Tuesday, March 15, 2022

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage dpa - Vor 1 Std. Drei EU-Regierungschefs sind inmitten des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zu einem Besuch in die umkämpfte Hauptstadt Kiew aufgebrochen. Gleichzeitig berichten beide Seiten in dem Konflikt von militärischen Erfolgen. Und in einer aufsehenerregenden Protestaktion unterbrach eine Frau mit einem Antikriegsplakat die Hauptnachrichtensendung des russischen Fernsehens. Entwicklungen im Überblick. Solidaritätsbesuch im Kriegsgebiet In Russland ist es Medien verboten, den russischen Einmarsch in die Ukraine als «Krieg» oder «Invasion» zu benennen - eine Frau tat in einer Nachrichtensendung genau das. Ein Zug mit den Ministerpräsidenten von Polen, Tschechien und Slowenien überquerte nach polnischen Angaben von Dienstagvormittag bereits die Grenze zur Ukraine. In Kiew sind Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Regierungschef Denys Schmyhal geplant. Ein russischer Luftangriff traf ein Wohnhaus im Viertel Obolon, nördlich des Stadtzentrums von Kiew. Ein russischer Luftangriff traf ein Wohnhaus im Viertel Obolon, nördlich des Stadtzentrums von Kiew. Die Entscheidung für die Visite sei schon beim EU-Gipfel vergangene Woche gefallen, sagte der polnische Regierungssprecher Piotr Müller. Die Delegation vertrete «de facto die Europäische Union, den Europäischen Rat». In Kiew werde die Delegation ein Signal der Unterstützung für den Freiheitskampf der Ukraine geben und ein Paket mit konkreter Unterstützung für die Ukraine vorlegen Ein großer Teil der Menschen, die aus der Ukraine fliehen, sind Frauen und Kinder. Auf die Frage, warum die EU-Spitze nicht selbst nach Kiew fahre, entgegnete Müller: «Dies ist eine schwierige Frage, aber es ist eine Frage der individuellen Entscheidungen jedes europäischen Spitzenpolitikers.» Experten hätten die Sicherheitslage gründlich analysiert und seien zu dem Schluss gekommen, dass «dieser Besuch einfach stattfinden muss». Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland fortgesetzt Ein Mädchen, das vor dem Krieg in der Ukraine geflohen ist, in einem polnischen Flüchtlingslager in Medika. Die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland über ein Ende des Kriegs sind nach Angaben aus Kiew weitergegangen. «Sie wurden bereits fortgesetzt», sagte der ukrainische Delegationsleiter David Arachamija der Zeitung «Ukrajinska Prawda». Weitere Angaben machte er nicht. Von russischer Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigung. Beide Seiten hatten sich gestern per Videoschalte zu ihrer vierten Verhandlungsrunde getroffen. Am Nachmittag hatte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak dann mitgeteilt, die Gespräche seien bis Dienstag für eine technische Pause unterbrochen worden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte der Agentur Interfax zufolge, bei den Verhandlungen gehe es darum, einen militärisch neutralen Status des Nachbarlandes zu sichern, «im Rahmen von Sicherheitsgarantien für alle Teilnehmer an diesem Prozess, im Rahmen der Entmilitarisierung der Ukraine». Russland will eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine verhindern und fordert deshalb die «Entmilitarisierung» des Landes, das sich zudem in seiner Verfassung für neutral erklären soll. Die Ukraine fordert ein Ende des Krieges und einen Abzug der russischen Truppen. Moskau verlangt, dass Kiew die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisches Territorium sowie die ostukrainischen Separatistengebiete als unabhängige Staaten anerkennt. Beide Seiten berichten von militärischen Erfolgen Ukrainische Truppen haben nach eigenen Angaben einen russischen Vorstoß in der umkämpften Hafenstadt Mariupol abgewehrt. Dabei seien etwa 150 Angreifer getötet sowie zwei Panzer und mehrere gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden, teilte der ukrainische Generalstab am Dienstagmorgen mit. Der russische Vormarsch stocke landesweit. Seit Kriegsbeginn seien mehr als 13.500 russische Soldaten getötet worden. Die russische Armee gab bekannt, dass sie das komplette Gebiet Cherson im Süden der Ukraine unter ihre Kontrolle gebracht habe. Dort leben rund eine Million Menschen. Bestätigt wurde die Besetzung von ukrainischer Seite zunächst nicht. