Wednesday, January 29, 2025
Linke-Politikerin Akbulut berichtet von rassistischem Angriff – doch Zeugen sehen sie als Aggressor
Berliner Zeitung
Linke-Politikerin Akbulut berichtet von rassistischem Angriff – doch Zeugen sehen sie als Aggressor
Alice v. Lenthe • 14 Std. • 2 Minuten Lesezeit
Die Linke-Politikerin Akbulut hat Anzeige erstattet. Doch stimmt ihre Version der Geschichte?
Gökay Akbulut, die seit 2017 für die Linke im Bundestag sitzt, berichtete am Sonntag von einem Übergriff gegen sie. Dieser soll sich am Vorabend in einem Zug der Deutschen Bahn ereignet haben. Auf ihrem Instagram-Kanal schildert die Abgeordnete, auf einer Fahrt von Heidelberg nach Stuttgart von Fans des Fußballvereins VfB-Stuttgart rassistisch beleidigt, körperlich angegriffen und sexuell belästigt worden zu sein.
Mittlerweile schildern Zeugen, die im Zug waren, den Vorfall aber anders. Die Frage lautet nun: Von wem ging zuerst Gewalt aus?
Akbulut musste sich eigenen Angaben zufolge den Weg durch den überfüllten Zug bahnen, in dem sich auch zahlreiche männliche Fußballfans befanden. Dabei sei sie sexuell belästigt und rassistisch beleidigt worden. Als eine Gruppe von Männern lautstark AfD-Parolen skandiert habe, begann sie nach eigenen Angaben, diese zu fotografieren und zu filmen. Daraufhin habe ein Mann ihr eine Bierflasche gegen den Kopf geworfen. Akbuluts Kreisverband der Linken in Mannheim teilte mit, die Polizei habe sich noch im Zug um Akbulut gekümmert. Die Politikerin sei anschließend im Krankenhaus behandelt worden. Es gehe ihr den Umständen entsprechend gut, sie habe Anzeige erstattet.
Neben der Beschreibung des Vorfalls veröffentlichte die Politikerin auch ein Foto ihres Gesichts. Zu sehen ist eine Schramme auf ihrer Stirn. Dazu postete sie ein Bild eines Mannes im Zug, der der Kamera seinen Mittelfinger entgegenstreckt. „Als der Zug in den Stuttgarter Bahnhof einfuhr, wollte ich nur noch schnell raus. Ich stand unter Schock, schrie und rief nach der Polizei“, heißt es in Akbuluts Beitrag.
Neben der Schilderung des Vorfalls mahnt Akbulut auf Instagram: „Eine aufgeheizte gesellschaftliche Stimmung, in der Migration als das Übel aller Dinge dargestellt wird, macht solche Angriffe auf Menschen mit Migrationsgeschichte erst möglich.“ Sie fordere die Mitglieder der „demokratischen Parteien“ und insbesondere die Union auf, ihren „Tonfall zu mäßigen“. Anstatt Forderungen der politischen Rechten zu übernehmen, brauche es klare Kante gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Im vergangenen Jahr stiegen die politisch motivierten Straftaten aus dem rechten Spektrum auf einen neuen Rekordwert.
Der VfB-Stuttgart verurteilte den Angriff auf Akbulut am Montag über Instagram und distanzierte sich davon. Der Verein kündigte an, die Ermittlungen gegen den Täter vollumfänglich zu unterstützen.
Doch es gibt eine andere Version der Ereignisse vom vergangenen Samstag. Wie die Stuttgarter Zeitung berichtet, beschreiben Zeugen, die ebenfalls im Zug waren, die Situation sei weniger einseitig verlaufen als von Akbulut geschildert. Demnach sei die 42-Jährige selbst aggressiv aufgetreten. Sie habe Mitreisende beleidigt und sei infolgedessen rassistisch und sexistisch beleidigt worden. Zwei Zeugen zufolge war es Akbulut, die eine kleine Weinflasche warf und dann selbst mit einem Gegenstand beworfen wurde, der sie am Kopf traf.
Akbulut bleibt bei ihrer Beschreibung der Geschehnisse. Der Deutschen Presse-Agentur sagte sie: „Was ich erlebt habe, habe ich bereits ausführlich geschildert. Nun gilt es, die Ermittlungen der Behörden abzuwarten.“ Diese dauern an. Die Staatsanwaltschaft wollte sich Medien zufolge bisher nicht zu dem Bericht der Stuttgarter Zeitung äußern.