Monday, April 4, 2022

Wolodymyr Selenskyj in Butscha: Russland hat »Genozid« begangen

DER SPIEGEL Wolodymyr Selenskyj in Butscha: Russland hat »Genozid« begangen Sven Scharf - Vor 53 Min. Wolodymyr Selenskyj ist nach Butscha gereist. Russland habe in dem Kiewer Vorort Kriegsverbrechen begangen, sagte der Präsident der Ukraine. Dennoch will er weiter mit Moskau über Frieden verhandeln. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in der zerstörten Stadt Butscha angekommen. Dort seien Kriegsverbrechen begangen worden, sagte Selenskyj vor Journalisten in der kleinen Stadt rund 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew. »Die Welt wird das als Genozid anerkennen.« Selenskyj trat in dunkelgrünem Pullover und einer Schutzweste in Tarnmuster auf und machte sich in Begleitung von bewaffneten Sicherheitskräften ein Bild von den Zerstörungen. Die Frage eines Reporters, ob es nun immer noch möglich sei, mit Russland über Frieden zu verhandeln, bejahte der ukrainische Staatschef: »Die Ukraine muss Frieden bekommen«, sagte er. Zugleich betonte er, ein baldiger Verhandlungserfolg sei in Russlands Interesse: »Je länger die Russische Föderation den Gesprächsprozess verzögert, desto schlimmer wird es für sie.« Russland beschuldigt die USA Bilder von Einwohnern der kleinen Stadt bei Kiew, in der nach dem Abzug russischer Truppen Leichen auf den Straßen lagen, lösen seit dem Wochenende weltweit Entsetzen aus. Die ukrainische Seite macht russische Soldaten für die Verbrechen verantwortlich. Selenskyj hatte bereits am Sonntag von »Völkermord« gesprochen. Moskau hingegen streitet die Schuld für den Tod der Zivilisten vehement ab. Eine Sprecherin des Außenministeriums in Moskau behauptete, die USA und ihre westlichen Partner hätten die grausamen Aufnahmen »bestellt«, um Russland die Schuld zuzuschieben. »Wer sind die Meister der Provokation? Natürlich die Vereinigten Staaten und die Nato«, sagte Sprecherin Maria Sacharowa laut der Nachrichtenagentur Reuters in einem Interview im russischen Staatsfernsehen. Ukrainischen Medienberichten zufolge sind in Butscha deutlich mehr als 300 Leichen von Zivilisten geborgen worden. Bis Sonntagabend seien bereits 330 bis 340 leblose Körper eingesammelt worden, schrieb die Zeitung »Ukrajinska Prawda« unter Berufung auf einen Bestattungsdienst. Am Montag wurde die Suche nach weiteren Opfern fortgesetzt. Einige Leichen seien in Hinterhöfen vergraben, hieß es. Am Sonntag hatte die ukrainische Seite bereits vom Fund eines Massengrabs mit etwa 280 Toten berichtet, die während der russischen Angriffe nicht würdig hätten bestattet werden können. Gerichtsmediziner und andere Spezialisten sind derzeit im Einsatz, um die Leichen zu untersuchen und Ermittlungen aufzunehmen.