aus:
Durchführung von Schnell- und Eilverfahren, die innerhalb von 28 Tagen bzw. 72 Stunden abgeschlossen werden
Einsatz der „Task Force Außerlandesbringungen“ für intensive Kontrollen und Abschiebungen
Verstärkter Grenzschutz in Serbien, Ungarn und Nordmazedonien durch Polizisten
Kooperation mit Ungarn in der „Operation Fox“ zur Bekämpfung von illegaler Migration und Menschenhandel
Einsatz innovativer Technologien wie Nachtsicht- und Wärmebildkameras, Drohnensysteme und Herzschlagsensoren zur Grenzkontrolle
Internationale Kooperationen, darunter Abkommen mit Indien und Marokko sowie Druck auf Nachbarstaaten, ihre Einreisebestimmungen anzupassen
Diese Strategien haben zu einem deutlichen Anstieg der Abschiebungen und einer Beschleunigung der Asylentscheidungen geführt. Österreich setzt auf eine Kombination aus beschleunigten Verfahren, technologischer Innovation und internationaler Kooperation, um die Asylpolitik effizienter zu gestalten.
Rückgang auch in Dänemark: Asylpolitik gilt als strengste in Europa
Auch in Dänemark, das früher neben Deutschland und Österreich als beliebtes Zielland galt, sei die Zahl der Asylanträge mit 2383 auffallend niedrig. Dies wird auf die restriktive Asylpolitik der sozialdemokratischen Regierung zurückgeführt, die nicht nur die Einreise erschwert, sondern offenbar auch viele Migranten abschreckt, berichtet die „Welt“.
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Die dänische Asylpolitik gilt als die strengste in Europa. Asylsuchende müssen dort beispielsweise Wertgegenstände wie Geld und Schmuck abgeben, um ihren Aufenthalt zu finanzieren. Außerdem will Dänemark Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Antrags nach Ruanda abschieben. Auch wenn dieses Vorhaben derzeit auf Eis liegt, bleibt es eine Option.
Das dänische Vorgehen wird auch in Deutschland diskutiert. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sprach sich im vergangenen Jahr auf einer Veranstaltung der „Augsburger Allgemeinen“ für eine strengere Asylpolitik in Deutschland aus und verwies dabei auf die konsequentere Zurückweisungs- und Abschiebepraxis Dänemarks.
Das Land ist sozialdemokratisch regiert. Durch den Kurswechsel der Regierung sei der Stimmenanteil der rechtsnationalen Parteien von über 20 auf unter 3 Prozent gesunken, sagte Merz.
Raphael Bossong, Migrationsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), ist skeptisch, ob der dänische Ansatz ein Modell für Deutschland oder gar Europa sein kann. Gegenüber dem Fernsehsender „ntv“ betonte er im vergangenen Jahr, dass eine direkte Übernahme des dänischen Modells mit seinen harten Maßnahmen wie der Beschlagnahmung von Wertgegenständen und der Begrenzung des Anteils nicht-westlicher Ausländer in bestimmten Stadtteilen nicht ohne weiteres möglich sei. Zudem bezweifelt Bossong, dass solche Maßnahmen, selbst wenn sie mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar wären, den Zuzug nach Deutschland wirksam begrenzen würden.