Sunday, April 13, 2025

Trumps Zollkrieg als Sollbruchstelle: Nicht Rezession, sondern Finanzcrash ist die Gefahr

Frankfurter Rundschau Trumps Zollkrieg als Sollbruchstelle: Nicht Rezession, sondern Finanzcrash ist die Gefahr Stephan Kaufmann • 5 Std. • 4 Minuten Lesezeit Das Risiko, das vom US-Zollkrieg ausgeht, ist weniger eine weltweite Rezession – sondern ein Finanzcrash. Dabei entzieht Trump den Märkten das Sicherheitsnetz. Der Handelskrieg zwischen den USA und China eskaliert. Im Kampf beider Staaten um ihren Weltmachtstatus geht es nicht mehr um die Verteilung der Erträge des Weltmarktes, sondern nur noch um die Verteilung der Schäden, die ihr Zollkrieg anrichtet. Ökonomen warnen, dass die Folgen nicht nur China und andere Länder treffen, sondern auch die USA selbst. Ergebnis könnte eine globale Rezession sein. Doch bevor es mit der Konjunktur wirklich abwärts geht, dürften die Finanzmärkte reagieren. Denn sie nehmen erwartete Krisen vorweg – und machen sie damit zur Realität. Dass es in der aktuellen Situation – wie in vergangenen Finanzkrisen – zu einer Kooperation der Weltwirtschaftsmächte zur Rettung der Märkte kommen würde, ist eher unwahrscheinlich. Trumps Handelsschlacht dürfte zur Rezession in den USA führen – erwarten Fachleute Die von Trump initiierte Handelsschlacht dürfte auf die USA zurückfallen: Allianz Research rechnet jetzt fest mit einer Rezession in den USA. Verschiedentlich wird auch eine globale Rezession für möglich gehalten. Das Problem einer Rezession allerdings dürfte nicht nur in einer schrumpfenden Leistung der Realwirtschaft liegen. Sondern auch darin, dass Unternehmen und Staaten mehrfach „gehebelt“ sind: Sie haben enorme Summen an Schulden an den Finanzmärkten aufgenommen. Diese Schulden repräsentieren – ebenso wie die Aktienkurse – die Erwartungen der Finanzanleger, die das erhoffte Wachstum vorfinanziert haben. Tritt es nicht ein, entwerten sich die Investments und eine Finanzkrise steht an, lange bevor noch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wirklich schrumpft. Zum einen sind es die Regierungen gerade der reicheren Länder, die Milliardenkredite an den Märkten aufgenommen haben und ihnen daher jetzt das versprochene Wachstum schulden. So gibt Washington dieses Jahr etwa zwei Billionen Dollar mehr aus als es einnimmt. Laut offiziellen Schätzungen dürften die US-Staatsschulden dieses Jahr auf 100 Prozent des BIP steigen, bis 2035 auf 118 Prozent und in 30 Jahren könnte die Schuldenquote bei 200 Prozent des BIP liegen. Staaten und Unternehmen verschulden sich zunehmends Um sich gegen den Handelskrieg der USA zu schützen, hat auch Chinas Regierung ein Konjunkturprogramm über rund 100 Milliarden Euro aufgelegt. In Deutschland sind die gesetzlichen Grundlagen für weitere Kredite für Rüstung und Infrastruktur gelegt worden. Frankreichs Regierung hat jüngst angekündigt, sie werde bei einer Eintrübung des Geschäftsklimas ihre Sparanstrengungen aussetzen. „Dann gibt es eben ein höheres Defizit“, sagte Finanzminister Eric Lombard. Daneben sind laut Internationalem Währungsfonds die „wachsenden Schulden in den Entwicklungsländern ein immer größeres Problem“. Während die Schulden der Staaten häufig im Fokus stehen, wird ein anderer Sektor eher selten betrachtet: die Unternehmen. „Der Schuldenstand der Unternehmen weltweit wächst“, stellt der Industrieländerclub OECD fest. Mittlerweile stünden an den Finanzmärkten Unternehmensanleihen über 35 Billionen Dollar