Wednesday, January 3, 2024
Giffey kündigt Rückzug als Berliner SPD-Chefin an
WELT
Giffey kündigt Rückzug als Berliner SPD-Chefin an
Artikel von Sabine Menkens •
8 Std.
Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) zieht sich aus dem Landesvorstand ihrer Partei zurück: Beim nächsten Landesparteitag im Frühjahr werde sie nicht mehr als Vorsitzende kandidieren. An die Mitglieder schreibt sie: Ein „neues Führungsmodell“ sei nötig, „das in diese Zeit passt“.
Berlins Wirtschaftssenatorin und SPD-Landeschefin Franziska Giffey
Nun zieht sie offenbar doch noch späte Konsequenzen aus dem Debakel für die SPD bei der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin: Franziska Giffey, ehemalige Regierende Bürgermeisterin und heutige Wirtschaftssenatorin von Berlin, will beim nächsten SPD-Landesparteitag nicht mehr als Landesvorsitzende antreten. Das teilte Giffey ihren Parteimitgliedern am Mittwoch in einer „Persönlichen Erklärung“ mit, die WELT vorliegt.
„Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass es den Wunsch nach einer Neuaufstellung in unserer Partei gibt und dass wir nicht nur strukturelle, sondern auch personelle Veränderungen und ein neues Führungsmodell brauchen, das in diese Zeit passt“, schreibt Giffey. Für die Bewältigung „der enormen Herausforderungen, vor denen wir stehen“, sei es ganz entscheidend, dass Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt, die Partei breiter aufgestellt und mehr Menschen in Verantwortung geholt würden.
„Um das zu ermöglichen, habe ich mich entschieden, bei unseren Parteiwahlen im Mai 2024 nicht wieder für den Landesvorsitz der SPD Berlin zu kandidieren“, so Giffey. Sie werde sich stattdessen „mit ganzer Kraft“ auf ihre anderen Aufgaben konzentrieren, die sie für die Partei wahrnehme. „Wir werden als SPD Berlin nur dann Erfolg haben, wenn die Sozialdemokratie zusammenhält.“
Zugleich verteidigte Giffey noch einmal den durch eine knappe Mehrheit von 54 Prozent der Mitglieder gefassten Beschluss, nach der verlorenen Wiederholungswahl in eine große Koalition mit der CDU einzutreten.
„Nur wer in Regierungsverantwortung ist, kann auch wirklich politisch gestalten. Deshalb war es nach den Wiederholungswahlen im Februar des letzten Jahres richtig, dass wir nicht einer Schwarz-Grünen Landesregierung das Feld überlassen haben, sondern in das jetzige Regierungsbündnis gegangen sind“, so Giffey. Dass sie damals auch die Option gehabt hätte, mit Grünen und Linkspartei weiterzuregieren, erwähnt Giffey in dem Schreiben nicht.
Auch für Saleh dürfte es schwer werden
Vor allem von den Jusos hatte Giffey für diese Entscheidung heftige Kritik einstecken müssen. „Die Vorstellung, den Fortschrittsverweigerern von der CDU gerade hier in Berlin ins Bürgermeisteramt zu verhelfen, finden wir grotesk“, teilte die SPD-Jugendorganisation damals mit. Der parteiinterne Unmut ist seitdem nicht mehr abgeebbt.
Beim Landesparteitag im Mai, bei dem keine Neuwahlen anstanden, mussten Giffey und ihr Co-Vorsitzender Raed Saleh bereits eine Niederlage einstecken: Mit knapper Mehrheit stimmten die Delegierten damals einem Antrag der Jusos zu, in dem eine stärkere Trennung von Amt und Mandat gefordert wurde. Insbesondere dürfe die zukünftige Doppelspitze nicht vollständig aus Führungsfiguren aus Fraktion und Senat bestehen, hieß es darin.
Mit ihrer Entscheidung, auf dem Wahlparteitag im Mai nicht mehr als Landesvorsitzende anzutreten, will Giffey also womöglich einer drohenden Niederlage zuvorkommen. Eine starke Hausmacht hat die einstige Hoffnungsträgerin der Partei ohnehin nicht.
Doch auch für ihren Co-Parteichef Raed Saleh, der zugleich Fraktionsvorsitzender ist, dürfte es schwer werden. Unter dem Motto „SPD zukunftsfest“ wirbt eine Initiative von Genossen dafür, den nächsten Landesvorstand per Urwahl zu bestimmen. „Nur eine solche Basisentscheidung vermittelt das hinreichende Vertrauen und den notwendigen Rückhalt, die Partei zusammenzuführen und sozialdemokratische Politik in der Koalition mit der CDU durchzusetzen.“