Thursday, November 11, 2021

Coronavirus-Debatte im Bundestag: »Sie haben offensichtlich Angst vor der FDP«

DER SPIEGEL Coronavirus-Debatte im Bundestag: »Sie haben offensichtlich Angst vor der FDP« Milena Hassenkamp vor 10 Std. | Der Gesetzentwurf der Ampelparteien zur Ablösung der epidemischen Lage stößt im Bundestag auf viel Kritik. Redner der Opposition kritisieren ihn als zu lasch. Ein Unionsabgeordneter attackierte Karl Lauterbach persönlich. Ist es sinnvoll, inmitten der vierten Corona-Welle die »epidemische Lage nationaler Tragweite« Ende November auslaufen zu lassen? Genau das haben die Ampelparteien vor – und mussten sich dafür im Bundestag Kritik der Union anhören. Der CDU-Politiker Marco Luczak sagte an SPD und Grüne gerichtet: »Sie haben offensichtlich Angst vor der FDP«. Deshalb gehe der Gesetzentwurf der Ampelparteien wohl nicht weit genug, um die vierte Welle einzudämmen. Verantwortung bedeute auch, unbequeme Entscheidungen treffen zu müssen, sagte Luczak. Natürlich sei eine Verlängerung der epidemischen Lage eine unbequeme Entscheidung. Die Ampel habe dazu offenbar nicht den Mut. Die voraussichtlichen Ampel-Koalitionspartner wollen gegen den Willen der noch amtierenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die epidemische Lage von nationaler Tragweite am 25. November auslaufen lassen. Diese Rechtsbasis für Corona-Beschränkungen soll ersetzt werden durch einen kleineren Katalog möglicher Maßnahmen, die die Länder ergreifen können (mehr zu den geplanten Änderungen lesen Sie hier). »Null Durchsetzungskraft« An SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach gewandt, sagt der Unionspolitiker Luczak, Lauterbach sei zwar das Gesicht der Coronapolitik seiner Partei und »tingele« durch die Talkshows. Lauterbach habe aber offensichtlich »null Durchsetzungskraft« in der eigenen Fraktion. Lauterbach entgegnete: »Ich tingele nicht durch die Talkshows, sondern werde eingeladen.« Und weiter: »Sie haben recht, 2G wäre das, was jetzt notwendig wäre.« Allerdings sei eine Einführung von bundesweiten 2G-Regeln durch die amtierende Regierung bereits jetzt möglich – also durch eine Entscheidung der Unionsparteien. Künftig werde es eben den Ländern möglich sein. »Wieso erwecken Sie den falschen Eindruck, dass wir 2G nicht bereits flächendeckend machen könnten?« Luczak erwiderte, ihm sei der Unterschied zwischen durch die Talkshows tingeln und dort eingeladen werden »nicht sehr geläufig«. Es komme im Ergebnis auf das Gleiche heraus. »Das kann nicht gut gehen, Herr Scholz« CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warf dem designierten Ampel-Kanzler Olaf Scholz vor, nicht ausreichend auf die sich zuspitzende Corona-Lage zu reagieren. »Die Hospitalisierung steigt, das Infektionsgeschehen explodiert, die dritte Impfung muss erst an Fahrt gewinnen, die Risiken steigen, und Sie schrauben den Instrumentenkasten herunter«, sagte Dobrindt. »Das kann nicht gut gehen, Herr Scholz.« Dobrindt sagte zudem an Scholz gerichtet: »Sie verlassen geradezu das Team ›Vorsicht‹, und Sie gehen ins Team ›Versuch mers mal‹.« Das geplante Ende der epidemischen Lage von nationaler Tragweite als Basis für Corona-Maßnahmen sei »schlichtweg eine falsche Entscheidung«, so Dobrindt. »Wenn Sie heute die epidemische Lage beenden wollen, wie soll das in der Öffentlichkeit eigentlich ankommen? Wie wollen Sie Menschen davon überzeugen, sich impfen zu lassen, wenn Sie das Signal geben: Es wird schon irgendwie werden, die epidemische Lage muss nicht verlängert werden, es kommt schon alles irgendwie in Ordnung?« SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar konterte wenig später: Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn habe genau dieses Auslaufen der epidemischen Lage vorgeschlagen. Vielleicht solle man sich in der Union noch einmal abstimmen. Linke kritisiert ›Symbolpolitik‹ der Ampelparteien Die Linke im Bundestag warnte indes vor »leeren Versprechungen« über ein baldiges Ende der Corona-Pandemie. Natürlich müssten die Länder weiter Maßnahmen ergreifen, sagte Fraktionsvize Susanne Ferschl. SPD, Grüne und FDP betrieben mit dem geplanten Ende der gesetzlichen Sonderlage für Beschränkungen aber auch Symbolpolitik. Dies dürfe nicht dazu führen, dass man den Menschen vorgaukele, im März 2022 würden alle Maßnahmen beendet sein. In der vierten Corona-Welle sei es nun das vierte Mal, »dass die Verantwortlichen warten, bis die Welle über ihnen zusammenschlägt«. Es sei eine absurde Entscheidung gewesen, kostenlose Schnelltests für alle vorerst abzuschaffen. Man müsse mehr und nicht weniger testen. Ferschl kritisierte zudem zu wenig Impftempo. Bei Plänen, auch am Arbeitsplatz Zugangsregeln nur für Geimpfte, Genesene und Getestete (3G) einzuführen, müsse der Datenschutz eingehalten werden. Es könne nicht sein, dass der Arbeitgeber den Impfstatus erfrage.