Friday, November 12, 2021
Parteivorsitz: „Kein Weiter so, erst recht kein Zurück“: Röttgen will CDU-Chef werden
Handelsblatt
Parteivorsitz: „Kein Weiter so, erst recht kein Zurück“: Röttgen will CDU-Chef werden
Hildebrand, Jan vor 2 Std.
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Außenpolitiker Röttgen grenzt sich bei seiner Bewerbung inhaltlich vom wahrscheinlichen Hauptkonkurrenten Friedrich Merz ab – und bietet anderen in der Partei Bündnisse an.
Der Außenpolitiker will den CDU-Vorsitz übernehmen.
Norbert Röttgen ist wieder der Erste: Am Freitag hat der Außenpolitiker in Berlin offiziell seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz verkündet. In der Bundespressekonferenz stellte er seinen Plan vor, wie er die CDU als „Volkspartei der gesellschaftlichen Mitte“ nach der verheerenden Bundestagswahl wieder zu alter Stärke führen will.
Vieles erinnert an Februar 2020. Auch damals wagte sich Röttgen als erster offiziell vor, um sich als CDU-Chef zu bewerben. Später folgten Armin Laschet und Friedrich Merz als Kandidaten. Röttgen wurde dann auf dem Parteitag im Januar 2021 nur Dritter.
Er habe damals auch nicht mit einem Sieg gerechnet, erklärt Röttgen nun. Aber dieses Mal sei es anders, er habe „die Einschätzung und Entschlossenheit, gewählt zu werden“.
Bis zum 17. November haben die Kandidaten die Möglichkeit, sich für den CDU-Vorsitz nominieren zu lassen. Danach entscheiden die 400.000 Mitglieder in einer Befragung, wer Nachfolger von Parteichef Armin Laschet werden soll. Der Basisentscheid macht den Ausgang besonders schwer zu kalkulieren.
Nach Röttgen dürfte noch am Freitag der geschäftsführende Kanzleramtschef Helge Braun seine Bewerbung offziell machen. Bei einer virtuellen Landesvorstandssitzung der hessischen CDU will der 49-Jährige die Gründe für seine Kandidatur vorstellen, anschließend soll ihn sein Kreisverband Gießen nominieren.
Röttgen wird am Montag offiziell von seinem Verband Rhein-Sieg-Kreis aufgestellt. Dann fehlt noch Friedrich Merz. In der Partei rechnen alle damit, dass der frühere Unionsfraktionschef wieder antreten wird. Es wird sein dritter Versuch in drei Jahren CDU-Chef zu werden.
Röttgen wirbt für die Volkspartei der Mitte
Über die potenziellen Konkurrenten wollte Röttgen nichts sagen, nur dass er mit ihnen vorher gesprochen habe. Er schätze Merz, betonte Röttgen. Dieser gehöre in eine „wichtige Funktion in der CDU“. Halt nur nicht als Parteichef, das will Röttgen selbst werden. Und seine Vorstellungen für den Vorsitz klingen ganz anders als die von Merz. Röttgen präsentiert sich als Gegenentwurf zu dem konservativen Wirtschaftspolitiker.
Er kandidiere, „aus der tiefen Überzeugung, dass es kein Weiter so gibt, erst recht kein Zurück“, sagte Röttgen. Schon bei der letzten Entscheidung zum Vorsitz hatte sich Röttgen als Modernisierer präsentiert. Und so wirbt er nun erneut. Mit der Ansage „kein Zurück“ grenzt er sich von Merz ab, den seine Kritiker als Vertreter einer alten CDU der 1990er-Jahre sehen. Und „kein Weiter so“ ist der Unterschied zu Braun, dem Vertrauten von Noch-Kanzlerin Angela Merkel, der zum Establishment von Partei und der bisherigen Bundesregierung zählt.
Die Kernanalyse, die Röttgen am Freitag präsentierte, lautete: Die CDU habe die Bundestagswahl in der Mitte verloren - gegen SPD, FDP und Grüne. „Wir werden die Stimmen in der Mitte zurückgewinnen“, sagte Röttgen. Dazu müsse der CDU-Vorsitzende diese gesellschaftliche Mitte verkörpern, auch wenn in der Partei ebenfalls für konservative und wirtschaftsliberale Strömungen Platz sein müsse.
Ein weiterer Schwerpunkt, den Röttgen, der frühere Umweltminister, machen will, ist der Klimaschutz. Gerade um die junge Generation für die CDU zu gewinnen, sei es wichtig, dass der Parteichef glaubwürdig für Klimaschutz stehe. Auch das ist ein Merkmal, mit dem Röttgen gegenüber Merz punkten will. Ansonsten präsentierte der Außenpolitiker Themen, die man von ihm erwartet: der Einsatz für Europa und die transatlantische Partnerschaft, ein Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft.
Hoppermann soll Generalsekretärin werden
Zur Verkündung seiner Kandidatur brachte Röttgen Verstärkung mit: die Hamburger Bundestagsabgeordnete Franziska Hoppermann. Sie soll im Falle seiner Wahl zum Parteivorsitzenden Generalsekretärin werden. Hoppermann ist auch Chefin der Frauenunion in Hamburg.
Zudem sprach Röttgen so etwas wie eine Jobgarantie für Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus aus. Mit dem Parteivorsitz werde er ausgelastet sein, so Röttgen. Auf den Fraktionsvorsitz will er verzichten. Darüber hat er auch schon mit Brinkhaus gesprochen, auch wenn es keine Absprache zwischen beiden gebe, wie Röttgen betonte. Zu diesem Versuch, andere mit Teamangeboten für sich zu gewinnen, zählt auch die Ankündigung von Röttgen, dass künftig auf jeden Fall ein Vertreter eines ostdeutschen CDU-Landesverbands stellvertretender Parteivorsitzender werden soll.
Gewählt werden soll der neue Vorsitzende der momentan rund 400.000 Mitglieder zählenden CDU bei einem Bundesparteitag am 21. Januar in Hannover. Davor will die CDU erstmals in ihrer Geschichte eine Mitgliederbefragung durchführen. Dort wird faktisch die Entscheidung fallen, wer künftig an der Spitze der Partei stehen wird. Unterlegene Bewerber sollen beim Parteitag nicht antreten.