Tuesday, November 29, 2022

Franz Beckenbauer: "Ich bin Heidi unendlich dankbar"

Franz Beckenbauer: "Ich bin Heidi unendlich dankbar" Artikel von BUNTE Magazin • Gestern um 16:37 Franz Beckenbauer: "Ich bin Heidi unendlich dankbar" Das "Huber’s im Fischerwirt" ist ein gemütliches Restaurant im Salzburger Stadtteil Liefering. Exzellente Speisen, angenehmes Ambiente, freundliche Gastgeber. Ganz besondere Gäste dürfen im liebevoll renovierten Weinkeller Platz nehmen. Hier, am urigen Degustationstisch, trifft BUNTE den "Kaiser". Franz Beckenbauer (77) und seine Frau Heidi (56) haben gleich zwei Gründe zu feiern. Zum einen, dass nunmehr durch die Einstellung eines letzten Verfahrens rund um das "Sommermärchen" ein Schatten über seiner Lebensleistung verschwunden ist. Der Vorwurf, man habe die Fußballweltmeisterschaft 2006 durch Bestechung nach Deutschland geholt, konnte nicht erhärtet werden. Franz Beckenbauer, der zuletzt nur noch als Zeuge, nicht als Angeklagter galt, ist nun, nach langen quälenden Jahren, vollständig rehabilitiert. Zum anderen feiert die von ihm ins Leben gerufene Franz Beckenbauer Stiftung dieser Tage ihr 40-jähriges Jubiläum. Eine Herzensangelegenheit. Franz und Heidi haben sich jeweils Tagliatelle mit Hummersoße bestellt. Der "Kaiser", der keinen Alkohol mehr trinkt, stößt mit alkoholfreiem Bier an – eingeschenkt in ein großes Weinglas. Er ist drahtig, die Bewegungen ein wenig vorsichtiger, er hat "mein Wettkampfgewicht von damals wieder – 69 Kilo", sein Kinn ziert ein sorgfältig gestutzter Bart. Und wenn er anfängt zu sprechen, ist er ganz der Alte. Präzise, empathisch, die Stimme zwar ein wenig leiser – aber stets mit einem Schalk im Nacken. Und jetzt gibt es viel zu besprechen im großen BUNTE-Interview! Franz Beckenbauer: "Es ist für mich ein Bedürfnis, Menschen in Not zu helfen" BUNTE: Vor 40 Jahren haben Sie die Franz Beckenbauer Stiftung gegründet. Wie lautet der Stiftungszweck? Franz Beckenbauer: Wir unterstützen Menschen mit Behinderungen und Personen, die krank oder unverschuldet in Not geraten sind. Wir helfen direkt, unbürokratisch und schnell. Für uns steht der Einzelfall im Mittelpunkt. Jeder Antrag wird genau geprüft – ob es um einen Zuschuss für ein KFZ oder auch nur um eine Brille geht. Können Sie uns sagen, in wie vielen Fällen Ihre Stiftung Menschen helfen konnte? In den letzten 40 Jahren konnten insgesamt 30 Millionen Euro an Spenden gesammelt werden, davon sind an die zehn Millionen im Stiftungskapital. Und knapp 20 Millionen Euro sind direkt an hilfsbedürftige Menschen geflossen. In rund 10 000 Einzelfällen wurden Zuschüsse zum Kauf von behindertengerechten Fahrzeugen, Lebens-Haltungskosten, lebensrettende Operationen für Kinder, medizinische Hilfsmittel, Energiekosten und vieles mehr bewilligt. Auch Haushaltsgeräte oder eben eine Brille. Was macht Ihnen an der Stiftungsarbeit so viel Freude? Dass wir die Möglichkeit haben, Menschen zu helfen, die eine Unterstützung brauchen. Andere Personen dazu ermuntern, uns zu vertrauen und ebenfalls etwas für unsere Mitmenschen zu tun. Ich glaube, das ist mit das Wichtigste. Ist das ein Teil Ihrer Lebensphilosophie? Glauben Sie, dass es auf einen zurückfällt, wenn man anderen Menschen hilft? Das ist nicht meine Motivation. Es ist für mich ein Bedürfnis, Menschen in Not zu helfen. Entscheidend war immer, dass Personen direkt geholfen wird. Wer unterstützt Sie bei dieser zeitintensiven Arbeit? Meine Frau Heidi ist seit einiger Zeit mit mir im Vorstand. Sie hat das Management übernommen und macht das hervorragend, nachdem unsere langjährige Mitarbeiterin in den Ruhestand gegangen ist. Damit bin ich sehr zufrieden. Der einzige Nachteil ist, dass sie jetzt weniger Zeit für mich hat (lacht). Auch meine Söhne Joel und Thomas engagieren sich beim Akquirieren von Spenden. Die Franz Beckenbauer Stiftung ist also ein Familienunternehmen? Ja, das kann man so sagen, und dafür bin ich sehr dankbar. Eine Stiftung ist ja für die Ewigkeit gedacht. