Saturday, January 4, 2025

ARD-Serie „Levi Strauss und der Stoff der Träume“: Jeans sind fränkisch

Frankfurter Allgemeine Zeitung ARD-Serie „Levi Strauss und der Stoff der Träume“: Jeans sind fränkisch Andrea Diener • 2 Tage • 2 Minuten Lesezeit Was für ein, nun ja: Stoff. Ein jüdischer Kurzwarenhändler aus dem Fränkischen und ein lettischer Schneider erfinden eine Hose, von der noch 150 Jahre nach ihrer Patentierung zurzeit weltweit rund zwei Milliarden pro Jahr verkauft werden. Kaum ein Mensch auf der Welt besitzt keine Jeans, der man ihre Herkunft als stabile Arbeitshose mitunter vor lauter Glitzer und kunstvoll arrangierter Fetzen kaum noch ansieht. Eine der bekanntesten Marken heißt noch heute so wie ihr Erfinder: Levi’s. Levi Strauss (Vincent Redetzki) und seine Schwester Fanny (Amy Benkenstein) stammen aus Buttenheim bei Bamberg und bringen die Familie mehr schlecht als recht mit Kurzwaren durch. Als Juden bleiben sie Außenseiter in der ländlichen Gegend. Die beiden älteren Halbgeschwister sind bereits nach Amerika ausgewandert, doch der Vater hängt an der fränkischen Provinz, die ihm nach seiner Flucht aus Riga eine Heimat geworden war. Nach seinem Tod machen sich Mutter, Sohn und Tochter schließlich doch auf den Weg, überqueren den Atlantik und werden in New York von den beiden Brüdern, inzwischen erfolgreiche Geschäftsinhaber, empfangen. Das gemeinsame Hosengeschäft Doch das große Geschäft wird im Wilden Westen gemacht, in der Gegend um San Francisco, wo der Goldrausch in vollem Schwung ist. Hier baut Levi, der aus dem Schatten der großen Brüder treten will, eine eigene Filiale auf. Natürlich gibt es ein paar Hindernisse, zuvörderst Ärger mit einem äußerst fiesen Schutzgelderpresser, dann eine sehr zart angedeutete Zuneigung zu dem Redakteur einer lokalen Zeitung. Hier im Westen verdient auch Jacob Davis (Anton von Lucke) sein Geld als Erfinder und Schneider, er flickt Arbeitshosen und Zelte und bringt seine Familie mehr schlecht als recht durch. Schließlich kommt ihm die geniale Idee, die das Konzept „Hose“ revolutioniert: Statt dünnem Baumwollstoff verwendet er festeren Zeltstoff, genannt Denim, die Kanten befestigt er mit stabilen Nieten. Weil der Absatz seine Kapazitäten übersteigt, sucht er sich einen Partner. Und den findet er, nach reichlich Irrungen und Wirrungen, schließlich in Levi Strauss. Der kommt schließlich auf die Idee mit der blauen Färbung, die die Jeans zu dem macht, was sie ist. Hübsch anzusehen ist die Serie, wenn man verkraften kann, dass New York ein wenig aussieht wie Innsbruck, die Sierra Nevada irgendwie alpin anmutet und dass in San Francisco eine ausgewachsene italienische Barockkirche am Ende der Straße steht, die als feiner „Cosmopolitan Club“ fungieren muss, in den Levi zuerst nicht eingelassen wird. Kein Wunder, denn gedreht wurde unter der Regie von Neele Leana Vollmar in Südtirol und im Piemont rund um Turin. Zu viel erwarten sollte man allerdings auch nicht, wenn sich die ARD-eigene Degeto Film eines Stoffes annimmt. Natürlich sind die Dialoge hölzern, und natürlich verstirbt unweigerlich jeder, der im Lauf des Films ein wenig hüstelt, demnächst an Tuberkulose. Aber Vincent Redetzki übertreibt es mit der Darstellung seines zugeknöpften Levi an keiner Stelle und gibt der Sache einen stabilen Mittelpunkt. Und Oberitalien ist ja auch einfach sehr dekorativ, ob als New York, als San Francisco oder als Wilder Westen samt Goldrausch. Levi Strauss und der Stoff der Träume startet am Freitag um 20.15 Uhr im Ersten und läuft in der ARD-Mediathek.