Monday, November 27, 2023

Nach Putsch der Junta im Niger - Migrationspakt platzt: „Jetzt tritt für Europa das Horrorszenario ein“

FOCUS online Nach Putsch der Junta im Niger - Migrationspakt platzt: „Jetzt tritt für Europa das Horrorszenario ein“ Geschichte von FOCUS Online • 1 Std. Die einst erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Niger im Kampf gegen Schleuser und illegale Migration steht vor dem Aus. Nach dem Putsch gegen die prowestliche Regierung hat die Militärjunta das Anti-Schleuser-Gesetz außer Kraft gesetzt. Die Schleusung irregulärer Migranten soll im westafrikanischen Niger künftig straffrei bleiben. Der Anführer der Militärjunta, Chef Abdourahamane Tiani, habe das entsprechende Gesetz aufgehoben, sagte der Sprecher von Premierminister Lamine Zeine der DPA. Das Gesetz, das den Schmuggel von Migranten von Agadez durch den Sahel bis zur Grenze mit Libyen mit bis zu zehn Jahren Haft unter Strafe stellte, wurde 2015 unter Druck der EU zur Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel verabschiedet. Im Gegenzug stellte die EU rund 75 Millionen Euro für Projekte zur Eindämmung von Migration bereit. Seit Einführung des Gesetzes war nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) die Zahl irregulärer Migranten im Niger gesunken. Die Entscheidung der Junta sorgt für Wirbel. „Gute Nachrichten für alle, die nach dem 2015 verabschiedeten Gesetz ins Gefängnis mussten, weil der Transport von Migranten kriminalisiert wurde“, schrieb Ibrahima Hamidou, Sprecher von Ministerpräsident Ali Lamine Zeine, auf Facebook. „Dieses Gesetz wurde aufgehoben! Die EU soll ruhig weiter rumgestikulieren!“ Auch Vertreter der Stadt Agadez begrüßten das Aufhebungsdekret. Das Gesetz habe negative wirtschaftliche Auswirkungen auf die Region gehabt, die als Schleuser-Hochburg bekannt war, sagte Mohamed Anacko, Präsident des Regionalrats von Agadez. Flüchtlinge, die aus Libyen evakuiert wurden, bauen an neuen Flüchtlingsunterkünften im Durchgangslager des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen Experte warnt vor Folgen für den Westen Ulf Laessing, der Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung, spricht dagegen von einem „Scherbenhaufen für die EU“, wie die „Welt“ berichtet. Die Uneinigkeit mit Europa könnte die Migration von Niger nach Libyen wieder stark ansteigen lassen. Russland versucht, die Gunst der neuen Machthaber zu gewinnen und die Migration nach Europa zu fördern, um die EU zu destabilisieren. Die Junta nutzt den geschürten Hass auf Europa, um von innerpolitischen Problemen abzulenken. „Deutschland, Italien und andere Länder waren besorgt, dass die Junta den Migrationspakt aufkündigen könnte und wollten daher mit der Junta ins Gespräch kommen“, sagte Laessing, „sie trauten sich aber nicht, sich über Frankreichs Bedenken hinwegzusetzen“. Der Beamte weiter: „Jetzt tritt für Europa das Horrorszenario ein.“ Putsch verschärft die Migrationskrise Die Migrationskrise im Niger wird durch den Putsch noch verschärft. Das Regierungsbudget schrumpft, Gesundheit, Bildung und Grenzschutz leiden. Die Patrouillen waren bereits vor dem Putsch eingeschränkt, und die Zahl der Reisenden in Richtung Libyen stieg. Ob sich die Zahlen wieder denen von 2016 annähern, bleibt abzuwarten, da die Grenzen aufgrund von Sanktionen vorerst geschlossen sind. Die EU steht vor einer komplexen Herausforderung, ihre Strategie in der Migrationskrise neu zu überdenken und eine effektive Zusammenarbeit mit den neuen Machthabern im Niger zu finden.