Tuesday, April 1, 2025
Herbe Schlappe für Trump und Musk bei „Wisconsin-Referendum“
Berliner Morgenpost
Herbe Schlappe für Trump und Musk bei „Wisconsin-Referendum“
Peter DeThier • 2 Std. • 4 Minuten Lesezeit
Selten war das Interesse an einer Wahl im Frühjahr so groß. Und zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte hatten in den USA Kandidaten so viel Geld im Rennen um einen Richterposten ausgegeben. Staatliche 99 Million Dollar flossen in Wisconsin in das Duell zwischen dem konservativen Kandidaten Brad Schimel und der liberalen Susan Crawford. Da Richterwahlen offiziell unparteiisch sind, wurden die Kontrahenten formal keiner der Großparteien zugeordnet. Gleichwohl investierten Demokraten 40 Millionen und Republikaner 32 Millionen Dollar in den Wahlkampf. Weitere Mittel kamen von Dritten, allen voran Elon Musk, der 17 Millionen Dollar in die Kampagne steckte.
Immens waren die Beträge aus mehreren Gründen. Denn es ging nicht nur um einen Sitz auf dem Verfassungsgericht des strategisch wichtigen Staats. Die Wahl war zugleich ein Referendum, das Aufschluss darüber gab, wie die Wähler Präsident Donald Trumps ersten zweieinhalb Monate im Amt bewerten. Die Zwischenbilanz aus Sicht der „Wisconsinites“: Eine klare Absage an Trumps erratischen Regierungsstil und Musks rabiate Kampagne gegen den staatlichen Verwaltungsapparat. Denn die angesehene Juristin Crawford feierte einen Erdrutschsieg.
Ohrfeige für Trump und Musk bei Richterwahl in Wisconsin
Sicher war eines: Wer den begehrten Sitz auf Wisconsins Verfassungsgericht erobert, würde dort bei Grundsatzentscheidungen das Zünglein an der Waage spielen. Etwa bei Urteilen über Abtreibungsrechte und die Macht der Gewerkschaften. Auch über die neue Grenzziehung von Wahlbezirken, die demokratischen Politikern helfen könnten. Ebenso wichtig: Sollte ein Kandidat, so wie Trump vor vier Jahren, von einer gestohlenen Wahl sprechen, würde der Supreme Court ebenfalls das letzte Wort haben.
Kaum überraschend: Wie bei der Präsidentschaftswahl im November hatte wieder Elon Musk die Finger im Spiel. Mit viel Bargeld, dummen Gags und juristisch fraglichen Schachzügen. Aber auch mit einem geschäftlichen Anliegen in eigener Sache. Wisconsins Verkehrsministerium hatte es ihm nämlich verboten, dort Teslas direkt anstatt über Vertragshändler zu verkaufen. Das hat Musk vor Gericht angefochten und wusste nun, dass er in Schimel einen Verbündeten haben würde.
Seit Trumps Amtsantritt im Januar ist Musk von einem Tech- und Medium-Titanen zu einer der mächtigsten politischen Figuren in der US-Hauptstadt Washington mutiert. Mit seiner Sparbehörde DOGE hat er ganze Behörden aufgelöst, tausende von Beamten entlassen und existenziell wichtige Sozialleistungen gestrichen. Zu keinem Zeitpunkt war der gebürtige Südafrikaner so unbeliebt wie heute. Davon aber ließ sich der Exzentriker nicht beirren.
Musk mit „Käsehut“ auf dem Kopf
In Wisconsin erschien der Multimilliardär zu Wahlveranstaltungen mit einem sogenannten „Käsehut“ auf dem Kopf. Die Bürger des Agrarstaats, der für seine Molkereiprodukte bekannt ist, nennen sich nämlich „Cheeseheads“. Zu deutsch: „Käseköpfe“. So albern Musk bei seinen Auftritten auch wirkte, mit einem Hut, der an ein großes Stück Schweizer Emmentaler erinnerte, erntete er selten Applaus. Häufig wurde der Trump-Vertraute aber auch gnadenlos ausgepfiffen.
Beliebter, wenn auch höchst umstritten, war sein Versuch, Stimmen für Schimel zu „kaufen“. Ähnlich wie bei der Präsidentschaftswahl in Pennsylvania verteilte Musk nämlich Schecks in Höhe von 1 Million Dollar an Wähler. Chancen hatte diesmal, wer bereit war, eine Petition gegen „aktivistische Richter“ zu unterschreiben. Anders ausgedrückt: Gegen demokratische Richter, die Gewerkschaften unterstützen und für das Recht jeder Frau kämpfen, frei über einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden.
Tech-Gigant verliert an Einfluss
Die Ergebnisse geben insbesondere Aufschluss über Musks Einfluss im Wahlkampf. Während des Rennens um den Chefsessel im Weißen Haus hatte der reichste Erdenbürger sich konsequent hinter Trump gestellt. Musk spendete für die Kampagne des Republikaners über 45 Millionen Dollar. In der letzten Woche vor der Wahl zog er sogar nach Pennsylvania. Dort versuchte der Multimilliardär, in umstrittenen Bezirken das Zünglein an der Waage zu spielen. Er sprach mit Wählern und hielt Town Hall Begegnungen ab. Auch pumpte der Unternehmer sechsstellige Beträge in Werbung. Diese konzentrierte sich vor allem auch lokale Medien und Social Media, die von der Zielgruppe wahrgenommen wurden.
Doch viereinhalb Monate später sind die Karten neu gemischt. Damals fühlten sich Wähler von dem Superstar Musk umschmeichelt. Heute steht er aber in dem Ruf, ein unberechenbarer Zerstörer zu sein. Wähler in vielen der Gegenden, die Trump gewonnen hatte, sind nämlich dringend auf Sozialleistungen angewiesen, die nun eingefroren wurden. Auch haben viele der Behörden, die Musks DOGE-Kreuzzug zum Ofer fielen, Niederlassungen in einzelnen Staaten. Folglich gingen auch viele Arbeitsplätze verloren. „Trump spielt verrückt und Musk ist einfach ein widerlicher Mensch“ sagte Mary Ann, eine Mutter aus Milwaukee. „Ich kann heute gar nicht mehr fassen, dass ich letztes Jahr den Republikanern meine Stimme geschenkt habe“.