Monday, April 14, 2025
Das Ende der „Pax Americana“
RP ONLINE
Das Ende der „Pax Americana“
Thomas Spang, Washington • 23 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Zölle massiv rauf, Zölle wieder runter, Zölle pausiert: Das unberechenbare Verhalten des US-Präsidenten - nicht nur in Sachen Wirtschaftspolitik - ist ein schwerer Schlag für Ordnung in der Welt. Trumps Äußerungen machen zudem eines ganz klar: Auf Amerika ist aktuell kein Verlass mehr.
Donald Trumps „Tag der Befreiung“ bedeutete das für die Ordnung im Welthandel, was die Abfertigung des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj im Oval Office für die Sicherheitsarchitektur Europas klarmachte: Auf Amerika ist kein Verlass mehr. Daran ändern weder die 90-tägige Pause bei den sogenannten „reziproken Zöllen“ etwas noch die halbherzigen Versicherungen der US-Regierung, an dem Nato-Bündnis festzuhalten.
Die traditionellen Partner der USA können den Schock nicht ungeschehen machen, den das erratische Verhalten des „America First“-Präsidenten in beiden Fällen ausgelöst hat. Zumal sie in der Handelspolitik bereits ins Visier Trumps geraten sind. Wohlgemerkt: Die 25-Prozent-Zölle auf Automobile aus Europa, die Abgaben auf Stahl und Aluminium und die zehn Prozent auf alle anderen Güter bestehen fort.
Dass nicht einmal seine Berater wussten, was „König Donald“ im Schilde führte, als er seine Kehrtwende bei den reziproken Zöllen verkündete, illustriert die Sprunghaftigkeit seiner Politik. Das ist kein Plus, sondern trägt zur maximalen Verunsicherung auf den Märkten bei, die sich in der Achterbahnfahrt der Börsen zeigt.
Damit einhergeht ein massiver Vertrauensverlust nicht nur bei anderen Regierungen, sondern bei den individuellen Akteuren. Von mittelständischen Unternehmen bis globalen Konzernen werden Investitionen in die USA auf den Prüfstand gestellt, weil niemand weiß, was als Nächstes kommt. Es darf bezweifelt werden, dass Trump auf diese Weise Produktion in sein Land zurückholt. Seine protektionistischen Maßnahmen könnten das Gegenteil bewirken und Investitionen aus den USA vertreiben.
Am 2. April 2025 hat US-Präsident Donald Trump neue Zölle angekündigt. Bald kamen internationale Reaktionen.
©Evan Vucci
Derweil steigt der Druck in den USA wegen steigender Preise, eines schwächeren Dollars und schrumpfender Aktiendepots der Rentner. Vor allem Letzteres stellt ein erhebliches politisches Risiko für Trump dar, der demonstrativ Golfen ging, als die Märkte nach Ausrufung des „Liberation Day“ abstürzten. Denn anders als in Europa hängt die Alterssicherung der Amerikaner vom Wohlergehen des Aktienmarkts ab.
Trump rudert nur unter Druck zurück
Erst als die Kreditmärkte durch den massenhaften Verkauf amerikanischer Staatsanleihen einzufrieren drohten, drückte der Präsident auf den Pausenknopf. Nicht aufgehalten hat der „Zöllner-in-Chief“ damit den Eindruck, nachhaltigen Schaden angerichtet zu haben. Trotz der Aussetzung für 90 Tage bleibt der durchschnittliche US-Zollsatz bei mehr als 25 Prozent.
Als historischer Vergleich kommt nur der amerikanische Bürgerkrieg infrage. Von 1861 bis 1868 stieg der effektive Zollsatz um 32 Prozentpunkte. Jedoch war die US-Wirtschaft damals weniger importabhängig und Lieferketten waren weit weniger komplex.
Was Trump während der wochenlangen Zollpause machen will, bleibt sein Geheimnis. Entgegen den Huldigungen seiner Berater, die ihn als größten Verhandlungskünstler aller Zeiten feiern, lässt sich kein schlüssiger Plan erkennen. Die Nachbarn Mexiko und Kanada haben gelernt, dass Zugeständnisse an Trump heute nur zu weiteren Forderungen in der Zukunft führen.
Mit Blick auf die Eskalation des Handelskriegs mit China zäumt der Protektionist im Weißen Haus das Pferd von hinten auf. Die Volksrepublik erscheint im Vergleich zu der Unberechenbarkeit der USA als rationaler Akteur und wird sich so weder isolieren noch in die Knie zwingen lassen. Der bessere Weg hätte darin bestanden, mit dem „Transpazifischen Handelsabkommen“ den regelbasierten Freihandel zu stärken und China zum Umdenken zu bewegen.
Trump lässt sich mit Argumenten nicht erreichen
Die Augen vor den neuen Wirklichkeiten zu verschließen und auf das Beste zu hoffen, hilft Deutschland und Europa nicht. Dieser „Madman“ im Weißen Haus lässt sich mit Argumenten nicht erreichen. Und zu verhandeln gibt es wenig, auf das anschließend Verlass sein könnte. Das Einzige, was sich kontrollieren lässt, ist das Verhalten der Verantwortlichen zu dieser neuen Ausgangssituation.
Gewiss ist es klug, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, um Zeit zu gewinnen. Diese muss zielstrebig für den Aufbau einer eigenen Sicherheitsarchitektur und neuer Handelsbündnisse genutzt werden. Die Antwort darauf kann nur in einer Stärkung der EU liegen. Auch über eine Assoziierung Kanadas und die Ausweitung des Freihandels mit anderen Betroffenen der Zollwut Trumps sollte nachgedacht werden.
Klar ist nur so viel: Solange der "Zöllner-in-Chief" im Weißen Haus sitzt, wird es kein Zurück mehr geben. Das Zeitalter der Pax Americana, das militärische Sicherheit und Wohlstand durch freien Handel bescherte, ist vorüber.