Tuesday, March 1, 2022

Basta, Herr Schröder! - Der Altkanzler muss in Russland kündigen

Kommentar Basta, Herr Schröder! -Der Altkanzler muss in Russland kündigen von Peter Kunz Datum: 28.02.2022 10:44 Uhr Putin bombt - und Altkanzler Gerhard Schröder behält von seinen Gnaden Führungspositionen bei Nord Stream 2 und der russischen Ölfirma Rosneft. Das geht gar nicht mehr. Kommentar von Peter Kunz zu Gerhard Schröder Made in Hannover. Das war mal ein Markenzeichen in der deutschen Politik. Ob für SPD, CDU oder selbst bei Bündnis90/Die Grünen. Einer aus Niedersachsen wurde dann auch Kanzler, der Sozialdemokrat Gerhard Schröder im Jahr 1998. Damals verkörperte er den Aufbruch, nach 16 Jahren Kohl mit viel Mehltau am Ende. Schröder, ein Schlachtross aus Niedersachsen, der Hemdsärmel und Brioni kombinierte, ein Chauvi mit Charakter und Chuzpe. Der Genosse der Bosse. Wie sehr das sein Leben nach dem Amt bestimmen würde, war da noch nicht klar. Heute ist Schröder länger in Diensten russischer Pipelinebetreiber und Gasversorger, als er vorher Kanzler war. Entfremdung der SPD zu Schröder auf dem Höhepunkt Nachdem die Putin-Versteher inzwischen mit ihrem Latein ans Ende angekommen sind, muss es den Schröder-Verstehern jetzt ähnlich gehen. Als der Altkanzler vor ein paar Wochen forderte, dass bitte auch das "Säbelrasseln aus der Ukraine" aufhören solle, hatten die meisten Kritiker seinen Podcast mit diesem heftig angeprangerten Satz gar nicht gehört. Die Aussage war durchaus aus dem Zusammenhang gerissen. Aber selbst aus der SPD kamen solche Stimmen: "Ich habe keine Zeit, mir 20 Minuten Schröder am Stück anzuhören." Die Entfremdung ist inzwischen auf dem Höhepunkt: Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte am Wochenende, dass Gerhard Schröder seine Ämter bei russischen Gas- und Ölversorgern niederlegen solle. Nichts hört man allerdings bisher vom Altkanzler. Umgang mit Russland -Kritik und Lob für Baerbock von Schröder Dass Außenministerin Baerbock die Ukraine vor Russland besuchte, sieht Altkanzler Schröder als "kleine Provokation". Gleichzeitig lobt er die Grünen-Politikerin. Nun ist es vermutlich auch nicht einfach, durch Selbstkündigung auf einige Hunderttausend Euro Zusatzverdienst im Jahr zu verzichten. Die Direktorin des russischen Staatstheaters CIM hat allerdings gerade vorgemacht, wie es geht. Sie legte ihren Job nieder mit den Worten: "Ich will nicht in Diensten eines Mörders stehen und von ihm mein Gehalt beziehen." Schröder sollte seinen Mut gebrauchen Das war tapfer und mutig. Gerhard Schröder allerdings müsste noch nicht einmal Mut beweisen, denn Moskau wird sicher nicht Gift auf seine Unterwäsche träufeln lassen wie bei Nawalny. Die "Silowiki", die Staatsmafia rund um den Präsidenten, werden vermutlich kein Rollkommando extra nach Hannover schicken. Mut hatte der frühere Kanzler Schröder früher einmal. Den Mut, auch gegen Widerstand in seiner Partei Reformen umzusetzen, die Deutschland damals auf einen guten Weg brachten. Den Wagemut, das politische Überleben an seinen Politikentwurf zu knüpfen - und damit bei vorgezogenen Neuwahlen knapp zu verlieren. Ich bekenne gern: Ich habe Gerhard Schröder mit aller bewahrten journalistisch-kritischen Distanz geschätzt. Auch wenn mir manches Gebaren und die gern gepflegte Testosteron-Attitüde fremd blieben. Bei einem recht persönlichen Gedankenaustausch auf dem Weg nach Moskau hat mich der Mensch Schröder für sich eingenommen. Im Anschluss an ein Interview im Regierungsflieger blieben wir beim beginnenden Landeanflug nebeneinander angeschnallt - und die Wartekreisel über dem Kreml dauerten etwas länger, gaben uns Zeit zum Gespräch. Diesen Schröder würde ich gern in Erinnerung halten. Bitte keine weiteren Liebesgrüße nach Moskau Damals, im Februar 1999, wurde der Kanzler von Russlands Präsident Boris Jelzin empfangen. Über ihn und auch über den Besuch wachte zu der Zeit Noch-Geheimdienstchef Wladimir Putin. Im selben Jahr übernahm Putin dann die Herrschaft über Russland - und die Männerfreundschaft zwischen Schröder und Putin begann. Mütterchen Russland zog den deutschen Regierungschef immer enger an die Brust. Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Schröder: Lassen Sie es gut sein mit den Liebesgrüßen nach Moskau! Zeigen Sie, dass Sie ein lupenreiner Demokrat bleiben wollen und distanzieren sich von dem lupenreinen Despoten Putin. Sie haben den Rest Ihres guten Rufes zu verteidigen, Putin hat seinen unwiederbringlich verloren. Sie müssen ihm ja privat nicht die Freundschaft kündigen. Aber Sie müssen öffentlich und endlich Ihren russischen Bossen "Doswidanja" sagen und die Ämter niederlegen. Peter Kunz ist Leiter des ZDF-Landesstudios Niedersachsen und war während der Kanzlerschaft Gerhard Schröders von 1998 bis 2000 Hauptstadt-Korrespondent.