Tuesday, March 15, 2022

Russische Staatsjournalistin nach Protest verschwunden, Nawalny soll weitere 13 Jahre in Haft

Berliner Kurier Russische Staatsjournalistin nach Protest verschwunden, Nawalny soll weitere 13 Jahre in Haft BK/dpa - Vor 3 Std. Binnen Sekunden wurde Marina Owsjannikowa weltbekannt. Doch das hilft der Frau, die im russischen Fernsehen gegen den Ukraine-Krieg demonstrierte, offenkundig nichts: Seit ihrer Festnahme am Montagabend gibt es keinen Kontakt mehr zu der Redakteurin des Staatsfernsehens. Es war nicht die einzige Protestaktion in Russland gegen den Krieg, seit dessen Beginn schon mehr als 14.000 Menschen festgenommen worden sein soll. Einer zentralen Figur des Widerstands gegen Wladimir Putin, dem inhaftierten Alexej Nawalny, droht jetzt in einem weiteren Schauprozess eine lange Haftstrafe. Russische Staatsjournalistin nach Protest verschwunden, Nawalny soll weitere 13 Jahre in Haft Owsjannikowa war während der abendlichen Hauptnachrichtensendung „Wremja“ mit einem handgeschriebenen Plakat hinter die Moderatorin getreten. Auf Englisch stand oben „Kein Krieg“ und unten „Russen gegen den Krieg“, dazwischen auf Russisch „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen“. Sie rief außerdem mehrfach „Nein zum Krieg“, ehe die Regie einen Filmbeitrag einblendete. In Staatsmedien ist es untersagt, von „Krieg“ zu sprechen. Die russische Staatsführung nennt das Vorgehen eine „militärische Spezial-Operation“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der jüdische Wurzeln hat, bedankte sich bei Owsjannikowa. Sie wurde festgenommen, ihr drohen Geld- und schlimmstenfalls 15 Jahr Haftstrafe. Allerdings war bereits ein Video-Statement online, in dem sie Putins Krieg als Verbrechen bezeichnet und sich schäme, über den Sender Kreml-Propaganda verbreitet und zugelassen zu haben, „dass Russen in Zombies verwandelt wurden“. Sie schließt mit den Worten, Russland könne nicht alle Demonstranten einsperren. Während der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Owsjannikowa dankte, kritisiert der Kreml ihre Aktion gleichzeitig herablassend und beleidigt. „Was dieses Mädchen angeht, das ist Rowdytum“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge - das „Mädchen“ ist laut ihrem Facebook-Auftritt 44 Jahre alt und Mutter zweier Kinder. In sozialen Medien werden inzwischen groteske Szenen aus Russland verbreitet, wo der Machtapparat verzweifelt versucht, Proteste zu unterdrücken. Mehrmals wurden Menschen von der Polizei festgenommen, weil sie leere weiße Papiere hochhielten. In Moskau befragte ein Reporterteam Menschen auf einem Platz: Eine Frau zeigt ihnen ein winziges Pappschild, auf dem nur „Zwei Worte“ steht, was für die zwei Worte „Kein Krieg“ steht. Festgenommen, abgeführt. Vollends irre wird es danach, als eine Frau die Reporter fragt, ob sie nur Oppositionelle befragen. Die antworten, jeder könne ihnen seine Meinung sagen, doch als die Frau anhebt, für Putins Politik zu sprechen, wird auch sie abgeführt. Der Eindruck jedoch trügt, es gebe eine breite russische Ablehnung des Kriegs. Umfragen sehen eine Zwei-Drittel-Zustimmung für die Invasion, mit der angeblich ein „Nazi-Regime“ in der Ukraine beseitigt, die Ukrainer „befreit“ und ein „Völkermord“ beendet werden sollen. Weil die Aufregung um den Krieg die Aufmerksamkeit beherrscht, bereitet Putins Machtapparat vor, den Oppositionellen Alexej Nawalny dauerhaft hinter Gittern verschwinden zu lassen. In einem neuen Prozess hat die Staatsanwaltschaft 13 Jahre Gefängnis beantragt wegen angeblichen Betrugs. Nawalnys Team sprach von einem neuen Beweis für die Justizwillkür in Russland. „Wir haben gesagt, dass Putin Nawalny für immer im Gefängnis halten will“, sagte die Sprecherin des Oppositionellen, Kira Jarmysch.