Thursday, September 21, 2023

„Eine Schande“ – FDP wirft Polens Regierungschef Wahlkampfmanöver vor

WELT „Eine Schande“ – FDP wirft Polens Regierungschef Wahlkampfmanöver vor 12 Min. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat mit Aussagen in einem Interview Spekulationen darüber ausgelöst, dass sein Land die Waffenlieferungen an die Ukraine einstellen wolle. Die FDP spricht von Wahlkampf der PiS-Regierung auf dem Rücken Kiews. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki AP/Michal Dyjuk Der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrich Lechte, hat die polnische Regierung für Äußerungen zu einem Ende von Rüstungslieferungen an die Ukraine scharf kritisiert. Er warf Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ein politisches Manöver vor, mit dem dieser im laufenden Wahlkampf punkten wolle. „Dass ausgerechnet Polen, als bisher verlässlicher Partner, ausgerechnet jetzt die militärische Unterstützung für die Ukraine einstellt und dies auf diese Weise kommuniziert, ist eine Schande“, teilte Lechte am Donnerstag in Berlin mit. „Damit will Polen offensichtlich Druck auf die Ukraine beziehungsweise die EU ausüben, eine Lösung für die ukrainische Getreideimporte zu finden.“ Gleichzeitig sei dies „ein wahlkampftaktisches Vorgehen der PiS-Regierung, um von der Visa-Affäre abzulenken“. Lechte: „Leider trägt die polnische Regierung das nun ganz bewusst auf dem Rücken der Ukraine aus.“ In einem am Mittwochabend geführten Interview des Fernsehsenders Polsat News entgegnete Ministerpräsident Mateusz Morawiecki auf die Frage des Moderators, ob Polen trotz des Getreide-Streits die Ukraine weiter bei Waffenlieferungen und humanitärer Hilfe unterstützen werde: „Wir liefern schon keine Rüstungsgüter mehr an die Ukraine, sondern rüsten uns selbst mit den modernsten Waffen aus.“ Die EU-Kommission hatte am Freitag beschlossen, umstrittene Handelseinschränkungen für ukrainische Getreideexporte aufzuheben. Polen, Ungarn und die Slowakei wollen aber an Importverboten festhalten. In Anspielung darauf hatte der ukrainische Ministerpräsident Wolodymyr Selenskyj gesagt: „Es ist alarmierend zu sehen, wie einige unserer Freunde in Europa ein politisches Theater der Solidarität spielen und einen Thriller aus dem Getreide machen.“ Diese Länder würden nur scheinbar in ihren eigenen Rollen auftreten, aber die Bühne für den Schauspieler aus Moskau vorbereiten. Am Mittwoch bestellte Warschau deshalb den ukrainischen Botschafter Wassyl Swarytsch ein. Der Kontext des umstrittenen Interviews weist darauf hin, dass Morawiecki eher keinen vollständigen Stopp der polnischen Waffenlieferungen an Kiew gemeint haben dürfte. Vielmehr schien er darauf abzuheben, dass Polen nicht nur Waffen an das Nachbarland liefere, sondern parallel dazu auch die eigene Armee aufrüste. Eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit Bitte um Klarstellung der Äußerungen ließ die polnische Regierung zunächst unbeantwortet. Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak gab am Donnerstag eine ausweichende Antwort, als er auf die Äußerung Morawieckis angesprochen wurde. „Es ist der Regierungschef, der entsprechende Beschlüsse des Kabinetts unterschreibt, und die Weitergabe von Rüstungsgütern geschieht auch auf der Grundlage solcher Beschlüsse“, sagte Blaszczak dem öffentlich-rechtlichen polnischen Radio.