Wednesday, January 29, 2025

348:344 bei Asyl-Abstimmung - Ergebnis jetzt einsehbar: Eine einzige CDU-Frau stimmte gegen Merz-Antrag

FOCUS online 348:344 bei Asyl-Abstimmung - Ergebnis jetzt einsehbar: Eine einzige CDU-Frau stimmte gegen Merz-Antrag Artikel von dpa • 14 Std. • 6 Minuten Lesezeit Im Bundestag stand heute die große Migrationsdebatte nach dem Anschlag von Aschaffenburg an. Nach einer turbulenten Debatte verhelfen AfD-Stimmen einem von zwei Unionsanträgen zur Mehrheit. Danach knallt es. Die Worte des Kanzlers, Merz' Reaktion, die Debatte danach und die Abstimmung über die Anträge finden Sie hier. Migrationsantrag geht mit Stimmen von AfD und FDP durch Der Antrag von CDU und CSU für einen verschärften Kurs in der Migrationspolitik ist vom Bundestag mit Stimmen von AfD und FDP angenommen worden. Das geht aus dem Ergebnis der namentlichen Abstimmung hervor, das die Bundestagsverwaltung zur Verfügung stellte. Demnach stimmten 187 Abgeordnete von CDU/CSU, 75 AfD-Abgeordnete, 80 Angehörige der FDP-Fraktion sowie 6 fraktionslose Abgeordnete dafür, was die nötige Mehrheit von 348 Stimmen ergab. Die CDU-Abgeordnete Antje Tillmann hat nach der offiziellen Aufstellung der Bundestagsverwaltung gegen den Antrag ihrer Fraktion für mehr Zurückweisungen an den Grenzen gestimmt. Tillmann sitzt für den Wahlkreis Erfurt – Weimar – Weimarer Land II im Bundestag und will bei der nächsten Bundestagswahl nicht erneut antreten. Hier finden Sie die Ergebnisse im Überblick und können nach dem Abstimmungsverhalten jedes einzelnen Abgeordneten suchen. 348 Ja-Stimmen reichen gegenüber 344 Nein-Stimmen. Die AfD-Fraktion hatte schon vorher angekündigt, für den Antrag zu stimmen. Der Antrag hat keine rechtliche Bindung, damit also auch keine direkte Rechtsfolge, sondern ist „nur“ eine Aufforderung an die Bundesregierung zum Handeln. Die Union fordert ein „faktisches Einreiseverbot für Personen, die keine gültigen Einreisedokumente besitzen und die nicht unter die europäische Freizügigkeit fallen“. Dies soll ausdrücklich auch für Menschen gelten, die in Deutschland einen Asylantrag stellen wollen. Wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, soll in Haft genommen werden. Vorgesehen ist zudem eine größere Rolle der Bundespolizei bei Rückführungen. Nach Annahme des Antrags wird es turbulent im Bundestag Danach wird es richtig turbulent im Bundestag. SPD-Fraktionschef Mützenich tritt nach vorne und ruft in den Saal: „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Nicht nach dieser Zäsur und nicht nachdem die Union aus der politischen Mitte dieses Hauses ausgebrochen ist. Das geht nicht.“ Merz lässt das nicht so stehen: „Ich suche keine anderen Mehrheiten, als die in der parlamentarischen Mitte unseres Parlaments“, sagt er in seinem Wortbeitrag. Seine Worte stoßen auf heftigen und lauten Protest im Bundestag. Er fordert SPD und Grüne auf, mit der Union zu sprechen, wie die drei Parteien noch eine Mehrheit zustande bekommen. Deren Spitzenpolitiker rufen und schreien ihre Ablehnung dessen ins Plenum, Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann nennt den Tag „einen historischen Tag, und zwar im negativen Sinne“. AfD feiert Abstimmungsergebnis zu Migrationspolitik Die AfD feiert das Abstimmungsergebnis im Bundestag für eine Verschärfung der Migrationspolitik. „Das ist wahrlich ein historischer Moment“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion im