Monday, November 8, 2021

Bauprojekt in Frankfurt: Teurer als der EZB-Turm? Kosten für Umbau der Bundesbank-Zentrale laufen aus dem Ruder

Handelsblatt Bauprojekt in Frankfurt: Teurer als der EZB-Turm? Kosten für Umbau der Bundesbank-Zentrale laufen aus dem Ruder Mallien, Jan vor 8 Std. | Die Bundesbank will ihren 50 Jahre alten Hauptsitz sanieren und zu einem Campus ausbauen. Intern heißt es bereits, dass der Umbau erheblich mehr kosten wird als der Bau der EZB-Zentrale. Eine Klimaanlage gibt es nur im 12. und 13. Stock. Die Zentrale der Deutschen Bundesbank im Frankfurter Stadtteil Bockenheim zeichnet sich vor allem durch viel sichtbaren Beton aus. Der Bau wurde Ende der 1960er-Jahre im Stil des Brutalismus gestaltet und gilt als Symbol für „Stabilitätskultur“ – technisch aber ist er nicht mehr auf dem Stand der Zeit. Das zeigt sich unter anderem daran, dass es nur im 12. und 13. Stock eine Klimaanlage gibt – was in heißen Sommern dazu führt, dass viele Mitarbeiter ordentlich schwitzen. Auch in puncto Energieeffizienz erfüllt das Gebäude längst nicht mehr die heutigen Anforderungen. Die Notenbank will daher ihre Zentrale komplett sanieren und zudem zu einem Campus erweitern. Dort sollen dann künftig fast alle Mitarbeiter aus Frankfurt arbeiten. Bisher sind sie an unterschiedlichen Standorten über die ganze Stadt hinweg verteilt. Laut dem für Bau zuständigen Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann geht es um „das größte Bauprojekt seit Bestehen“ der Notenbank und „wahrscheinlich eines der größten Hochbauprojekte derzeit in Deutschland“. Als Ziel hatte er vor einiger Zeit ausgegeben, möglichst bis zum Jahr 2027 fertig zu werden. Bisher aber hat die Bundesbank es tunlichst vermieden, die Kosten des Projekts zu benennen. Nach Handelsblatt-Informationen aus Notenbankkreisen dürfte es aber erheblich teurer werden als die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese wurde 2014 fertiggestellt und kostete insgesamt 1,3 Milliarden Euro, was damals für scharfe Kritik sorgte. Belastbare Aussagen zu den erwarteten Kosten seien noch nicht möglich Die Bundesbank verweist darauf, dass sich die Anforderungen an öffentliche Bauprojekte in der Zwischenzeit „substanziell verändert“ hätten, vor allem in Bezug auf ökologische Nachhaltigkeit. Auch die Baukosten und Rohstoffpreise seien stark gestiegen. Der geplante Campus umfasse außerdem bis zu 5000 Arbeitsplätze, im Neubau der EZB gibt es hingegen nur Plätze für etwa 2900 Beschäftigte. Belastbare Aussagen zu den erwarteten Kosten sind laut Bundesbank derzeit noch nicht möglich, da sich das Projekt noch in der Planungsphase befinde. Erst im Jahr 2023 werde „auf der Basis einer dann vorliegenden Kostenschätzung“ die abschließende Entscheidung über das Bauvorhaben getroffen. Nach derzeitigem Kenntnisstand könne das Campus-Projekt zu Beginn des kommenden Jahrzehnts abgeschlossen sein. Das Projekt gliedert sich in drei Teile: Einer davon ist der Umzug von rund 2000 Bundesbank-Mitarbeitern aus der Zentrale in verschiedene Ausweichquartiere in der Frankfurter Innenstadt. Ein anderer die Sanierung der Zentrale. Der Bau soll in seinem Erscheinungsbild erhalten bleiben, im Innern aber komplett umgebaut werden. Im massiven Betongebäude sind viele Giftstoffe verbaut. Der dritte Teil ist der Campus. Künftig