Monday, November 27, 2023
Journalistin schimpft bei „Anne Will“ - „Wir schwimmen in Geld - und die Regierung gibt es mit vollen Händen aus“
FOCUS online
Journalistin schimpft bei „Anne Will“ - „Wir schwimmen in Geld - und die Regierung gibt es mit vollen Händen aus“
Geschichte von Von Focus Magazin-Carin Pawlak • 2 Std.
Anne Will diskutiert mit ihren Gästen über die Zukunft der Ampel-Regierung.
Es fehlt gerade Geld. Sehr viel Geld. Sparen will die Ampel-Regierung aber nicht. Aufhören will die Ampel-Regierung auch nicht. Bei „Anne Will“ diskutiert die Runde über die Zukunft Deutschlands. Schwimmt das Land in Geld? Oder geht schon morgen das Licht aus?
Ist Ihnen das schon mal aufgefallen, dass es eine Verbindung gibt zwischen Krise und Krawatte. Längere Zeit gehörte der offene Hemdkragen zum neuen Stil. Wer derzeit den Kanzler oder den Vizekanzler erlebt, sieht immer auch Krawatte – gerne in grau oder schwarz, wie zur Beerdigung. Ist es wirklich schon so weit? Bei „Anne Will“ am Sonntag stellen sich die Gäste der Frage: „Regierung in Geldnot – Wie hart trifft es Deutschland?“ SPD-Boss Lars Klingbeil trägt keine Krawatte an diesem Abend. Kann also nicht so schlimm sein bei den Sozialdemokraten.
Der Strom wird teurer, das Gas auch: Karlsruhe hat es krass gemacht
Geldnot, ja, ziemlich hart, würde ich sagen, auch wenn ich nicht eingeladen war zum ARD-Talk. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor knapp zwei Wochen geht es wild her hierzulande. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht die Wirtschaft schrumpfen, die FDP „will reinen Tisch machen“, es geht um Nachtragshaushalt, die Schuldenbremse. Und, ja, auch das ist nun Fakt: Strom- und Gaspreisbremse laufen Ende des Jahres aus. Reden wir gar nicht von der Mehrwertsteuer-Erhöhung in der Gastronomie ab Januar 2024. Wer wird sich künftig noch das Schnitzel oder den Tofu-Burger im Restaurant leisten können?
Verunsicherung für Unternehmen – aber bald erklärt sich ja der Kanzler
Es sagt die „Deutschlandfunk“-Journalistin Ann-Kathrin Büüsker: „Den wenigsten Leuten ist klar, was da alles auf dem Spiel steht.“ Sie sieht eine „enorme Verunsicherung für die Wirtschaft, und auf dieses Worst-case-Szenario war niemand vorbereitet." Zumindest auf den Punkt Verunsicherung kann sich SPD-Chef Lars Klingbeil verständigen. Aber, als würde das irgendetwas besser machen: „Der Kanzler wird sich am Dienstag erklären.“ Kommt dann wieder eine Zeitenwende, ein Doppel-Wumms oder gar ein Super-Bumms?
Bluthochdruck bei CDU-Mann Haseloff: „Wir haben klar gewarnt“
Reiner Haseloff, CDU-Ministerpräsident aus Sachsen-Anhalt und gelernter Physiker, ist normalerweise ein ruhiger Erklärer. An diesem Sonntag hat er Bluthochdruck. Sein Kopf hat eine tüchtige Farbe. Moderatorin Anne Will erinnert, dass Haseloff dieses Haushalts-Chaos schon im Oktober 2022 vorausgesagt habe. „Wir haben klar gewarnt“, befindet er. Aber er warnt auch: „Es darf nicht sein, dass daraus eine Staatskrise wird.“
Anne Will diskutiert mit ihren Gästen über die Zukunft der Ampel-Regierung
Journalistin schimpft bei „Anne Will“: „Wir schwimmen in Geld - und die Regierung gibt es mit vollen Händen aus“
FAZ-Journalistin Julia Löhr ist eine Bereicherung für diese Sendung. Sie formuliert klar und klug. Die Kommunikation der Regierung sei „grottig“. Denn: „Der Kanzler sagt nichts, Vizekanzler redet sich um Kopf und Kragen und den Finanzminister versteht keiner.“ Frau Löhr glaubt: „Wir schwimmen in Geld, und die Regierung gibt es mit vollen Händen aus. Für alles gibt es Subventionen und Fördertöpfe – das geht so nicht!“
Ökonom Fratzscher: „So kann man nicht weiterwurschteln“
Das sieht ähnlich Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. „Die Politik muss sich entscheiden, wo sie die Prioritäten setzen will. So kann man nicht weiterwurschteln.“ Das muss SPD-Chef Klingbeil natürlich verbal abwenden. Er will eine Reform der Schuldenbremse. Klar, das bedeutet rasch mehr Geld – letztlich auch von uns Steuerzahlern.
Wirtschaftsjournalistin Julia Löhr setzt dagegen: „Ich bin ein großer Fan der Schuldenbremse, weil sie zwingt, jetzt zu priorisieren.“ CDU-Politiker Haseloff vertieft das: „Für mich ist die Schuldenbremse eine gesetzte Größe.“ Ann-Kathrin Büsker ist der Meinung: „Finanzminister Lindner hat die Schuldenbremse de facto umgangen.“
Krieg, Wirtschafts-Transformation, Energie-Krise: Keine Regierung war je so schlecht
Wir halten fest: Die Ampel-Regierung hatte in den vergangenen zwei Jahren keine einfache Zeit. Der Krieg in der Ukraine, die Transformation der Wirtschaft sowie die Energie-Problematik sind keine trivialen Themen. Wahr ist aber auch: Keine Regierung hat Krisen insgesamt so dramatisch schlecht angestellt wie diese.
Versöhnlich wird es ganz am Ende. CDU-Mann Reiner Haseloff verweist auf die vorletzte Sendung von Moderatorin Anne Will. „Schade, dass Sie gehen!“, sagt er. Und die ARD-Moderatorin freut sich sichtlich. Bemerkt aber auch noch rasch, dass es nur ein Abschied von diesem Format sei. Man wird sie also wiedersehen. Mal sehen.