Sunday, April 23, 2023
China-Botschafter sorgt für Empörung
China-Botschafter sorgt für Empörung
Artikel von T - Online • Vor 10 Std.
Schockierende Äußerung zur Ukraine
Mit einem TV-Auftritt hat Chinas Botschafter in Frankreich für internationale Empörung gesorgt. Er bestreitet, dass die Krim zur Ukraine gehört. Doch das ist nicht alles.
Im Ukraine-Krieg versucht China, sich möglichst auf keine Seite festzulegen. Doch ein Auftritt des chinesischen Botschafters in Frankreich, Lu Shaye, könnte jetzt offenbart haben, wie in Peking wirklich über den Konflikt gedacht wird. Seine schockierenden Aussagen haben internationale Proteste ausgelöst.
In einem Interview mit dem französischen Nachrichtensender "La Chaine Info" wurde Lu auch zur Situation in der Ukraine befragt. "Gehört die Krim in Ihren Augen zur Ukraine?", wollte der Journalist Darius Rochebin wissen. "Das kommt darauf an, wie man auf das Problem schaut", antwortete Lu: "Es ist nicht so einfach." Dann führt er aus: Schließlich habe der frühere Ministerpräsident der Sowjetunion, Nikita Chruschtschow, die Krim der Ukraine geschenkt.
Das will Darius Rochebin nicht stehen lassen und unterbricht: "Nach internationalem Recht ist die Krim Teil der Ukraine." Darauf antwortet Lu, dass im internationalen Recht auch die ehemaligen Sowjetrepubliken keinen "effektiven Status" hätten, "weil es kein internationales Abkommen gibt, welches ihren Status als souveräne Staaten konkretisiert".
Nach dieser Lesart gehörten Staaten wie Moldawien, die baltischen Republiken, Georgien und auch die Ukraine immer noch zu Russland. Der russische Präsident Wladimir Putin dürfte sich über diese Aussagen gefreut haben. In den vergangenen zwei Jahren hat er immer deutlicher erkennen lassen, dass er von einem "großrussischen" Reich träumt und der Krieg gegen die Ukraine für ihn nur der Anfang ist.
International lösten Lus Äußerungen scharfe Proteste aus. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis twitterte einen Link zum Interview mit den Worten: "Wenn sich noch irgendjemand fragt, warum die baltischen Staaten kein Vertrauen in China als 'Friedensvermittler' in der Ukraine haben."
Botschafter sieht sich selbst als "Wolfskrieger"-Diplomat
Der frühere belgische Premierminister Guy Verhofstadt nannte die Äußerungen auf Twitter "empörend". In einer Erklärung des französischen Außenministeriums heißt es, man sei "konsterniert" über die Bemerkungen und erwarte von China nun eine Stellungnahme, ob diese die chinesische Position wiedergeben würden.
Es ist nicht das erste Mal, dass der chinesische Botschafter auffällt. Er selbst bezeichnet sich als Vertreter der "Wolfskrieger"-Diplomatie. Der Begriff stammt aus dem chinesischen Actionfilm "Wolf Warrior" und steht für einen aggressiv-selbstbewussten Nationalismus.
Bereits im März 2021 war Lu von der französischen Regierung einbestellt worden. Er hatte eine Reihe von französischen Wissenschaftlern auf Twitter beschimpft, weil sie Chinas Taiwan-Politik kritisiert hatten. So nannte Lu den französischen Politologen und China-Experten Antoine Bondaz eine "verrückte Hyäne" und einen "ideologischen Troll".
Sein jüngster Auftritt hat freilich nicht nur Kritik an ihm ausgelöst. Französische Medien nahmen auch Präsident Emmanuel Macron ins Visier. Dieser hatte unlängst bei einem Besuch in Peking Präsident Xi Jinping und dessen "Bemühungen" im Ukraine-Konflikt gelobt. Andere europäische Partner hatten dies als befremdlichen und unsolidarischen Anbiederungsversuch gewertet. Blieben die Äußerungen des chinesischen Botschafters unkorrigiert stehen, stünde auch die Glaubwürdigkeit der französischen Diplomatie auf dem Spiel, hieß es etwa in einem Kommentar in der Zeitung "Le Journal du Dimanche".