Friday, January 24, 2025
Milliardenpleitier Benko in Haft
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Milliardenpleitier Benko in Haft
Michaela Seiser • 23 Std. • 4 Minuten Lesezeit
Der Gründer der insolventen Handels- und Immobiliengruppe Signa, Renè Benko, ist in Haft. Wie sein Anwalt Medienberichte am Donnerstag bestätigte, wurde er in seiner Villa in Innsbruck festgenommen. Gegen Benko wird unter anderem wegen Betruges und mehrerer Insolvenzdelikte ermittelt. Für Benko gilt die Unschuldsvermutung. Die Festnahme wurde vom Landesgericht für Strafsachen Wien bewilligt und von der Soko Signa des Bundeskriminalamts vollzogen. Als Haftgründe werden sowohl Tatbegehungsgefahr als auch Verdunkelungsgefahr angenommen. Vor allem soll Benko unter anderem faktischer Machthaber und wirtschaftlich Berechtigter der Laura Privatstiftung sein und dies im Rahmen seiner persönlichen Insolvenz verheimlicht haben. Damit habe er Vermögenswerte verschleiert und das in der Stiftung vorhandene Vermögen weiterhin dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen.
Das ergibt sich für die Staatsanwaltschaft aus Ergebnissen der intensiven Ermittlungen der vergangenen Monate. Telefonüberwachung, eine Auswertung des Nachrichtenverkehrs des Beschuldigten und Aussagen von Geschäftspartnern, Geschäftsführung und Mitarbeitern, die seitens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vernommen wurden, haben dies ergeben. Auch wird der Finanzjongleur verdächtigt, nachträglich eine Rechnung hergestellt und damit Beweismittel gefälscht haben, um drei hochpreisige Schusswaffen dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern zu entziehen.
Benko soll Gesellschafter der Signa Holding GmbH zu weiteren Investments im Rahmen einer Kapitalerhöhung in die Gesellschaft verleitet haben, dies unter dem Vorwand selbst durch die Familie Benko Privatstiftung ebenfalls Geld zuzuschießen. Dabei soll er die Investments der getäuschten Gesellschafter zum Teil durch Überweisungen über mehrere Unternehmen hinweg schlussendlich als seinen eigenen Beitrag zur Kapitalerhöhung ausgegeben haben. Im Zusammenhang mit dem Verdacht der Untreue soll die Signa Holding GmbH eine luxemburgische Beteiligungsgesellschaft samt der dazugehörigen Gardasee-Villa (Villa Eden Gardone) an die liechtensteinische INGBE Stiftung verkauft haben, dies jedoch ohne ausreichenden Gegenwert.
Im Zusammenhang mit dem Delikt betrügerischer Vermögensentzug soll Benko unter anderem faktischer Machthaber und wirtschaftlich Berechtigter der Laura Privatstiftung sein und dies im Rahmen seiner Insolvenz als Einzelunternehmer verheimlicht haben. Er habe damit Vermögenswerte verschleiert und das in der Stiftung vorhandene Vermögen weiterhin dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen. Dabei wurden den Angaben zufolge Vermögenswerte, wie hochpreisige Waffen, Uhren verborgen oder wurden ohne angemessene Gegenleistung veräußert und dadurch die Befriedigung von Gläubigern verhindert oder geschmälert haben.
Vor kurzem hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auch einen weiteren Kooperationsschritt im Signa-Verfahrenskomplex gesetzt: Die WKStA hat ein Joint-Investigation-Team (JIT) mit den Staatsanwaltschaften Berlin und München I gebildet. Dadurch ist es möglich, im Verfahrenskomplex unbürokratischer und effizienter grenzüberschreitend zu ermitteln.
Außerdem wurden die Ermittlungen nun auch auf einen neuen Verfahrensstrang ausgedehnt: Benko und ein weiterer Beschuldigter sollen Verantwortliche eines ausländischen Staatsfonds veranlasst haben, mittels Anleihen in das Immobilien-Projekt Franz am Bahnhofsplatz München zu investieren. Tatsächlich soll der Anleiheerlös nicht zur Gänze in das vereinbarte Projekt investiert, sondern ein Großteil des Geldes zweckwidrig verwendet worden sein.
Schon im Dezember war im Dezember ein Haftbefehl durch die Staatsanwaltschaft Trient in Italien gegen den Tiroler erlassen worden, der jedoch laut Landesgericht Innsbruck abgelehnt wurde; eine Übergabe wurde für unzulässig erklärt. In Italien laufen Ermittlungen gegen insgesamt 77 Personen.
Nach Angaben der WKStA war indes noch nicht klar, ob überhaupt ein Antrag auf Untersuchungshaft gestellt wird. Benko habe nun die Gelegenheit auszusagen und die "Festnahmegründe zu entkräften", sagte René Ruprecht zur Austria Presseagentur. Sollte ihm dies gelingen, werde er auf freien Fuß gesetzt. Andernfalls kann die WKStA innerhalb von 48 Stunden einen Antrag auf U-Haft stellen. Über diesen Antrag kann ein Haft- und Rechtsschutzrichter - in diesem Fall vom Landesgericht Wien - wiederum innerhalb von 48 Stunden entscheiden. Wohin Benko nach seiner Festnahme gebracht worden war, war indes nicht bekannt. Nachdem ein Antrag auf Untersuchungshaft gestellt wurde, werden die Betroffenen jedoch üblicherweise in die Justizanstalt Innsbruck überstellt.
Die Signa Holding, die Dachgesellschaft von Benkos Immobilienimperium, hatte im November 2023 Insolvenz angemeldet und damit den größten Zusammenbruch in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte ausgelöst. Benko selbst beantragte im März 2024 Privatinsolvenz. Neben den Ermittlungen in Österreich und Italien laufen Untersuchungen auch in Deutschland und Liechtenstein. Sein Konglomerat bestand aus weit mehr als tausend Einzelgesellschaften im In- und Ausland. In Wien wurde vom Fußabstreifer bis zum Mistkübel alles aus den Büros öffentlich versteigert, denn es musste Geld her. Benko war über Monate öffentlich unsichtbar. Offiziell galt Rene Benko als nahezu mittellos, doch sein Lebensstil blieb weitgehend unverändert. Der Zahlungsunfähige wurde von seiner Mutter unterstützt, die zum Ärger des Masseverwalters ihre Rechte an einer Privatstiftung behielt, in der große Vermögenswerte vermutet werden.
Für die zahlreichen laufenden Insolvenzverfahren wird es Folgen geben, wobei wesentliche Gesellschaften inzwischen im Konkurs sind. „Selbstverständlich hat jeder Schritt und jede Maßnahme der Staatsanwaltschaft Auswirkungen auf die weiteren Verfahren. Welche das sind, können wir aber derzeit seriöserweise nicht einschätzen“, sagt der Masseverwalter im Insolvenzverfahren von Benko als Unternehmer, Andreas Grabenweger, der F.A.Z.