Thursday, January 27, 2022

Sind Scholz und die Ampel schon überfordert?

RP ONLINE Sind Scholz und die Ampel schon überfordert? RP ONLINE - Gestern um 12:46 Berlin . Nach dem ersten Koalitionsgipfel macht die Ampel das, was sie auffallend gerne tut - schweigen. Nur sieben Wochen nach Regierungsübernahme wird das konfliktscheue Bündnis von der harten Realität eingeholt: Corona, Russland, Energiepreisexplosion. Mit einer Politik der ruhigen Hand wird Kanzler Scholz auf Dauer nicht weit kommen. Zur Premiere gab es gefüllte Paprika. Der Koch im Kanzleramt meinte es am Mittwochabend beim ersten Koalitionsgipfel gut mit den Spitzen von SPD, Grünen und FDP. Das Gemüse wurde in den Parteifarben Rot, Grün und Gelb serviert - was Anwesende zu dem Späßchen verleitete, man könne doch nun die Ampel- in eine Paprika-Koalition umbenennen. Jedenfalls soll es - nicht nur beim Essen - sehr harmonisch zugegangen sein. Die Runde versicherte sich selbstzufrieden, dass der Start der ersten Dreier-Regierung auf Bundesebene nach sieben Wochen im Großen und Ganzen geglückt sei. Ist das so? Steuert die Ampel in Wahrheit mit drei parallel stattfindenden Krisen Russland/Ukraine, Corona und Klimaschutz nicht schon in Richtung Überforderung? Das RKI und Gesundheitsminister Karl Lauterbach richteten mit dem über Nacht auf drei Monate verkürzten Genesenenstatus heilloses Chaos an. Das gilt ebenso für Wirtschaftsminister Robert Habeck. Ampel-Abgeordnete werden in ihren Wahlkreisen von erbosten und verunsicherten Häuslebauern überrannt, die um ihre fest eingeplante KfW-Klimaförderung bangen. Das sind handwerkliche Schnitzer, die passieren können, aber nicht sollten. Olaf Scholz hat letztlich für alles die Verantwortung. Als Devise seiner Kanzlerschaft gab er die Losung aus, er denke in Lösungen und nicht in Überschriften. Wie seine Vorgängerin Angela Merkel will er sparsam kommunizieren, nur wenige Interviews geben, keine Erwartungen erwecken, die nicht zu erfüllen seien. Als Hamburger Bürgermeister und Bundesfinanzminister fuhr Scholz mit dieser ergebnisorientierten Art viele Erfolge ein. Bei Corona gelingt ihm das bislang nicht. 30 Millionen Impfungen bis Monatsende? Wird nichts. Erstimpfquote 80 Prozent bis Ende Januar? Wird nichts. Allgemeine Impfpflicht ab Anfang März? Wird nichts. Außenpolitisch bewegt sich der Kanzler in Trippelschritten vorwärts. Aus dem Kanzleramt heißt es, Scholz arbeite Tag und Nacht, um einen drohenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine abzuwenden. Ja, das Normandie-Format lebt wieder auf. Anfang Februar will Scholz zu Biden nach Washington fliegen. Doch wer telefoniert an diesem Freitag mit Wladimir Putin, wer tritt als selbstbewusster Anführer Europas auf? Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Viele Bündnispartner in EU und Nato, insbesondere in Osteuropa, sind verwundert bis verärgert. Immerhin hat Scholz die Gas-Pipeline Nord Stream 2 mit auf den Tisch drohender Sanktionen gelegt. Bei Waffenhilfe für die Ukraine sieht es schon wieder anders aus. Tödliche Waffen, und sei es nur zur Verteidigung, sind für die SPD eine rote Linie. Stattdessen schickt Deutschland harte Devisen, ein Feldlazarett und nun 5000 Helme nach Kiew. Der Ex-Box-Weltmeister und heutige Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, spottete, ob die Bundesregierung als nächstes Kopfkissen schicken wolle. Niemand unterstellt der neuen Bundesregierung, sie liege auf der faulen Haut. Aber wenn Krieg mitten in Europa droht, Corona wütet und steigende Energiepreise ärmere Familien um den Schlaf bringt, sollte ein Kanzler häufiger ein paar Überschriften setzen, um zu erklären, warum es mit den Lösungen noch ein bisschen dauert.