sollen etwa 5000 Mitarbeiter in der Zentrale arbeiten, von denen viele bisher an verschiedenen anderen Standorten in der Stadt arbeiten, die über einen Shuttle-Service verbunden sind. Bundesbank verpflichtete früheren BND-Vizechef für das Projekt Um dafür Platz zu schaffen, will die Bundesbank an ihrem Sitz unter anderem drei neue Bürogebäude errichten. Geplant sind außerdem ein Konferenzzentrum, Sportstätten, eine Kita und ein Gastronomie-Pavillon. Im August hat die Bundesbank den Planungsauftrag dafür an das Baseler Architekturbüro Morger Partner vergeben. Der Umbau sorgte schon häufiger für Gesprächsstoff. Im Jahr 2018 hatte sich die Bundesbank vom zuständigen Projektleiter getrennt. Damals wollte sie das Projekt noch einmal komplett neu aufstellen. Dafür verpflichtete sie unter anderem den früheren Vizechef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Guido Müller, als Leiter des neu geschaffenen Zentralbereichs Bau. Müller war beim BND maßgeblich für den Neubau und Umzug der Zentrale vom bayerischen Pullach nach Berlin verantwortlich. Auch dieser sorgte zeitweise für Schlagzeilen, weil nicht alles nach Plan lief. Dennoch hatte sich die Bundesbank aktiv um den ranghohen Geheimdienstler bemüht, was intern unter anderem damit begründet wurde, dass er Erfahrung mit möglichen Problemen öffentlicher Großprojekte habe. Auch zeitlich hängt das Projekt hinter früheren Plänen zurück. Eigentlich sollten die rund 2000 Mitarbeiter aus der Zentrale bereits Ende 2019 in Ausweichquartiere umziehen und die Sanierungsarbeiten beginnen. Daraus wurde aber nichts, weil die Ausweichquartiere, darunter das Frankfurter Büro Center (FBC), nicht rechtzeitig bezugsfertig waren. Vor Kurzem hat zumindest Bundesbank-Vorstand, Johannes Beermann, sein neues Büro im FBC bezogen. Bis Januar sollen schrittweise die anderen Mitarbeiter folgen, also zwei Jahre später als ursprünglich geplant. Danach könnten die Sanierungsarbeiten in der Zentrale beginnen. Ob auch der Campus in seiner bisher geplanten Form realisiert wird, stellt intern mancher schon infrage. Wie bei anderen Unternehmen und Behörden haben auch bei der Bundesbank die meisten Mitarbeiter während der Pandemie im Homeoffice gearbeitet. Einiges spricht dafür, dass sie diese Möglichkeit auch künftig vermehrt nutzen wollen. Das wiederum hieße wohl: Der Bedarf an Büroflächen würde geringer ausfallen. Möglicherweise muss das Projekt noch einmal komplett überarbeitet werden, heißt es bereits hinter vorgehaltener Hand. Die Bundesbank entgegnet darauf, dass sich derzeit nur schwer abschätzen lässt, wie sich Entwicklungen wie Homeoffice, Digitalisierung und Pandemievorsorge auf den Bedarf an Büroflächen auswirken. Einerseits könnte der Bedarf durch Homeoffice und das Teilen von Arbeitsplätzen sinken – andererseits würden strengere Hygieneregelungen mehr Abstand und damit mehr Fläche erfordern. „Es wäre daher nicht sinnvoll, zum gegenwärtigen Zeitpunkt Bedarfsparameter zu verändern.“ Wie es weitergeht, wird Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der Ende des Jahres aus dem Amt scheidet, nicht mehr entscheiden. Auch die Amtszeit des für Bau zuständigen Vorstands Johannes Beermann läuft Ende 2022 aus, und eine Verlängerung gilt als eher unwahrscheinlich. Wer auch immer ihnen folgt, erbt eine schwierige Baustelle.