Wednesday, September 20, 2023

Zehntausende illegale Visa aus Polen für Afrika und Asien? EU schickt vor der Wahl unangenehme Fragen

Merkur Zehntausende illegale Visa aus Polen für Afrika und Asien? EU schickt vor der Wahl unangenehme Fragen Artikel von Kilian Beck • 7 Std. Korruptionsskandal Zehntausende illegale Visa aus Polen für Afrika und Asien? EU schickt vor der Wahl unangenehme Fragen Im Skandal um die mutmaßlich erkauften Schengen-Visa muss sich Polens Rechts-Regierung nun vor der EU-Kommission rechtfertigen. Und auch Innenministerin Faeser macht Druck. Warschau – Schmiergeld für Arbeitsvisa: Das ist der Vorwurf, dem sich die rechtskonservative polnische Regierung gerade seitens der Opposition ausgesetzt sieht. Der Visa-Skandal erschütterte Polen bereits vergangene Woche, als die Generalstaatsanwaltschaft Korruptionsermittlungen gegen sieben Personen bekannt gab. Nun hat auch die EU-Innenkommissarin Ylva Johannson am Diesnstag einen Fragenkatalog nach Warschau geschickt. Die Bild-Zeitung veröffentlichte am Dienstag Auszüge aus dem Schreiben der EU-Kommission. Bis zum 3. Oktober muss Polens Außenminister Zbigniew Rau die Fragen beantworten. Und auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verlangt Antworten. Die polnische Regierung ist für ihren besonders harten und bisweilen europarechtswidrigen Kurs gegen Migration bekannt. EU-Kommission stellt knallharte Fragen Die sozialdemokratische EU-Komissarin Johannson möchte Grundlegendes von Polens Außenminister Rau wissen: „Waren Sie in der Lage, die Fälle der betrügerischen Visavergabe zu identifizieren?“, fragte sie den Außenminister. Der und seine Regierung spielten Lage derweil herunter, und sprachen von 200 Fällen, in denen ermittelt werde. Um welche polnischen Konsulate es sich handele und wie viele der Visainhaber bereits wieder ausgewiesen worden seien, wollte die EU-Kommissarin weiter wissen. Auch fragte sie, wie viele „untergetaucht“ seien. Außerdem fragte die Kommissarin nach, welche Schutzmaßnahmen für das Schengen System ergriffen wurden. Innenministerin Faeser stellte laut der Nachrichtenagentur AFP im Grunde dieselben Fragen ihrem Amtskollegen Mariusz Kaminski. Experte: Bis zu „sechsstellige Zahl“ an erkauften Schengen-Visa Vieles ist unklar in der Affäre, die der Chef der Regierungspartei Jaroslaw Kaczynski „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) als „nicht mal ein Affärchen“ betitelte. Angefangen bei der Zahl der betroffenen Visa. Die Staatsanwaltschaft sprach vergangene Woche von „wenigen Hundert“ mutmaßlich erkauften Schengen-Visa, die an Staatsangehörige aus arabischen und ostasiatischen Staaten ausgegeben worden seien. Oppositionsführer Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) hingegen nannte die Zahl von 250.000 Arbeitsvisa in 30 Monaten. Zwei Abgeordnete seiner Partei sprachen gar von 350.000. Schengen-Visa gelten in den Ländern Europas, die das Schengener Abkommen über offene Grenzen unterschrieben haben. Der Leiter des Warschauer Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung, David Gregosz sagte dem Münchner Merkur, „gesichert“ könne man von einer „hohen fünfstelligen, bis niedrigen sechsstelligen Zahl“ an gekauften Visa ausgehen. Am Freitag wurde der ehemalige polnische Vize-Außenminister Piotr Wawrzyk mit lebensbedrohlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Polnische Medien warfen ihm vor, der Drahtzieher hinter der korrumpierten Visa-Vergabe zu sein. Ende August verlor Wawrzyk sein Amt, weil die polnische Antikorruptionsbehörde CBA seine Abteilung durchsuchte. Er war für Visaangelegenheiten verantwortlich. Inwieweit die Opposition unter Tusk profitieren könnte, werden die nächsten Umfragen zeigen.