Bundestag, Bernd Baumann. Er sprach von einer „Gegenbewegung gegen den linksgrünen Mainstream“ in allen westlichen Ländern, die nun in Deutschland angekommen sei. Was bedeutet der nun gefasste Beschluss? In dem Antrag der Union wird die Bundesregierung aufgefordert, umfassende Zurückweisungen an deutschen Grenzen zu veranlassen. Auch Asylbewerber sollen nicht mehr einreisen dürfen. Allerdings ist der Antrag rechtlich nicht bindend. Dass er dennoch so viel Aufmerksamkeit erhält, liegt daran, dass er mit den Stimmen der Opposition eine Mehrheit gefunden hat. Redner von FDP, AfD sowie einige Fraktionslose hatten sich dafür ausgesprochen - die verbliebenen Regierungsparteien SPD und Grüne sowie die Gruppe Die Linke dagegen. Das BSW erklärte seine Enthaltung. Wie geht es jetzt weiter? An diesem Freitag wird erneut abgestimmt. Dann stehen im Plenum des Bundestages nicht nur Anträge mit appellativem Charakter zur Abstimmung an, sondern ein Gesetzentwurf, der - wenn er auch den Bundesrat passieren sollte - von der Bundesregierung umgesetzt werden müsste. Beispielsweise müsste der aktuell auf 1.000 Personen pro Monat beschränkte Familiennachzug zu Ausländern mit eingeschränktem Schutzstatus bis auf Weiteres beendet werden. Außerdem sieht das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz vor, dass die Bundespolizei, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich Ausreisepflichtige antrifft, aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchführen darf - also zum Beispiel die Menschen in andere Länder zurückschicken. Die Regierungserklärung von Scholz: „Der Kanzler darf kein Zocker sein" Für den Kanzler ist es ein extrem wichtiger Tag im Plenum. Und das wird in seiner Regierungserklärung mehr als deutlich. „Das Recht auf Asyl ist fester Bestandteil unserer Rechts- und unserer Werteordnung. Daran dürfen wir nicht rütteln!“, beginnt er, geht dann auf die schrecklichen Vorfälle in Aschaffenburg ein - und kehrt schließlich zurück zum großen Thema des Tages: Den Migrationsanträgen der Union. „Das ist die Antwort von Populisten“, wirft er CDU-Chef Merz an den Kopf. Und wird mit der Zeit immer lauter. Die „All in“-Formulierung von Merz nimmt er auf und ruft in den Saal: „Politik ist kein Pokerspiel“ und „Der Kanzler darf kein Zocker sein, denn er entscheidet im Zweifel über Krieg und Frieden“. Immer wieder rufen Abgeordnete dazwischen, Merz nickt sarkastisch, als Scholz ihn wörtlich mit Brandmauer-Zitaten zitiert. Der Kanzler setzt hier Wirkungstreffer gegen Merz, indem er die Aussagen des CDU-Chefs gegen ihn verwendet. Die AfD ruft „Mimimi“ und „Hören Sie auf zu lügen“, die Stimmung ist aufgeheizt wie lange nicht mehr. Die Reaktion von Merz: „Das ist sehr billig“ Nach den Scholz-Angriffen ist Merz gefordert. Er wählt den inhaltlichen Ansatz, greift den Vorwurf heraus, er mache mit den Migrationsanträgen rechtswidrige Vorschläge. „Zu beklagen, dass Gesetze so sind wie sie sind, ist doch nicht Ihre Aufgabe. Sie sind doch nicht der oberste Notar der Republik.“ Er nennt Scholz' Attacken „sehr billig“. Und er fragt immer wieder in den Bundestag hinein „Was hält Sie davon ab?“ und meint die Zustimmung zum am Freitag im Bundestag auf dem Plan stehenden „Zustrombegrenzungsgesetz“ der Union. Es fällt auf: Merz spricht zwar zum Bundestag, aber er spricht auch immer wieder mit Scholz. „Wie viele Menschen müssen noch ermordet werden, dass auch Sie der Meinung sind, dass es sich um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung handelt?