Monday, April 14, 2025

Kommentar: Trumps erbärmliches Zollchaos ist reiner Machtmissbrauch

Handelsblatt Kommentar: Trumps erbärmliches Zollchaos ist reiner Machtmissbrauch Meiritz, Annett • 4Tage • 3 Minuten Lesezeit Die USA geben vielen Handelspartnern die Chance, neue Zollabkommen zu schließen. Doch der Schaden von Trumps Hin und Her ist immens. Denn glauben kann man dem US-Präsidenten kein Wort mehr. Natürlich ist die 90-tägige Pause, die Donald Trump am Mittwoch für einen Großteil seiner radikalen Strafzölle beschlossen hat, zunächst einmal eine gute Nachricht. Sie gibt den mehr als 75 Ländern, die mit der US-Regierung neue Abkommen aushandeln wollen, die Chance auf eine Atempause, auf Gespräche und vielleicht auf eine für alle Seiten vorteilhafte Lösung. Abgesehen davon gibt es jedoch nichts Positives an den Ereignissen der letzten Woche. Trump hat seinem eigenen Land und dem Rest der Welt Schmerzen zugefügt, die vollkommen unnötig waren und sind. Das Moratorium wirft nun neue, komplizierte Fragen auf, allen voran: Wer garantiert, dass Trump es sich bei der nächsten Gelegenheit nicht wieder anders überlegt? Trump selbst räumte am Mittwoch ein, dass er Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“ treffe. Nun, sein Instinkt mag in der Vergangenheit oft richtiggelegen haben, sonst hätte er nicht zwei Präsidentschaftswahlen gewonnen. Aber sein brandgefährliches Zollchaos beweist endgültig: Man kann ihm kein Wort mehr glauben. Leider muss sich der Rest der Welt weiter an dem festhalten, was Trump sagt, bekräftigt und dann wieder zurücknimmt. Er sitzt im mächtigsten Regierungsamt der Welt. Und er missbraucht diese Position eindeutig gegen die internationale Zusammenarbeit, gegen das Vertrauen und gegen das Interesse an einer stabilen Weltwirtschaft. Man muss sich das einmal vor Augen führen: Tagelang hatten Lobbyisten, Unternehmer, Reporter, Experten und Diplomaten den US-Präsidenten öffentlich und hinter verschlossenen Türen nach der Möglichkeit eines Moratoriums gefragt. Doch immer wieder hieß es aus dem Weißen Haus: Nein, ein solches Moratorium werde es auf keinen Fall geben. Der Ton war übrigens ziemlich herablassend – nach dem Motto, eine solche Pause sei eine absurde Idee. Die Dummen sind wieder einmal die anderen Trump selbst hatte noch in der Nacht zum Mittwoch, als die bisher größte aller Zollrunden in Kraft trat, versichert: „Ich weiß verdammt gut, was ich tue.“ Verhandlungen seien nicht unbedingt sein Ziel. Keine 48 Stunden später kündigte Trump schließlich die Zollpause und die Bereitschaft zu ebenjenen Verhandlungen an. Die Dummen sind aus Trumps Sicht wieder einmal die anderen. Diejenigen, die Fragen stellen, die Details zu seiner handelspolitischen Strategie, seinen Absichten und Zielen wissen wollen. Bürger, Investoren, Unternehmen und globale Partner haben ein Recht auf diese Details, auf ein Mindestmaß an Orientierung. Doch so wie Trump agiert, handelt niemand, der sich im Dienst des Gemeinwohls sieht, sondern … ja, was wollte er eigentlich? Trump hat sich selbst keinen Gefallen getan: Denn wer harte Zölle befürwortet, könnte die jüngste Kehrtwende als Einknicken werten, auch wenn er den Druck auf China weiter erhöht hat. Und diejenigen, die vergangene Woche von den massiven Zöllen schockiert waren, können sich leider immer noch nicht beruhigen, denn es droht noch mehr Chaos: Trump hat angedeutet, mit einzelnen EU-Staaten verhandeln zu wollen, anstatt mit der EU als Ganzes. Genau ein solches Szenario hatte man in Brüssel schon lange befürchtet. Zudem will Trump in wenigen Tagen neue sektorale Zölle verhängen, etwa auf Pharmazeutika. Er erwägt sogar, einzelnen US-Konzernen Ausnahmen von allen Zöllen zu gewähren. Ein solcher Flickenteppich nützt niemandem, nicht den Globalisierungsverlierern, nicht den strukturschwachen Regionen, nicht dem amerikanischen Verbraucher, sondern nur den auf Handelsrecht spezialisierten Anwaltskanzleien und Lobbyisten, die vermutlich gerade in Arbeit ertrinken. Die Stimmung sei „ein bisschen zu ängstlich“ geworden, sagte Trump, als er sich vor Journalisten zu seiner Kehrtwende äußerte. Das ist angesichts der Anspannung, die in den vergangenen Tagen die Welt dominiert hatte, eine erbärmliche Erklärung.