Tuesday, August 22, 2023

Kommentar - Scheindebatte über WDR-Warnungen verrät wahre Feinde der Meinungsfreiheit

FOCUS online Kommentar - Scheindebatte über WDR-Warnungen verrät wahre Feinde der Meinungsfreiheit Artikel von Von FOCUS-online-Redakteur Christian Masengarb • 7 Std. Neuerdings mit Warnhinweis: Otto Waalkes im WDR. Seit der WDR vor einigen Sendungen kurz auf diskriminierende Sprach hinweist, werfen ihm einige Aufgeregte Meinungsdiktatur vor. In Wahrheit verraten sie sich damit selbst als Meinungsdiktatoren. Kaum etwas löst bei Kulturpessimisten derzeit mehr Schnappatmung aus als die Warnhinweise des WDR vor einigen alten Sendungen. „Das folgende Programm enthalte Passagen mit diskriminierender Sprache und Haltung“, flackert einige Sekunden durch die Mediathek, bevor Götz George als Macho-Schimanski Verbrecher jagt und Otto Waalkes Witze über stinkende Frauenunterwäsche reißt. Eine elitäre Minderheit zwinge Zuschauern ihr Weltbild auf, explodieren deswegen einige. Das Vorgehen erinnere an das Wahrheitsministerium aus George Orwells Diktatur-Roman „1984“. Ähnlich stark sei das Denken der Menschen zuletzt in DDR und Drittem Reich kontrolliert worden. Inhalt und Ausdruck dieser Kritik verraten, dass es ihren Vertretern in Wahrheit um etwas anderes geht. Und dass ihnen nicht mehr viel einfällt. Lächerliche Argumente, Rechthaberei und Hinweise, die keiner sieht Natürlich kann man die Warnungen kritisieren. Der WDR hätten schreiben können, „einige“ sehen Teile der Sendungen als diskriminierend an, statt in Gewissheit die Moralkeule herauszuholen. Die meisten Menschen ignorieren die Einblendungen sowieso. Warum gerade diese Sendungen? Alles berechtigte Argumente, die aber in eine intelligente Debatte münden. Daran haben Nazi-Vergleich-Zieher kein Interesse. Das beweisen drei Dinge: 1. Sie wissen um die Lächerlichkeit ihrer Argumente Sie stellen den WDR lang und breit in eine Ecke mit Nazis, DDR und 1984; nur um dann kleingedruckt zu betonen, den WDR keinesfalls in eine Ecke mit Nazis, DDR und 1984 stellen zu wollen. Dieses Vorgehen erinnert an den alten Witz: „Ich will nicht sagen, dass Sie eine große Klappe haben. Aber Sie könnten bequem eine Banane quer essen.“ Wer seine Meinung äußert, sollte seine Meinung klar äußern. Ein Zehn-Sekunden-Hinweis hat offensichtlich nichts mit Nazi-Massenmord-Propaganda gemein. Einigen Kommentatoren fällt aber nichts Besseres ein. Oder sie suchen ohnehin nur Munition für die nächste Parallele zwischen Staat und Nazis. Also winden sie sich: Erst vergleichen; dann sagen, man vergleiche nicht. Lächerlich. 2. Sie werfen anderen vor, was sie selbst tun Natürlich ist es völlig okay, wenn Kommissar Schimanski auf Mausklick anderthalb Stunden lang den Ober-Macho raushängen lässt. Wir sind alt genug, das einzuordnen. Eltern können es ihren Kindern erklären. Aber wie kann es dann falsch sein, wenn der WDR vorher ein paar Sekunden lang den Mega-Erzieher raushängen lässt? Muss man nicht machen. Bringt aber auch keinen um. Die Untergangspropheten tun, was sie dem WDR vorwerfen: Sie wollen einen Beitrag wegen seiner Worte löschen. Der WDR bearbeitet die Sendungen weder noch löscht er sie. Er stellt nur einen Bruchteil der Gesamtsendung lang eine andere Sicht vor. Wer 90 Minuten als Bastion der Meinungsfreiheit hochredet, aber über zehn Sekunden verzweifelt, verteidigt keine großen Werte. Er will keine andere Meinung hören. Diese Rechthaberei kann er mit halbrohen Nazi-Vergleichen garnieren, wie er will. Rechthaberei bleibt es trotzdem. 3. Sie führen eine Scheindebatte Wie viele Leute kennen Sie, die alte Otto-Folgen schauen? Ich wette, keinen. Die Warnungen vor diesen Folgen lesen genauso wenige Leute. Wollte der WDR damit tatsächlich jemanden seine Meinung aufzwingen, er könnte genauso gut Werbeplakate in einer Geisterstadt aufstellen. Auch von denen, die nun über die Warnungen wüten, hätte kaum einer diese Warnungen je gesehen. Sie wüten nicht wegen der Warnungen selbst, sondern weil sie Bücher verkaufen wollen, keine bessere Idee für einen Artikel finden oder ein neues Beispiel für ihre generelle Untergangsstimmung suchen. Wer schreit, hat Unrecht Ohne Nazi- und DDR-Vergleiche bleibt von der Entrüstung wenig übrig. Der WDR will nicht das Land umerziehen. Er blendet einfach nur eine kurze Nachricht ein, die kaum jemand liest und die jene, die sie lesen, nicht interessiert. Darüber können wir gerne diskutieren. Ich brauche die Hinweise auch nicht. Aber können wir zur Abwechslung nicht mal eine Debatte ohne maximale Aufgeregtheit führen?