Friday, January 3, 2025
Koalition in Österreich – SPÖ bereit für Gespräche über Große Koalition
Koalition in Österreich – SPÖ bereit für Gespräche über Große Koalition
RP ONLINE • 7 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Wien. In Österreich ist der Versuch der Bildung einer Dreier-Koalition gescheitert. Die liberalen Neos haben ihren Ausstieg aus den Koalitionsgesprächen mit ÖVP und SPÖ verkündet.
NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger spricht bei einem Pressestatements zu den Koalitionsverhandlungen in Wien.
In Österreich ist der Versuch der Bildung einer Dreier-Koalition gescheitert. Die liberalen Neos verkündeten am Vormittag ihren Ausstieg aus den wochenlangen Koalitionsgesprächen mit der konservativen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ.
Es sei gerade in den vergangenen Tagen zu spüren gewesen, dass trotz vieler Anstöße durch die Liberalen nicht der dringend notwendige Reformwille aufkomme, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Statt einer großen gemeinsamen Vision für das Land sei eher ein Denken nur bis zum nächsten Wahltermin aufgekommen.
Seit Mitte November hatten ÖVP, SPÖ und die Neos über ein Regierungsbündnis verhandelt. Es solche Koalition aus drei Parteien wäre eine Premiere in Österreich gewesen.
Die Gespräche waren auch ein Versuch, den klaren Wahlsieger, die rechte FPÖ, von der Macht fernzuhalten. Zwar hätten auch ÖVP und SPÖ eine Mehrheit, aber nur von einer Stimme.
Ende September hatte die rechte FPÖ die Parlamentswahl gewonnen. Da jedoch niemand mit der Partei zusammenarbeiten wollte, wurde über eine sogenannte „Zuckerl-Koalition“ verhandelt. Diese Bonbon-Bezeichnung stammt von den Parteifarben türkis (ÖVP), rot (SPÖ) und pink (Neos).
Knackpunkt der Verhandlungen war stets die Planung eines neuen Haushalts. Österreich steckt in einer Wirtschaftskrise und muss gleichzeitig streng sparen, um die EU-Kriterien für finanzielle Stabilität zu erfüllen. Die Balance zwischen einem Sparkurs und Maßnahmen, die die Wirtschaft ankurbeln, gilt als Hauptaufgabe einer neuen Regierung.
„Rückwärtsgewandte Kräfte in der SPÖ“
Aus Sicht der ÖVP hat die SPÖ die Hauptverantwortung für die Entwicklung. „Das Verhalten von Teilen der SPÖ hat zur aktuellen Situation geführt. Während sich Teile der Sozialdemokratie konstruktiv eingebracht haben, haben in den letzten Tagen die rückwärtsgewandten Kräfte in der SPÖ überhandgenommen“, schrieb ÖVP-Generalsekretär Christina Stocker.
Wie es nun weitergeht, ist unklar. ÖVP und SPÖ könnten auf ihre Mehrheit von nur einer Stimme setzen - oder es kommt zu einer Neuwahl. Dabei könnten die Rechtspopulisten auf einen fulminanten Sieg hoffen. Letzte Umfragen signalisierten ein weiteres großes Stimmen-Plus im Vergleich zur Nationalratswahl. Danach könnte die FPÖ mit bis zu 40 Prozent rechnen.
Nach dem Platzen der Koalitionsgespräche bleiben laut der Nachrichtenagentur APA nun neben der Option einer Neuwahl mehrere Koalitionsszenarien. Zweier-Varianten gelten allerdings als unwahrscheinlich - und sowohl die ÖVP als auch die SPÖ lehnen bisher eine Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen FPÖ ab. Eine klassische „große Koalition“ aus SPÖ und ÖVP käme nur auf eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme oder 92 Mandanten in dem 183 Sitze zählenden Nationalrat. Auf eine derart wenig abgesicherte Zusammenarbeit lassen sich die Parteien laut APA wegen möglicher Abweichler jedoch in der Regel nicht ein.
Rechnerisch möglich wäre APA zufolge allerdings eine andere Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Grünen. Diese käme auf eine stabilere Mehrheit von 108 Sitzen. Das nach dem Ausstieg der Neos geplatzte Dreierbündnis aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen wäre auf 110 Mandate gekommen.
Vergleichsweise langwierige Koalitionsverhandlungen sind in Österreich keine Seltenheit: Bei vergangenen Wahlen hatte es durchschnittlich 62 Tage gedauert, um eine Regierung zu bilden.