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden. 2300 Zivilisten getötet in Mariupol Bei einem Angriff auf einen Fernsehturm starben nahe der nordwestukrainischen Großstadt Riwne nach ukrainischen Angaben 19 Menschen, neun wurden verletzt. In Mariupol kamen nach offiziellen Angaben seit Kriegsbeginn am 24. Februar mehr als 2300 Menschen ums Leben. Mariupol mit etwa 400.000 Einwohnern ist seit Tagen von russischen Einheiten umzingelt und vom Rest des Landes abgeschnitten. Von dort haben sich nach Behördenangaben Menschen in etwa 2000 Autos in Sicherheit gebracht. Die Fahrzeuge folgten der Route in die westlich gelegene Stadt Berdjansk und dann weiter in die zentralukrainische Großstadt Saporischschja, teilte der Stadtrat von Mariupol in seinem Telegram-Kanal mit. Weitere 2000 Autos warteten am Stadtrand. Wie viele Menschen mit den Fahrzeugen die Stadt am Asowschen Meer verlassen konnten, war zunächst unklar. Ob ein Konvoi mit Dutzenden Tonnen Hilfsgütern und leeren Bussen für eine Evakuierung das von russischen Truppen eingeschlossene Mariupol erreicht hat, blieb zunächst unklar. Bisher waren mehrere Evakuierungsversuche gescheitert. Am Montag war Menschen in rund 150 Privatautos die Flucht aus der Stadt gelungen. Kiew: Drei Journalisten in Ukraine getötet Insgesamt seien neun «humanitäre Korridore» eingerichtet worden. Die Schwerpunkte lagen nordöstlich der Hauptstadt Kiew sowie in den nordostukrainischen Gebieten Sumy und Charkiw. Nach Angaben der UN-Organisation für Migration (IOM) sind mehr als drei Millionen Menschen seit Kriegsbeginn aus der Ukraine geflohen. Unter den zivilen Opfern des Krieges sind auch drei Journalisten. Außer dem US-Journalisten Brent Renaud seien auch zwei ukrainische Reporter durch russischen Beschuss ums Leben gekommen, schrieb die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denisowa, bei Telegram. Wiktor Dudar sei in der Nähe der südukrainischen Großstadt Mykolajiw getötet worden, der Kameramann Jewhen Sakun durch einen Raketenangriff in Kiew. Darüber hinaus seien mehr als 30 Journalisten verletzt worden. «Die russischen Besatzer kämpfen gegen eine objektive Berichterstattung ihrer Kriegsverbrechen in der Ukraine, sie töten und beschießen Journalisten», behauptete Denisowa. Auch auf ausländische Reporter sei gezielt gefeuert worden. Dabei seien mehrere Journalisten verletzt worden, darunter ein Schweizer und zwei Dänen. Eine Crew des britischen Senders Sky News hatte selbst gefilmt, wie sie in Butscha nordwestlich von Kiew beschossen wurde. Dabei wurde Reporter Stuart Ramsey verletzt. Klitschko verhängt Ausgangssperre in Kiew Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hat für die ukrainische Hauptstadt eine Ausgangssperre von Dienstagabend bis Donnerstagfrüh verhängt. Die Einwohner dürften ihre Häuser nur verlassen, um sich in Schutzräumen und Bunkern in Sicherheit zu bringen. Russische Truppen versuchen, Kiew von mehreren Seiten einzukreisen. Kriegsgegnerin unterbricht Nachrichten in Russlands Staats-TV Mit einem Protestplakat und lauten Rufen unterbrach eine Mitarbeiterin des russischen Staatsfernsehens am Montagabend die Live-Übertragung der abendlichen Hauptnachrichtensendung. Die Redakteurin des Ersten Kanals, Marina Owsjannikowa, hielt ein Schild mit den Worten «Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen» hoch. Die Aktion löste weltweit eine Welle der Anerkennung aus. Der Kreml in Moskau verurteilte die Aktion. In einem vor der Aktion aufgenommenen und online verbreiteten Video sagt Owsjannikowa: «Das, was jetzt in der Ukraine geschieht, ist ein Verbrechen. Und Russland ist der Aggressor. Und die Verantwortung für diese Aggression liegt nur auf dem Gewissen eines Menschen - und dieser Mensch ist Wladimir Putin.» In Russland drohen hohe Strafen für angebliche Falschinformationen über die russischen Streitkräfte bis hin zu 15 Jahren Gefängnis. Es war auch am Tag nach dem Zwischenfall unklar, wo die Journalistin sich aufhielt. Anwälte hatten mitgeteilt, es fehle jeder Kontakt zu ihr.