aus. Wie haltbar dieser Schuldenberg ist, hängt vom Geschäftserfolg der Unternehmen ab. Zunächst muss die Verschuldung kein Problem sein, so die OECD, wenn sie für produktive Investitionen verwendet wird, die das Wachstum und damit die Rückzahlungsfähigkeit erhöhen. Das Problem allerdings ist, dass laut OECD die ausstehenden Schulden zum Großteil nicht in reale Investitionen geflossen sind, sondern für die Rückzahlung alter Schulden verwendet wurden. Das bedeute auch, dass „sich die ausstehenden Schulden wahrscheinlich nicht durch Erträge aus produktiven Investitionen selbst abzahlen“. Trumps Zollkrieg gefährdet Kreditaufnahme von Staaten auf dem Weltmarkt Die Unternehmensschulden steigen also schneller als die Investitionen. Dazu kommen weitere Belastungsfaktoren: Die Zinsen werden voraussichtlich steigen und damit Kredite teurer machen. Zudem herrschen in vielen Sektoren der Weltwirtschaft Überkapazitäten, die zu Preiskriegen führen, die die Erträge der Unternehmen schmälern können. Trumps Anhänger dürften mit der Entwicklung an der Börse infolge des Handelskriegs nicht zufrieden sein. Vor diesem Hintergrund dürften die Unternehmen weltweit ihren Schuldenstand eher nicht senken, so die OECD. Stattdessen blieben sie darauf angewiesen, laufend neue Schulden aufzunehmen, mit denen sie auslaufende Schulden abbezahlen. Dafür müssen sie aber stets Kreditgeber auf dem Weltkapitalmarkt finden. Dies gefährdet allerdings der Zollkrieg: „Um den Schuldenstand zu tragbaren Kosten aufrechtzuerhalten, ist eine ausreichend große, vielfältige und internationale Nachfragebasis erforderlich“, erklärt die OECD, „doch stellen geopolitische und makroökonomische Unsicherheiten die Verfügbarkeit und Stabilität dieser Nachfrage infrage.“ Wer könnte einen Absturz abfangen, wenn die USA dazu nicht in der Lage sind? An den Märkten für riskante Unternehmensanleihen kam es in den vergangenen Tagen bereits zu Abstürzen. Noch besorgniserregender ist, dass erste Spannungen auf dem wichtigsten Anleihemarkt der Welt auftreten: dem 28 Billionen Dollar schweren Markt für US-Staatsanleihen. Normalerweise gelten in Krisenzeiten US-Treasuries und der US-Dollar als sichere Häfen, in die sich das globale Kapital rettet. Dieser Tage jedoch geht es mit beiden bergab, da der Zollkrieg der US-Regierung das Vertrauen in die Berechenbarkeit der USA erschüttert. „Der Dollar nähert sich einer Vertrauenskrise“, so die Bank ING. Tritt sie ein, gäbe es keinen sicheren Hafen und kein Halten mehr. Denn in den vergangenen Krisen war es stets die US-Zentralbank, die mit ihren Dollar-Kreditlinien an Länder in aller Welt den Absturz aufgefangen hat. US-Regierung unter Trump entzieht den globalen Finanzmärkten das Sicherheitsnetz Die US-Regierung demontiert mit ihrer aggressiven Politik also nicht nur das Welthandelssystem. Sie entzieht den globalen Finanzmärkten auch schrittweise das Sicherheitsnetz. Dieses Netz bestand nach der großen Finanzkrise ab 2008 in der Kooperation der Weltfinanzmächte, die mit ihren Kreditzusagen die Märkte beruhigten. Dieses Mal jedoch tritt die Krise nicht einfach ein – sie ist politisch hergestellt. Statt Kooperation herrscht Konfrontation. „Wenn es ein Komitee zur Rettung der Welt gibt, dann agiert es im Verborgenen“, schreibt der Finanzdienst „Bloomberg“. „Sollte eine Schwäche der Finanzmärkte in einen Crash umschlagen und eine tiefe wirtschaftliche Katastrophe auslösen, ist es schwer zu sagen, wer die Rettung anführen wird.“