Wednesday, January 3, 2024

Sanktionen: Wie stark belastet der Ukraine-Krieg Russlands Wirtschaft? Druck laut USA erheblich

Berliner Zeitung Sanktionen: Wie stark belastet der Ukraine-Krieg Russlands Wirtschaft? Druck laut USA erheblich Artikel von Chiara Maria Leister • 4 Std. Wie steht es wirklich um die russische Wirtschaft? Laut den Vereinigten Staaten steht sie unter Druck. Die militärische Intervention Russlands in der Ukraine setzt der russischen Wirtschaft zu, sorgt für einen Anstieg der Verbraucherpreise und zwingt Moskau dazu, beträchtliche Ressourcen – etwa ein Drittel seines Haushalts – in die Verteidigung zu investieren. Dies gehe aus Informationen des amerikanischen Finanzministeriums hervor, wie die Financial Times berichtet. Die Kombination aus Krieg, Sanktionen der US-Verbündeten und Moskaus politischer Reaktion setzt „Russlands Wirtschaft unter erheblichen wirtschaftlichen Druck“, sagte laut der britischen Tageszeitung die Leiterin der Abteilung für Sanktionen, Rachel Lyngaas. Die Invasion und Besetzung von Teilen der Ukraine durch Russland trage nun „zu schnell wachsenden Ausgaben, einer Abwertung des Rubels, steigender Inflation und einem angespannten Arbeitsmarkt bei, der den Verlust von Arbeitskräften in der russischen Wirtschaft widerspiegelt“, so Lyngaas. Doch wie steht es wirklich um das Land? Die russische Wirtschaftsleistung wäre um mehr als fünf Prozent größer, wenn Putin den Krieg in der Ukraine nicht begonnen hätte, sagte die amerikanische Sanktionsbeauftrage im Dezember und fügte hinzu, dass das Land im Vergleich zu anderen Energieexporteuren, einschließlich der USA, unterdurchschnittlich abschneide. Nach Angaben des amerikanischen Finanzministeriums hat Moskau im Jahr 2023 mehr als 100 Milliarden Dollar für Verteidigungszwecke ausgegeben – was nahezu einem Drittel seiner gesamten geplanten Ausgaben für das Jahr entspricht. Die Inflationsrate in Russland hat im November 2023 rund 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat betragen – das liegt weit über dem gesetzten Vier-Prozent-Ziel der Zentralbank. Die russischen Behörden erklärten laut dem Bericht dennoch, dass die Wirtschaft des Landes trotz der Sanktionen und der hohen Mehrausgaben zur Finanzierung der Invasion in der Ukraine weiterhin floriert. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte auf dem Wirtschaftsforum „Russia Calling“ im Dezember in Moskau, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2023 um 3,5 Prozent wachsen werde. Auch sagte er, dass die wirtschaftliche Isolation Russland nur dabei helfe, ein neues Wachstumszentrum in einer Welt zu werden, die in eine Phase radikaler Veränderungen eintrete, in der der Westen zurückgefallen sei. Russlands Wirtschaft sei durch einen starken Anstieg der Verteidigungsausgaben und der Produktion im Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ukraine angekurbelt worden, den Moskau als „spezielle Militäroperation“ bezeichne, schreibt die internationale Nachrichtenagentur Reuters. Putin lobte demnach die Gesundheit der russischen Wirtschaft und der Staatsfinanzen. Allerdings kämpft das Land auch mit erhöhten Zinssätzen. Noch vor Jahresende hat Russlands Notenbank zum fünften Mal in Folge den Leitzins auf 16 Prozent erhöht und steht laut eigenen Aussagen kurz vor dem Ende der Straffungsphase. Damit ist er mehr als doppelt so hoch wie während des ersten Halbjahres und nähert sich dem Rekordwert von 20 Prozent an, den die Notenbank Ende Februar 2022 als eine der Sofortmaßnahmen nach Russlands Angriff auf die Ukraine und der Verhängung der westlichen Wirtschaftssanktionen festgelegt hatte. „Der aktuelle Inflationsdruck bleibt hoch“, erklärte die Zentralbank. Der russische Staatschef verwies trotz dessen auf einen Anstieg der Löhne um sieben Prozent, eine rekordverdächtig niedrige Arbeitslosigkeit und einen Anstieg des real verfügbaren Einkommens als Beispiele für die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft. Dabei ist nach Angaben der Financial Times der jüngste Lohnanstieg vor allem auf kriegsbedingte Sozialleistungen und hohe Gehälter in der Rüstungsindustrie zurückzuführen. Was das BIP des Landes betrifft, so werde es zum Teil durch den militärisch-industriellen Sektor angetrieben, der wirtschaftliche Ressourcen absorbiere – darunter auch Arbeitskräfte, die durch den Krieg bereits überlastet seien – und die Wirtschaft verzerre. Außerdem haben die hohe Inflation und der Arbeitskräftemangel dazu geführt, dass die Arbeitslosenquote auf ein Rekordtief von 2,9 Prozent gesunken ist. Russlands Volkswirtschaft plagt bereits seit Jahren der Arbeitskräftemangel: Der demografische Wandel führt bereits seit Mitte der 1990er-Jahre zu sinkenden Einwohnerzahlen. So war die Arbeitslosenquote des Landes bereits vor dem russischen Überfall auf die Ukraine niedrig, ist aber im Zuge des Krieges weiter gesunken. Und der Trend bleibt negativ.