Saturday, April 30, 2022

Niederlande: Hafenarbeiter boykottieren Löschung von Tanker mit russischem Gasöl

Niederlande: Hafenarbeiter boykottieren Löschung von Tanker mit russischem Gasöl DER SPIEGEL Claus Hecking - Gestern um 14:18 Erst in Schweden und dann auch in Rotterdam weigerten sich Hafenarbeiter, die »Sunny Liger« zu löschen. Nun liegt das Schiff vor Amsterdam vor Anker - und sorgt für Streit in den Niederlanden. Inmitten der Debatte über ein EU-weites Ölembargo gegen Russland ist in den Niederlanden ist ein Streit über ein Schiff mit russischer Fracht entbrannt. Hafenarbeiter in Rotterdam weigerten sich laut niederländischen Medienberichten am Freitag, den Tanker »Sunny Liger« zu entladen: aus Protest gegen Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine. Daraufhin nahm das Schiff, das auf den Marshallinseln registriert ist, Kurs auf Amsterdam. Hafengewerkschaft ruft zum Boykott Die »Sunny Liger« hatte vergangene Woche im russischen Hafen Primorsk Gasöl geladen: ein Vorprodukt zur Herstellung von Diesel und Heizöl. Als sie einige Tage später Schweden ansteuerte, boykottierten Hafenarbeiter in Göteborg laut Medienberichten die Löschung des Schiffs – woraufhin die »Sunny Liger« nach Rotterdam auswich. Als die ukrainische Botschaft in den Niederlanden die Öffentlichkeit auf den Tanker und seine Fracht aufmerksam machte, blies die Hafengewerkschaft FNV zum Boykott. »Das Schiff ist kein normaler Kunde des Rotterdamer Hafens, und ich rufe die Hafenarbeiter auf, sich davon fernzuhalten«, sagte der Gewerkschaftsführer Niek Stam. Nachdem die »Sunny Liger« wegen des Boykotts nach Amsterdam umsteuerte, appellierte die FNV an die dortigen Docker, das Schiff nicht zu löschen. Offenbar mit Erfolg. Am Samstagmittag lag es vor dem Amsterdamer Hafen vor Anker, wie Daten des Portals Vesselfinder zeigten. Fraglich ist allerdings, ob ein Gerichtsbeschluss die Arbeiter zum Entladen des russischen Gasöls zwingen kann. Der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra erklärte, es gebe keinen rechtlichen Grund, die Annahme des Schiffs zu verweigern. Zwar sieht das Sanktionspaket der EU von Anfang April vor, dass russische Schiffe keine EU-Häfen mehr anlaufen dürfen. Doch die »Sunny Liger« fährt unter der Flagge der Marshallinseln. Bislang ist nicht öffentlich bekannt, wer die Abnehmer des Gasöls aus Primorsk sind. Und ein Embargo gegen russisches Öl oder Ölprodukte haben die Europäer noch nicht beschlossen. Wie die Zeitung »Allgemeen Dagblad« berichtet, wurde am Samstagmittag darüber verhandelt, ob das Schiff in Amsterdam einlaufen darf oder nicht. Unterdessen forderten Oppositionspolitiker, die Annahme des Gasöls zu verweigern. »Wir müssen aufhören, die Putins Kriegsmaschine zu finanzieren«, sagte der prominente Abgeordnete Pieter Omtzigt. »Wenn andere Länder Güter aus Russland verweigern, dürfen wir diese beschmutzten Güter nicht aufkaufen.« Laut einer Statistik der US-Energiebehörde EIA waren die Niederlande 2021 der größte europäische Importeur von russischem Öl, noch vor Deutschland. Allerdings sind die Niederlande nicht nur Verbraucher, sondern auch Transitstaat. Ein beachtlicher Teil der Rohstoffe, die in den Häfen von Rotterdam oder Amsterdam ankommen, fließt weiter in die Nachbarländer.