Sunday, July 7, 2024

Frankreich-Wahl: Linke feiern in den Straßen, Rechte drohen mit Störaktionen

Berliner Zeitung Frankreich-Wahl: Linke feiern in den Straßen, Rechte drohen mit Störaktionen Raphael Schmeller • 3 Std. • 2 Minuten Lesezeit Tausende Anhänger des Nouveau Front Populaire versammeln sich auf der Pariser Place de la République. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses haben sich in ganz Frankreich Anhänger des siegreichen Linksbündnisses Nouveau Front Populaire (NFP) versammelt. Auf dem Pariser Place de la République versammelten sich mehrere tausend Menschen, wie Bilder französischer Nachrichtensender zeigen. Im Internet kursieren derweil Aufrufe rechtsextremer Gruppen, die Demonstrationen gewaltsam anzugreifen. Aus Angst vor solchen Ausschreitungen sind landesweit 30.000 Polizisten und Gendarmen im Einsatz, davon 5000 in Paris und seinen Vororten. Auf der berühmten Pariser Einkaufsmeile Champs-Elysées wurden nach Angaben des Senders Franceinfo bereits mehrere Geschäfte in Erwartung von Ausschreitungen verbarrikadiert. Beim Rassemblement National (RN) war die Enttäuschung nach Bekanntgabe der Ergebnisse groß. Parteichef Jordan Bardella erklärte, Frankreich werde nun „in die Arme der extremen Linken von Jean-Luc Mélenchon geworfen“. In einem RN-Lokal in Hénin-Beaumont im Norden, einer Hochburg der Rechten, saß der Schock tief. Als das Ergebnis auf dem Bildschirm erschien, brachen einige RN-Anhänger in Tränen aus, andere fluchten lautstark in Richtung Bildschirm. Ganz anders die Stimmung beim NFP. In der Parteizentrale von La France insoumise in Paris trat Jean-Luc Mélenchon vor einer jubelnden Menge ans Fenster und reckte sichtlich bewegt die Faust. Premierminister Gabriel Attal wirkte erleichtert und enttäuscht zugleich, als er gegen 21.30 Uhr vor die Kameras trat. Er betonte, dass es nicht seine Entscheidung gewesen sei, die Nationalversammlung aufzulösen, aber er sei nun froh, dass weder Le Pen noch Mélenchon eine absolute Mehrheit im Parlament hätten. Er werde am Montagmorgen seinen Rücktritt bei Macron einreichen. Auch einige Fußballspieler der französischen Nationalmannschaft reagierten auf das Wahlergebnis. So schrieb der Mittelfeldspieler von Real Madrid, Aurélien Tchouameni, auf X: „Der Sieg des Volkes.“ Jules Koundé vom FC Barcelona erklärte ebenfalls auf X: „Die Erleichterung ist so groß (...) Glückwunsch an alle Franzosen, die sich mobilisiert haben, damit dieses schöne Land Frankreich nicht von der extremen Rechten regiert wird.“ Zahlreiche Spieler der Équipe Tricolore – darunter Kylian Mbappé oder Marcus Thuram – hatten in den vergangenen Tagen dazu aufgerufen, gegen die RN zu stimmen. Zu Ausschreitungen kam es bislang nicht. Ob das auch in der Nacht zum Montag so bleibt, ist fraglich. Die Stimmung in Frankreich ist derzeit äußerst angespannt. In den vergangenen vier Wochen wurden zahlreiche Politiker an Wahlkampfständen angegriffen. Seit dem 9. Juni und dem Sieg des RN bei den Europawahlen hat auch die rassistische Gewalt drastisch zugenommen. Die Zeitung Mediapart, die eine Liste solcher Gewalttaten erstellt hat, spricht von „mehr als einer rassistischen Gewalttat pro Tag“ seit den Europawahlen. Auch die Organisation SOS Racisme, die Ligue internationale Contre le Racisme et l'Antisémitisme (LICRA) und die Ligue française des droits de l'homme sprachen in den vergangenen Tagen von „besorgniserregenden“ Entwicklungen nach dem Wahlerfolg der RN und forderten die Regierung zum Handeln auf. Präsident Emmanuel Macron selbst hatte vor zwei Wochen vor einem „Bürgerkrieg“ in Frankreich gewarnt. Sowohl der RN als auch die Linkspartei La France insoumise (LFI) würden ins Chaos führen. Auf der einen Seite spalte der RN die Gesellschaft in Sicherheitsfragen, indem er die Menschen entweder einer Religion oder einer Herkunft zuordne. Auf der anderen Seite propagiere La France insoumise eine „Form des Kommunitarismus“. Beides führe „zum Bürgerkrieg“, so Macron.