Monday, November 27, 2023
Haushaltskrise: Ampel will Aussetzung der Schuldenbremse mit Energiepreisen begründen
Berliner Zeitung
Haushaltskrise: Ampel will Aussetzung der Schuldenbremse mit Energiepreisen begründen
Artikel von AFP •
12 Std.
Die Ampel-Koalition diskutiert weiter um den Umgang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Die Wirtschafts- und Energieminister der Länder und Bundesminister Robert Habeck (Grüne) wollen trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) an den daraus zu finanzierenden Vorhaben festhalten. „Alle Projekte, die wir konzipiert haben, müssen möglich gemacht werden“, sagte Habeck am Montag nach einem Treffen mit den Kollegen der Länder in Berlin.
Dafür will die Ampel-Regierung eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse in diesem Jahr insbesondere mit den hohen Energiepreisen begründen. Es sei aber auch möglich, dass andere Aspekte wie die Flutkatastrophe im Ahrtal eine Rolle spielen könnten, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag. Er verwies für Details auf den bis zum Nachmittag geplanten Kabinettsbeschluss zum Nachtragshaushalt 2023.
Nach dem Urteil müssen auch weitere Sondervermögen wie der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), aus dem die Energiepreisbremsen bezahlt werden, nun auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt werden. Deshalb ist der Nachtragshaushalt für 2023 nötig, für den die Schuldenbremse das vierte Jahr in Folge ausgesetzt werden soll.
Hebestreit sagte weiter, dass die massiv gestiegenen Energiepreise schon Grund für die Erklärung der Notlage zur Aussetzung der Schuldenbremse im vergangenen Jahr gewesen seien. 2023 sei bisher nicht erfolgt, weil die 2022 beschlossenen Mittel für die Energiepreisbremsen aus dem WSF zur Verfügung gestanden hätten. Nun habe das Verfassungsgericht aber klargestellt, dass Kredite für solche Maßnahmen immer in dem Jahr beschlossen werden müssten, in dem sie genutzt würden.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sprach in dem Zusammenhang von „unverzichtbaren“ und „existenziell wichtigen“ Projekten, damit „der Wirtschaftsstandort Deutschland in eine wettbewerbsfähige Zukunft geht“. Armin Willingmann (SPD), Energieminister von Sachsen-Anhalt, betonte, dass nicht bei einzelnen Vorhaben Abstriche gemacht werden könnten: „Ein Ranking zu stellen, schließt sich schlicht aus.“
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass 60 Milliarden Euro an ungenutzten Kreditermächtigungen für den Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht in den KTF verschoben werden durften. Die Finanzierung zahlreicher klima- und industriepolitischer Projekte – vom Aufbau eines Wasserstoffnetzes bis zu Subventionen zur Ansiedlung von Chip-Herstellern – steht nun auf der Kippe.
Die drei Minister betonten, dass beim Treffen der Wirtschafts- und Energieminister partei- und regionübergreifende Einigkeit geherrscht habe, dass diese Mittel anderswo aufgetrieben werden müssen. Sie riefen die Bundesregierung und den Bundestag auf, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Dazu, wie eine solche Lösung aussehen könnte, machten sie im Detail keine weiteren Angaben. Habeck und Willingmann sprachen sich offen dafür aus, für das laufende und auch das kommende Jahr eine wirtschaftliche Notlage zu erklären, um die Schuldenbremse auszusetzen. An dieser Stelle gebe es unterschiedliche Auffassungen unter den Parteien, sagte Willingmann.
Auch Aiwanger schloss eine Finanzierung über neue Schulden nicht aus. „Man wird dann diskutieren, ob man die Schuldenbremse anfasst, ob man Abstriche bei anderen Projekten macht, ob man sich neue Finanzierungsmöglichkeiten einfallen lässt. Whatever“, sagte der Bayer. „Aber auf alle Fälle müssen unsere wirtschaftspolitischen Projekte ins Ziel geführt werden.“