Monday, June 20, 2022
29 Prozent Rentenbeitrag? Die Ampel zieht die Jungen über den Tisch
29 Prozent Rentenbeitrag? Die Ampel zieht die Jungen über den Tisch
Dorothea Siems - Vor 42 Min.
WELT
Die Bundesbank hat immer davor gewarnt, dass ultralockere Geldpolitik im Verbund mit hemmungslosem staatlichen Schuldenmachen unweigerlich zur Inflation führt. Und sie hat Recht behalten. Jetzt schlägt die hoch angesehene Institution wieder Alarm. In ihrem aktuellen Monatsbericht widmen sich die deutschen Währungshüter den Rentenplänen der Ampel-Koalition.
Die Berechnungen zu den finanziellen Folgen des Regierungsvorhabens, an dem Bundessozialminister Hubertus Heil derzeit mit Hochdruck arbeitet, sollten SPD, Grüne und FDP aufrütteln.
Denn das Fazit der Bundesbanker ist so seriös wie eindeutig: Die beabsichtigte dauerhafte Besserstellung der Rentner gegenüber dem rechtlichen Status quo wird künftige Beitrags- und Steuerzahler finanziell völlig überfordern. So droht der Beitragssatz langfristig von jetzt 18,6 auf 29 Prozent zu klettern.
Zusätzlich wären Steuererhöhungen zur Finanzierung der gewaltigen Mehrausgaben unumgänglich, weil der steuerfinanzierte Bundeszuschuss in die Rentenkasse an die Beiträge gekoppelt ist, warnt die Bundesbank.
Konkret plant die Bundesregierung, das Versorgungsniveau der Rente für alle Zeit auf dem heutigen Niveau von 48 Prozent festzuschreiben.
Dass in den nächsten Jahren allerdings immer mehr Ruheständler von immer weniger Aktiven finanziert werden müssen, blendet die Ampel einfach aus.
Ebenso schließt sie die von Experten dringend empfohlene Koppelung des Renteneintrittsalters an die weiter steigende Lebenserwartung kategorisch aus. Dieser Doppelschlag bedeutet, dass die Lasten der Alterung einseitig auf die Jungen verschoben werden.
Der Generationenvertrag gerät damit in eine gefährliche Schieflage. Die Jungen können nichts dafür, dass sie so wenige sind. Die Babyboomer, die jetzt so schnell wie möglich ins Rentensystem wollen, haben dagegen mit ihrer Entscheidung für wenig Nachwuchs maßgeblichen Anteil an dem demografischen Problem der Rentenversicherung. Es wäre deshalb nur fair, wenn die Älteren zumindest einen Teil der finanziellen Lasten schulterten.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Bundestagswahl gewonnen, weil er die Älteren erfolgreich mit seinen Rentenversprechen gelockt hat. Die über 60-jährigen, traditionell eine Bastion der Union, haben im vergangenen Herbst mehrheitlich für die SPD gestimmt.
Die Jungen votierten vorwiegend für FDP und Grüne – und drohen nun bei der Rente über den Tisch gezogen zu werden. Die Verantwortlichen sollten dieses Mal die Warnung der Bundesbank lieber ernst nehmen.