Sunday, April 23, 2023
Neun Stellen ohne Ausschreibung besetzt - Habeck wegen familiärer Verflechtungen in seinem Ministerium in der Kritik
Neun Stellen ohne Ausschreibung besetzt - Habeck wegen familiärer Verflechtungen in seinem Ministerium in der Kritik
Artikel von Von FOCUS-online-Autorin Sarah Werner (Bremen) • Vor 5 Std.
In Habecks Ministerium findet sich ein kompliziertes Familiengeflecht: Die Staatssekretäre sind verschwägert und Familienmitglieder liefern dem Bundeswirtschaftsminister Gutachten. Doch Habeck scheint damit davonzukommen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steht wegen seiner familiären Verflechtungen rund um das Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium in der Kritik. Wie aus einer schriftlichen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion hervorging, hat der Grünen-Politiker neun Referatsleiterstellen eigenmächtig besetzt, obwohl diese ausgeschrieben werden mussten.
Besonders brisant: Unter den Auserwählten findet sich ein kompliziertes Familiengeflecht – ähnlich wie bei Clans. Doch Habeck scheint mit der Klüngelei in seinem Ministerium davonzukommen.
Die Familienbande im Habeck-Ministerium
Zu den ausgewählten Mitarbeitern gehören auch Habecks enge Vertraute Michael Kellner und Patrick Graichen. Die beiden sind nicht nur Staatssekretäre des Ministers, sondern auch verwandt. Kellner, ehemaliger Bundesgeschäftsführer der Grünen, ist nämlich mit Graichens Schwester Verena verheiratet.
Und auch Verena Graichen ist kein unbeschriebenes Blatt: Die Wissenschaftlerin arbeitet beim Öko-Institut, einer grünen Oorganisation, die aus der Anti-Atom-Bewegung hervorgegangen ist. Sie wurde von der Bundesregierung in den Nationalen Wasserstoffrat berufen, der wiederum einem Staatssekretärsausschuss untersteht. Graichen könnte ihren Mann Kellner und ihren Bruder also nicht nur privat in Energiefragen beraten, sondern auch während der Arbeitszeit.
Verstrickte Beziehungen im Öko-Institut
Und die Liste der Familienmitglieder geht noch weiter: Jakob Graichen arbeitet ebenfalls im Ministerium Habeck. Er ist Co-Autor der Studie „Energie- und Klimaschutzprojektionen 2035/2050“, die das Öko-Institut für Habecks Ministerium erstellt hat. Das Umweltforschungsinstitut berät unter anderem das BMWK mit Gutachten und wird immer wieder zur Begründung von Entscheidungen herangezogen. Gleichzeitig ist Jakob Graichen der Bruder von Patrick und Verena Graichen und damit auch ein Schwager von Kellner.
Ein weiteres Mitglied der Familienbande ist Felix Matthes, Forschungskoordinator am Öko-Institut und gleichzeitig Mitglied in Robert Habecks Kommission „Gas und Wärme“. Matthes ist mit der ehemaligen grünen Umweltsenatorin Regine Günther verheiratet, die zusammen mit Patrick Graichens ehemaligem Chef Rainer Baake die „Stiftung Klimaneutralität“ leitet. Baake wiederum wurde von Habeck zum „Sonderbeauftragten für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation“ ernannt.
Deutschland und seine Familienbanden
Dabei ist Deutschland bekannt für seine Familien-Clans, die nicht nur im politischen Betrieb, sondern auch in anderen Bereichen eine wichtige Rolle spielen. Die Fußball-Bundesliga war lange Zeit von der Familie Hoeneß dominiert, während Volkswagen ohne die Rosenkriege der Porsches und Piëchs undenkbar wären.
Doch auch im Bereich des Handels und der Wirtschaft gibt es prominente Familien, die uns mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen versorgen. Die Aldi-Brüder beispielsweise sind für ihre Billigfleisch-Produkte bekannt, während die Neuköllner Clans das Berliner Nachtleben aufmischen.
Habeck kommt mit Vetternwirtschaft davon
Wenn es um Vetternwirtschaft in der Politik geht, werden Praktiken wie die des Bundeswirtschaftsministers jedoch oft als besonders schamloser Fall von Klüngel kritisiert. Im Fall von Robert Habeck und seinem Ministeriumsclan scheint das Thema Vetternwirtschaft jedoch kaum auf Widerstand zu stoßen. Trotz der Tatsache, dass Habeck seit seinem Amtsantritt neun Referatsleiterstellen nach eigenem Gutdünken besetzt hat und dabei häufig enge Vertraute und Familienangehörige berücksichtigt hat, gab es bisher keine Konsequenzen für das Ministerium.
Als Medien wie die „taz“ vor gut einem Jahr erstmals kritisch über die familiären Verflechtungen berichteten, versicherte das Ministerium: „Die Stellen sind öffentlich und es wird selbstverständlich darauf geachtet, dass bei der Vergabe von Studien und Aufträgen keine Interessenkonflikte entstehen.“
Obwohl die Verbindungen zwischen Habeck und seinen engsten Mitarbeitern eng und verworren erscheinen, scheinen die Grünen bisher kein Problem damit zu haben. Ob diese Praktiken auch in Zukunft toleriert werden, bleibt abzuwarten. Schließlich könnte es bei der Vergabe von Studien oder Aufträgen durchaus zu Interessenkonflikten kommen. Und ob immer andere Personen entscheiden, sobald die Graichens involviert sind, bleibt fraglich.