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass es weitergeht, auch wenn du selbst nicht mehr da bist. Franz Beckenbauer über Günter Netzer: "Der Günter hat mir indirekt das Leben gerettet" Was sind die Herausforderungen für die Zukunft? Dass die Menschen weiterhin gerne spenden und wir viele unterstützungswürdige Anträge positiv entscheiden können. Die letzten Jahre waren schwierig. Während Corona fielen viele Veranstaltungen aus, auf denen Spenden gesammelt werden konnten. Der Krieg in der Ukraine und die drohende Wirtschaftskrise verunsichern die Menschen. Dadurch steigt die Zahl der hilfsbedürftigen Menschen und somit die Anzahl unserer Anfragen. Diese Menschen wollen wir nicht im Stich lassen. Dankenswerterweise werden wir unter anderem von den Charity-Golfern Eagles um Frank Fleschenberg sehr unterstützt. Und auch Dietmar Hopp ist ein guter Freund von uns und ein wertvolles Mitglied in unserem Stiftungsrat. Wir planen, einen gemeinnützigen Verein in Salzburg zu gründen. Salzburg ist und bleibt unser Lebens-Mittelpunkt, und wir möchten auch hier soziale Projekte unterstützen. Die Stiftung hatte in gewisser Weise auch für Sie ganz persönlich etwas Gutes. Und das hat mit Günter Netzer zu tun, der ja als Beirat auch Teil der Franz Beckenbauer-Stiftung ist. Ja, der Günter hat mir indirekt das Leben gerettet. Wenn ich 2016 in Bad Neustadt an der Saale bei Professor Diegeler nicht die drei Bypässe bekommen hätte, würde ich heute nicht mehr leben. Und dass ich überhaupt zum Arzt gegangen bin, habe ich Günter Netzer zu verdanken. Franz Beckenbauer "wollte und will einfach immer nur das Beste für den Fußball" Können Sie uns das bitte noch mal genauer erklären? Günter Netzer war ja, wie man weiß, bei einer Routinekontrolle bei einem Herzspezialisten. Dabei hat sich herausgestellt, dass er dringend ins Krankenhaus und operiert werden muss. Und als ich davon gehört habe, habe ich mich gefragt: Herrgott Sakrament, wann warst du denn das letzte Mal beim Kardiologen? Also habe ich meinen Kardiologen angerufen und gefragt: "Doktor, wann war ich das letzte Mal bei Ihnen?" Da sagt der: "Vor fünf Jahren." Nach dem Besuch beim Kardiologen wurde festgestellt, dass ich eine intensivere Untersuchung brauche. Und danach war schnell klar, ich musste operiert werden. Aber ohne Günter Netzer wäre ich nicht so schnell zum Check-up gegangen. Das mache ich natürlich jetzt regelmäßig und kann es nur jedem empfehlen. Deutschland hat durch Ihr Engagement für das "Sommermärchen" ein anderes Gesicht in der Welt bekommen. Und das ist der größte Verdienst, den Sie dem deutschen Land gegeben haben, dass Sie allen 82 Millionen Menschen durch diese Fußball-Weltmeisterschaft eine neue Identität verliehen haben. Und es hat vielen wehgetan, dass ausgerechnet der, dem Deutschland so enorm viel verdankt, sich so viel gefallen lassen musste. Und jetzt sieht man, dass es ein Sturm im Wasserglas war und sich am Ende alles in Luft aufgelöst hat. Das zu sagen sind viele dem Menschen Franz Beckenbauer schuldig. Und es hat auch mit der Stiftung zu tun. Jetzt liegt kein Schatten mehr auf Ihrem Namen. Getroffen hat es mich schon. Klar. Auch, weil ja dann die ganzen Krankheiten kamen, in denen ich ja immer noch irgendwie drinstecke. Aber ich habe ein gutes Gewissen, ich wollte und will einfach immer nur das Beste für den Fußball. Franz Beckenbauer wird nicht zur WM nach Katar reisen Werden Sie die Fußball-WM in Katar verfolgen? Ja, ganz bestimmt! Aber ich werde nicht nach Katar reisen. Ich drücke unserer Mannschaft vor dem Fernseher die Daumen. Das letzte Mal war ich vor einem Jahr in einem Stadion. Bei meinem FC Bayern in der Münchner Allianz Arena. Wissen Sie, das ist ganz schön anstrengend. Jeder fragt mich, wie es mir geht, und ich muss dann jedem das Gleiche sagen. Oh weh, und jetzt kommt auch noch die BUNTE und stellt Ihnen diese Frage: Wie geht es Ihnen jetzt? Ich hatte auf einem Auge einen sogenannten Augeninfarkt. Rechts sehe ich leider nichts mehr. Damit komme ich gut klar. Und mit dem Herzen muss ich aufpassen. Außerdem kommt zurzeit besonders viel Autogramm-Post, die ich gerne beantworte. Die Leute denken wohl, der lebt nimmer lang (lacht). Aber ich versuche, euch noch eine Weile erhalten zu bleiben.