Friday, January 31, 2025

Protest gegen Friedrich Merz: Die letzten großen Merkel-Anhänger der Berliner CDU treten ab

Berliner Zeitung Protest gegen Friedrich Merz: Die letzten großen Merkel-Anhänger der Berliner CDU treten ab Elmar Schütze • 18 Std. • 3 Minuten Lesezeit Das Ende war still: Monika Grütters, acht Jahre lang Kulturstaatsministerin unter Angela Merkel, blieb am Mittwoch der Abstimmung über den von der AfD unterstützten Fünf-Punkte-Plan von Friedrich Merz zur Verschärfung der Migrationspolitik fern. Sie enthielt sich nicht, sondern ging einfach gar nicht hin. Anschließend sagte sie Journalisten, sie sei vom Vorgehen von Friedrich Merz schockiert: „Ich ertrage diese Nähe zur AfD nicht. Für mich ist eine rote Linie überschritten.“ Viele Jahre galt Monika Grütters als bürgerliches Aushängeschild einer manchmal doch ziemich kleinbürgerlich anmutenden Berliner CDU. Doch irgendwann war es nur noch ein Mythos, von dem sie zehrte. Als vor sechs Jahren jedenfalls der damals noch als explizit konservativ gelesene Kai Wegner kam, um sie vom Berliner Landesvorsitz zu stürzen, war Grütters schon ein leichtes Opfer. Natürlich hatte das auch mit dem Zeitgeist und der daraus resultierenden Stimmung in der CDU zu tun. Angela Merkels Kurs hatte die CDU in die Sackgasse geführt, die Stimmung in der Partei kippte. Und damit auch ihre Mitstreiter. Am Ende scheiterte Merkel-Fan Grütters in Berlin aber auch an sich selbst. Nie wurde sie den Ruf los, sie führe als Kulturstaatsministerin lieber kluge Debatten oder eröffne Ausstellungen, als sich mit den Niederungen der Partei in der Stadt zu beschäftigen. Da, wo es auch mal knallt, raucht und stinkt. Nach seinem Putsch machte Wegner sie noch zur Berliner Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl, danach stand Monika Grütters auf dem Abstellgleis. Als einfache Abgeordnete ohne Regierungsamt war sie zuletzt kaum mehr zu vernehmen. Jetzt, nach zwei Jahrzehnten im Hohen Haus, ist jetzt Schluss. Und nun, Berliner CDU? Die letzten Merkelianer beziehungsweise Gefolgsleute von Monika Grütters haben sich entweder mit Kai Wegner arrangiert, oder sie haben nicht mehr viel zu sagen. Zu den obersten Arrangeuren gehört Stefan Evers, Generalsekretär der CDU schon unter Grütters. Es war ein kluger Schachzug Wegners, nach seinem Putsch den Unterstützer seiner Vorgängerin nicht zu entmachten, sondern ihn im Amt zu belassen. Ganz nahe an seiner Seite. Jetzt sitzen beide Seite an Seite dem Berliner Senat vor – der eine als Chef, der andere als sein Vize und Finanzsenator. So wie Monika Grütters handelte am Mittwoch Thomas Heilmann. Auch der frühere Justizminister stimmte über Merz' Plan nicht ab. Tat er das wegen des Inhalts? Weil die Mehrheit nur mit der AfD zu bekommen war? Warum hat er sich nicht enthalten? Warum hat er nicht dagegengestimmt? All dies muss offen bleiben. Heilmann „möchte sich jeder medialen Äußerung enthalten“, sagt eine Sprecherin. Das Lob von Berlins Grünen-Chefin Nina Stahr für sein Verhalten wird er vernommen haben. So enden auch Thomas Heilmanns letzte Tage nach zwei Wahlperioden im Abgeordnetenhaus eher kleinlaut. Und damit nun wirklich völlig anders, als man es von Heilmann stets gewohnt war. Dessen wohl größter Coup im Bundestag war es, als er das Heizungsgesetz per einstweiliger Verfügung stoppte, weil die Abgeordneten nicht genug Zeit hatten, es durchzuarbeiten. Am Ende kam das Gesetz bekanntlich doch durch und gilt bis heute als ein Sargnagel für die damals noch leidlich funktionierende Ampel. Dem nächsten Bundestag wird Heilmann nicht mehr angehören. Sein Kreisverband Steglitz-Zehlendorf stellte ihn nicht mehr auf. Dass er sich fast schon Don-Quijote-mäßig auf den völlig chancenlosen Platz 11 der Berliner Landesliste wählen ließ, markiert ein fast schon bizarres Ende einer politischen Karriere. Die übrigen drei Berliner CDU-Abgeordneten haben am Mittwoch für Merz' Plan gestimmt. Jan-Marco Luczak und Ottilie Klein zeigten sich dabei komplett auf Linie. Doch auch der Dritte im Bunde, Mario Czaja, stimmte mit Ja. Dabei hat Merz ihn einst als Generalsekretär der Bundes-CDU entlassen. Und Czaja kann auch Nein zu Merz sagen. So ist der Mann aus Marzahn-Hellersdorf einer von nur drei Unions-Abgeordneten, der sich gegen Merz stellten, als dieser forderte, die Bundesregierung solle der Ukraine den Marschflugkörper Taurus liefern. Doch was hat Mario Czaja mit Angela Merkel zu tun? Lange hat der Ost-Berliner sie verteidigt, als es um Merkels Anteil an Russlands Krieg gegen die Ukraine ging. Doch längst sagt auch Czaja: „Während der Kanzlerschaft von Frau Merkel ist im Osten viel Vertrauen verloren gegangen.“ Die Berliner CDU hatte das Vertrauen in Merkel schon vorher verloren.