“, fragt er den Kanzler direkt. Das wichtigste Thema aber: Was sagt Merz dazu, dass die AfD am Freitag erstmals dafür sorgen könnte, dass genug Stimmen für ein Gesetz da sind? Der Kanzlerkandidat attackiert die AfD zunächst, am Ende betont er aber (erneut): Zwar wären die „Jubelgesten der AfD“ dann kaum zu ertragen - aber der Weg ist der richtige. Auch bei Merz hagelt es Zwischenrufe und laute Widerrufe. Die Debatte danach: Weidel wirft Merz Kopie von AfD-Forderungen vor Die Dynamik im Bundestag heute ist hochspannend. Merz greift die AfD an, nur Minuten später applaudiert die Fraktion ihm laut. Grünen-Kandidat Habeck, der nach Merz ans Podium tritt, greift zuerst Merz an - und dann Scholz - und dann die FDP. Deren Chef Christian Lindner zeichnet erst ein Bild der derzeitigen Situation auf Basis von Gefühlen. Und arbeitet sich dann massiv an seinen ehemaligen Koalitionspartnern ab. Erst am Ende greift er sich die AfD heraus. Selten war eine Sitzung im Bundestag so geprägt von Rundumschlägen in alle Richtungen. Auch Klingbeil mahnt Merz, „keine gemeinsame Sache“ mit der AfD zu machen. Es wäre eine „massive Veränderung der politischen Landschaft“ und Merz persönlich trage dafür die Verantwortung. Dann kommt Alice Weidel. Die AfD-Chefin teilt sehr scharf gegen Merz aus und will die Lesart etablieren, die Union kopiere mit ihren Anträgen AfD-Forderungen. Erwartungsgemäß lauter Widerspruch aus der Unionsecke. Weidel betont, die Partei werde weiter für alle Anträge stimmen, die sie für sinnvoll halte. Das ist nicht überraschend angesichts der zuvor gehörten Attacken auf die Rechtspopulisten seitens Merz. Als nächstes ist Alexander Dobrindt von der CSU an der Reihe. Grüne und SPD müssen endlich anfangen, “das Richtige zu tun". Das Problem sei nicht die Zustimmung der AfD, sondern die Verweigerung der Unionsanträge durch SPD und Grünen. Die Debatte zieht sich nach den Parteivorsitzenden hin, die Argumente wiederholen sich, die Angriffe kommen einem immer bekannter vor. Schließlich gibt es einen Ordnungsruf für den AfD-Abgeordneten Stephan Brandner. Er bezeichnete die SPD als „Nazi-Truppe“. „Brandmauer wird porös“: Soziologe Mau sieht „Rechtsverschiebung der politischen Kultur“ 12.39 Uhr: Der Soziologe Steffen Mau befürchtet angesichts der Absicht des Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz, bei einer Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag AfD-Stimmen billigend in Kauf zu nehmen, österreichische Verhältnisse. „Zunächst ist das eine Abweichung von bisherigen Zusicherungen“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Denn bislang hat Herr Merz gesagt, dass es keine gemeinsamen Abstimmungen mit der AfD geben wird – und sich dafür persönlich verbürgt. Jetzt wird diese Brandmauer porös. Damit ist der Weg zu anderen Formen der Kooperation mit der AfD vorgezeichnet. Auf der Kommunal- und der Länderebene hat dieser Prozess bereits begonnen. Das Ganze erinnert an die Entwicklungen in anderen europäischen Ländern wie Österreich oder Niederlande, wo sich die Rechtsextremen so langsam in die politischen Machtzentren vorgearbeitet haben. Damit erleben wir eine Veränderung, eine Rechtsverschiebung der politischen Kultur.“ Merz selbst wolle das wahrscheinlich nicht. Aber „manche in der zweiten und dritten Reihe der Union“ sähen eine „Öffnung zur AfD als strategische Option“.