Wednesday, November 29, 2023
Nach Ofarim-Geständnis: „Öffentlicher Spießrutenlauf“ – Star-Anwalt attackiert Verteidiger des Sängers
Merkur
Nach Ofarim-Geständnis: „Öffentlicher Spießrutenlauf“ – Star-Anwalt attackiert Verteidiger des Sängers
Artikel von Alina Schröder •
13 Std.
Scharfe Kritik an Anwälten
Die Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein Hotel waren gelogen, wie Ofarim gesteht. Der Anwalt Benecken vergleicht den Prozess indes mit einer „Justiz-Soap im Trash-TV“.
München – Das mediale Interesse am Prozess um Gil Ofarim war enorm. Der Sänger musste sich nach den Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Leipziger Hotel und dessen Manager wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung vor Gericht verantworten. Doch dann die Wende: Ofarim hat vor dem Landgericht am Dienstag (28. November) gestanden, gelogen zu haben. „Es tut mir leid, ich habe das Video gelöscht“, sagte der 41-Jährige.
Anwalt vergleicht Ofarim-Prozess mit „Justiz-Soap im Trash-TV“
Doch wenn die Geschichte ohnehin nicht wahr zu sein scheint, wieso wurde aus dem Prozess so ein Spektakel gemacht? Diese Frage stellt sich der Strafverteidiger Burkhard Benecken. Er kritisiert insbesondere die Anwälte Ofarims. Benecken vergleicht die Verhandlung in einem Bericht des Focus mit einer „Justiz-Soap im Trash-TV“. Der mediale Wirbel habe ihn zu einem Jahrhundertprozess gemacht.
Alles begann mit einem Video, das Ofarim im Herbst 2021 auf Instagram veröffentlichte. Darin behauptete er, aufgrund seiner jüdischen Herkunft beim Check-in diskriminiert worden zu sein. Ein Vorwurf, der sich nun als falsch herausstellte. Damals aber erhielt der Musiker zahlreiche Solidaritätsbekundungen, auch aus der Politik. Der Hotelmanager des Westin Hotels in Leipzig wurde daraufhin beurlaubt und erhielt Morddrohungen. Später wurde Ofarim schließlich wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung angezeigt.
Für Benecken sei sein Geständnis am zweiten Verhandlungstag nicht völlig überraschend gekommen. Schließlich hätten sich die Hinweise bereits Monate zuvor verdichtet, „dass der jüdische Künstler aus München die Davidstern-Geschichte erfunden hatte.“ Ein Forensiker brachte zudem die Darstellung des Sängers ins Wanken.
Anwalt rechnet mit Ofarim-Verteidiger ab – „Der öffentliche Spießrutenlauf wäre ihm erspart geblieben“
Ofarims vier Anwälte haben den Prozess laut Benecken jedoch weiterhin ausgeschlachtet. „Über sechs Tage lang veranstalteten die vier Anwälte Ofarims ein Spektakel, versuchten mit teils hanebüchenen Vorhalten Belastungszeugen als unglaubwürdig zu diskreditieren“, so der Staranwalt, der bereits Prominente wie Dieter Bohlen oder Gina-Lisa Lohfink vor Gericht verteidigte. Er kritisiert insbesondere die Aussagen des Strafverteidigers Alexander Stevens.
Er habe vor dem zweiten Prozesstag behauptet, dass es „klar 1:0 für Herrn Ofarim“ stehe. „So ein Mumpitz fernab des zu erwartenden Prozessausgangs abzulassen, wäre mir nie in den Sinn gekommen“, so Beneckens Urteil. Es sei schließlich genau das Gegenteil der Fall gewesen: Alle Indizien hätten gegen Ofarim gesprochen. „Ich frage mich wahrlich, warum man vier Anwälte braucht, um dann am Ende völlig einzuknicken und seinen Mandanten erklären zu lassen, dass er gelogen hat.“ „Der öffentliche Spießrutenlauf wäre ihm erspart geblieben.“
Nach Ofarims Geständnis lobte der Richter seine Ehrlichkeit vor Gericht. „Eine Entschuldigung ist als Rehabilitierung wertvoller als ein Gerichtsurteil“, so Andreas Stadler. Vorher hatten sich der Pop-Sänger und seine Anwälte immer wieder zu Beratungen zurückgezogen. Die Ermittlungen gegen Ofarim wurden nun eingestellt. Der 41-Jährige muss eine Geldstrafe von 10.000 Euro zahlen.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland verurteilt jedoch Ofarim scharf. Er habe „all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, großen Schaden zugefügt.“ „Neben der Öffentlichkeit hat er auch die jüdische Gemeinschaft belogen“, so die Aussage auf X, vormals Twitter. (asc)