Thursday, July 25, 2024
Trump nennt sie „Laffin Kamala“ - Kamala Harris - die Rhetorik der Freude von einer knallharten Juristin
FOCUS online
Trump nennt sie „Laffin Kamala“ - Kamala Harris - die Rhetorik der Freude von einer knallharten Juristin
Michael Ehlers • 53 Mio. • 4 Minuten Lesezeit
Kamala Harris lacht bei einer Wahlkampf-Rede in Indianapolis
Obwohl Kamala Harris erst noch als Herausforderin von Donald Trump bestätigt werden muss, hat dieser sie schon als gefährlichste Gegnerin ins Visier genommen. Das zeigt sich auch darin, dass er ihr einen seiner berühmt-berüchtigten Spitznamen gegeben hat.
Nach seinen Hits „Crooked Hillary“ und „Sleepy Joe Biden“ schießt sich der Ex-Präsident jetzt auf „Laffin Kamala“ – lachende Kamala – ein.
Die „Trump-Taufe“ zeigt zum einen, wie ernst er die vermeintliche Herausforderin nimmt und zum zweiten, wie altbacken der 78 Jahre alte Ex-Präsident angesichts einer Politikerin einer neuen Generation rüberkommt. Gerade im Vergleich mit der feinen Klinge, die Harris führt, wirkt Trumps immer abwertender Holzhammer-„Humor“, nur noch peinlich und platt.
Die Situation erinnert an das Klischee eines Familienfests: Opa hat einen Witz mit dem N-Wort erzählt und alle waren peinlich berührt. In Fall Harris fragt sich die Welt, was an einem herzhaften Lachen, für das sie schon im letzten Wahlkampf verspottet wurde, so peinlich sein soll.
Ich war nie ein Fan von Kamala Harris, zu blass, zu beliebig, zu sehr wirkte sie auf mich wie ein bewusst installierter Gegenentwurf zum alten weißen Mann, Joe Biden. Aber eines muss man ihr lassen: Sie hat ihren Job gemacht und gewartet, bis ihre Chance kam. Und sie hat zugegriffen. Die Harvard-Absolventin und ehemalige Staatsanwältin auf ihr herzerfrischendes oder – je nach Sichtweise – irritierendes Lachen zu reduzieren ist ein Fehler, zumal Harris die Nation bereits in der „Drew Barrymore Show“, wissen ließ, dass ihr Lachen von ihrer Mutter stamme und sie unter Frauen aufgewachsen sei, die alle herzhaft lachen. Sie würde niemals versuchen, ihr Lachen zu unterdrücken.
Knallharte Rednerin
Harris ist eine knallharte Rednerin und trainierte Rhetorikerin, die weiß wie man Schlachten gewinnt. 2003 kandidierte sie für den Posten der Bezirksstaatsanwältin in San Francisco gegen Amtsinhaber Terence Hallinan, der sich selbst als „America’s most progressive district attorney“ verkaufte. Ihre Botschaft voller feinen Humors lautete: „We’re progressive, like Terence Hallinan, but we’re competent like Terence Hallinan is not.“
Außerdem verweigerte sie sich der Schlammschlacht, ohne die in den USA offenbar keine Wahl ablaufen kann. „Ich möchte Ihnen versprechen, dass es in meinem Wahlkampf nicht um negative Angriffe gehen wird. Ich glaube, wir müssen über die Themen und die Politik sprechen und darüber, wie wir unser Strafrechtssystem voranbringen wollen.“ Sie wurde in einer Stichwahl mit 56,5 Prozent der Stimmen gewählt. Mit ihrem Sieg wurde sie die erste schwarze Frau in Kalifornien, die zur Bezirksstaatsanwältin gewählt wurde.
Kamala Harris' Rhetorik zeichnet sich durch eine Mischung aus Führungsstärke und Einfühlungsvermögen aus. In öffentlichen Auftritten und Reden von Harris findet sich oft ein Ansatz, der sowohl entschlossen als auch inklusiv ist. Sie kann aber auch scharf schießen: 2017 drängte sie in einer Befragung den ehemaligen Generalstaatsanwalts Jeff Sessions so konsequent in die Ringecke, dass dieser nach nur dreieinhalb Minuten verzweifelt um Gnade bat: „Ich kann nicht so schnell! Das macht mich nervös.“ Die Videos davon gingen viral.
Gut trainierte Körpersprache
Die Klarheit ihrer Aussagen wird unterstrichen durch eine gut trainierte Körpersprache. Harris setzt ihren Körper ein, um ihre Führungsqualitäten zu demonstrieren. Sie steht aufrecht und fest auf dem Boden, was ihr eine unmittelbare Präsenz verleiht. Sie hat einen Standpunkt und ist bereit, ihn zu verteidigen. Notfalls auch polemisch und mit hintergründigem Humor. Wenn sie spricht, ist ihr Tempo angemessen, sie scheut sich nicht, Stille und Pausen zu nutzen, was Selbstvertrauen und Überzeugung vermittelt. Sie setzt eine sehr lebendige Gestik ein und lässt Trump im Vergleich noch älter aussehen.
Wie im Brennglas zeigen sich ihre rhetorischen Fähigkeiten bei ihrem ersten großen Wahlkampfauftritt in Wisconsin, wo sie in einer 17-minütigen Rede den republikanischen Kandidaten scharf angegriffen hat. Wieder zog sie die Parallele zwischen den Typen, mit denen Sie es als Staatsanwältin zu tun hatte und dem ehemaligen Präsidenten: „Als Staatsanwältin hatte ich mit Verbrechern aller Art zu tun mit Triebtätern die Frauen missbrauchen mit Betrügern die Verbraucher abzocken und mit Schwindlern die die Regeln brechen zu ihrem Vorteil also das eine kann ich euch sagen ich kenne solche Typen wie Donald Trump.“ Sie hat diese Parallele nicht zum ersten Mal eingesetzt und weiß, wie sie wirkt: Stark!
Wer zuletzt lacht, lacht am besten
Die Frage bleibt, wofür sich Amerika entscheidet. Auf der einen Seite eine moderne, eloquente und sprachlich elegante Rhetorik. Auf der anderen Seite permanente Wiederholungen, erwiesene Lügen und Holzhammer-Methoden. Harris hat die Entscheidung so beschrieben. Die Amerikaner hätten die Wahl, in was für einem Land sie leben wollten: In einem Land der Freiheit, des Mitgefühls und der Rechtsstaatlichkeit oder in einem Land, der Angst, des Chaos und des Hasses? Dass Trump gegen diese Frau mehr ins Feld führen muss als ihr Lachen, ist auch seinem Team bereits aufgefallen. Sie wechselten inzwischen zu „Lyin' Kamala" – „Lügen-Kamala“. Trump bleibt sich in seiner Plattheit also treu. Ob es reicht, ist ungewiss. Klar ist aber: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.