Ukraine-Krieg: Kriegsmüdigkeit und die stille Angst vor dem Verrat – Selenski wirkt so nachdenklich wie selten

Handelsblatt Ukraine-Krieg: Kriegsmüdigkeit und die stille Angst vor dem Verrat – Selenski wirkt so nachdenklich wie selten Artikel von Mijnssen, Ivo • Der ukrainische Präsident will nach einem schwierigen Kriegsjahr die Deutungshoheit zurückgewinnen. Auf seiner Pressekonferenz verbreitet er Optimismus – wirkt zuweilen aber auch ratlos. Wolodimir Selenski hat am Dienstagabend die dritte Pressekonferenz seit der russischen Invasion abgehalten. Der ukrainische Präsident empfing dabei Dutzende von Medienvertretern aus dem In- und Ausland in Kiew. Der Anlass hat Seltenheitswert: Normalerweise zieht es Selenski vor, ausgewählten Medien Exklusivinterviews zu geben – oder direkt über seinen Videokanal mit der Bevölkerung zu sprechen. Doch der Präsident sieht sich nach einem schwierigen Jahr unter Druck. Der lange stets demonstrativ siegesgewisse Ukrainer wirkt nicht mehr so unantastbar wie in den ersten Monaten des Krieges. Er muss inzwischen bei einer erschöpften Gesellschaft und zunehmend skeptischen internationalen Partnern den Eindruck zerstreuen, dass sich das brutale Ringen mit Russland in die falsche Richtung entwickelt.