Wednesday, November 10, 2021
Klimagipfel: China und USA vereinbaren überraschend Zusammenarbeit
SZ.de
Klimagipfel: China und USA vereinbaren überraschend Zusammenarbeit
Von Michael Bauchmüller, Glasgow
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Politisch haben die beiden Länder derzeit Ärger satt. Doch bei der Klimakonferenz schmieden die zwei größten Klimasünder der Welt überraschend ein Bündnis. Was steckt dahinter?
In vielem getrennt, beim Klimaschutz jetzt zumindest ein bisschen vereint: Die USA und China In vielem getrennt, beim Klimaschutz jetzt zumindest ein bisschen vereint: Die USA und China
China und USA vereinbaren überraschend Zusammenarbeit
Monatelang müssen die Verhandlungen gelaufen sein, 30 mal schalteten sich die Unterhändler beider Seiten zusammen - für diesen einen Augenblick kurz vor dem Ende des Klimagipfels von Glasgow: China und die USA wollen beim Klimaschutz künftig enger kooperieren. "Wir sehen beide, dass die Gefahr des Klimawandels existenziell und ernst ist", sagte Chinas Chefunterhändler Xie Zhenhua am Mittwochabend in Glasgow. "Kooperation ist die einzige Chance für unsere beiden Länder." Außerdem gebe es "in der Ära des Klimawandels mehr Einigkeit als Unterschiede".
Das ist zwischen den beiden Supermächten derzeit eher selten der Fall, denn rund um Handelsfragen, Menschenrechte, um Taiwan und Hongkong gibt es reichlich Konfliktstoff. "Wir haben keinen Mangel an abweichenden Positionen", sagt auch John Kerry, der Klima-Sondergesandte von US-Präsident Joe Biden. "Aber beim Klima müssen wir zusammenarbeiten." Es gebe einen "Imperativ der Zusammenarbeit".
In weiten Teilen ist die dreiseitige Erklärung wenig konkret, aber schon ihr Zustandekommen ist wichtig für den Erfolg der Konferenz. Lange Zeit hatten sich die USA und China im Klimaschutz gegenseitig gelähmt - jede Seite verwies auf die Untätigkeit der jeweils anderen, um ihre eigene Untätigkeit zu begründen. Eine erste Einigung zwischen den Präsidenten Barack Obama und Xi Jinping hatte 2014 erst den Weg zum Pariser Klimaabkommen ein Jahr später freigemacht.
Beide Seiten wollten sich bemühen, den Abschied von fossiler Energie zu beschleunigen, heißt es in der Erklärung, und das möglichst rasch. "Wir haben verabredet, schnellere Schritte in den zwanziger Jahren zu ergreifen", sagte Xie. Auch werde China daran arbeiten, die Emissionen des besonders klimaschädlichen Methans zu vermindern. Dafür hatten sich zuletzt vor allem die USA und die EU gemeinsam stark gemacht. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe soll zudem die Klimapolitik beider Staaten enger koordinieren. Auch wollen beide 2025 neue Klimapläne vorlegen - allerdings für die zehn Jahre bis 2035.
Das ist die Kehrseite der Vereinbarung: Denn sie bleibt an vielen Stellen hinter dem zurück, was viele Entwicklungsländer, Inselstaaten oder auch die EU fordern. Diese verlangen etwa, künftige Klimapläne immer für fünf Jahre aufzustellen, damit sie häufiger nachgebessert werden können und müssen. Auch dem Ziel, künftig eine Erderwärmung um höchstens 1,5 Grad Celsius gegenüber vorindustrieller Zeit festzuschreiben, könnte die Erklärung im Wege stehen: Sie bedient sich des Zwei-Grad-Ziels aus dem Klimaabkommen von Paris. Man wolle sich aber anstrengen, die 1,5 Grad zu erreichen - so ähnlich klingt das auch im Pariser Abkommen. Die Verhandlungen in Glasgow, die am Freitag offiziell enden sollen, dürfte das eher belasten.
EU-Kommissionsvize Frans Timmermans begrüßte die Vereinbarung, schob aber noch einen Satz nach. "Jetzt müssen wir einen globalen Weg finden, die 1,5 Grad am Leben zu halten", schrieb er auf Twitter.