Tuesday, August 22, 2023
Deutschland schiebt mehr abgelehnte Asylbewerber ab
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Deutschland schiebt mehr abgelehnte Asylbewerber ab
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Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist im ersten Halbjahr um mehr als ein Viertel gestiegen. Es wurden 7861 Personen abgeschoben, knapp 27 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei hervor, die der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vorlag. Betroffen waren darunter 1664 Frauen und 1375 Minderjährige. Die Linke kritisierte den Anstieg und forderte eine „Offensive für Menschlichkeit“
Personen, deren Asylantrag abgelehnt wird oder deren Visum oder Aufenthaltstitel abgelaufen ist, müssen Deutschland verlassen. Tun sie das nicht und liegen keine Hinderungsgründe wie etwa eine Krankheit vor, muss die Ausländerbehörde sie abschieben.
Allerdings scheitern in der Praxis zwei von drei Abschiebungen. So mussten im ersten Halbjahr laut Ministerium allein 520 Abschiebungsversuche auf dem Luftweg in letzter Minute abgebrochen werden, weil die Betroffenen Widerstand leisteten, die Piloten oder Fluggesellschaften sich darum weigerten, sie mitzunehmen, oder die Bundespolizei die Übernahme verweigerte. Die meisten Ausländer wurden im ersten Halbjahr in die Herkunftsländer Georgien, Nordmazedonien, Albanien, Moldau und Serbien zurückgebracht.
Faeser will Regeln verschärfen
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte schon in ihrem Koalitionsvertrag eine Rückführungsoffensive angekündigt, um Ausreisen konsequenter durchzusetzen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will die Regeln für Abschiebungen verschärfen. Am 30. Juni lebten laut Ministerium 279.098 ausreisepflichtige Personen in Deutschland, davon besaßen 224.768 eine Duldung. Die Zahl der Ausreisepflichtigen ist damit erstmals seit vielen Jahren gesunken.
In den vergangenen Jahren hatte es vor allem wegen der Corona-Pandemie deutlich weniger Abschiebungen gegeben. 2022 wurden aus Deutschland 12.945 Personen abgeschoben. Zusätzlich wurden in den ersten sechs Monaten auch 2186 Personen, die unerlaubt eingereist waren, direkt an der Grenze zurückgeschickt. Ähnlich stark wie die Abschiebungen stieg auch die Zahl der Personen, die freiwillig ausreisten. Mit Bundes-Fördergeldern verließen 4892 Personen wieder das Land, mit Geldern von Ländern und Kommunen 2309 Personen.
Die fluchtpolitische Sprecherin der „Linken“, Clara Bünger, kritisierte die gestiegenen Zahlen. „Allzu oft werden dadurch Menschen unter Androhung oder Anwendung von Gewalt an Orte zurückgezwungen, an denen ihnen Krieg, extreme Armut und Perspektivlosigkeit drohen. Das ist unverantwortlich.“ Statt einer Abschiebungsoffensive forderte sie von der Bundesregierung „eine Offensive für Humanität und Menschlichkeit“.