Sunday, February 9, 2025
Ulrich Reitz - Überall „Nazis“! Der „Kampf gegen rechts“ ist in Wahrheit ein Angriff auf uns
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Ulrich Reitz - Überall „Nazis“! Der „Kampf gegen rechts“ ist in Wahrheit ein Angriff auf uns
FOCUS-online-Korrespondent Ulrich Reitz • 2 Std. • 6 Minuten Lesezeit
„Nazis“, überall nur noch „Nazis“. Der rot-grüne „Kampf gegen rechts“ ist ein Angriff auf unsere bewährte Leitkultur. Doch es gibt noch entlarvende Momente.
Die Spitze der Grünen war dabei, vorneweg deren Parteivorsitzender Banaszak, die komplette SPD-Spitze, die beiden Parteivorsitzenden Esken und Klingbeil, der Generalsekretär Miersch. Regierungsvertreter demonstrierten gegen die Opposition.
Dabei heißt eine Veranstaltung, bei der die Regierung für sich selbst Stellung bezieht, begleitet von zigtausenden gleichgesinnten, Fähnchen schwingenden und Plakat tragenden Helfern, nicht: Demonstration. Sondern: Aufmarsch. Oder: Parade.
Die Paraden am Wochenende blieben nicht der einzige politische Widerspruch. Ziel der Aufmärsche im Land war der Oppositionsführer Friedrich Merz, der sich auf verschiedene Arten verunglimpfen lassen musste – für ein angebliches Einreißen der Brandmauer.
Landauf, landab wird mit dem Nationalsozialismus hantiert
Der Wahlkampf sollte einer des „Respekts“ sein, darauf hatten sich die Parteien verständigt. Es war dann mit dem „Respekt“ schnell vorbei bei den Anti-Christdemokraten-Demos, bei denen man sich massenhaft vor der CDU-Zentrale wiederfand. „Ganz Berlin hasst die CDU.“
Landauf, landab wurde mit dem Nationalsozialismus hantiert. Es sei „5 vor 33“ fand man etwa auf Plakaten. Interessant war, was nicht zur Sprache kam. Die Messer-Verbrechen von Migranten kamen nicht vor, die Opfer blieben unerwähnt – sie fanden unter den Zigtausenden keine Lobby.
Dabei sollte doch die „Demokratie gerettet“ werden, so als stünden wir kurz vor einer neuerlichen nationalsozialistischen Machtergreifung. Stehen wir aber nicht, es sieht nur nach einem Wahlsieg von CDU und CSU aus, die danach eine Asylwende erreichen wollen und darum niemanden mehr hereinlassen wollen nach Deutschland, der keinen Pass mehr hat.
Bislang haben weder SPD noch Grüne erklärt, was gegen Asyl-Wende spricht
Darum geht es. Und darum, dass Linke das nicht wollen. Dabei: Es entspricht ganz dem Sinn des Grundgesetz-Artikels 16, den in einem historischen Akt Union, SPD und FDP gemeinsam beschlossen hatten. Allerdings war das 1993.
Bislang haben weder Sozialdemokraten noch Grüne erklärt, was der Grund dafür sein soll, Migranten, die meisten aus islamischen Ländern, die danach in der Kriminalstatistik deutlich überrepräsentiert sind, bei Sexualstraftaten vor allem, ohne Identitätsfeststellung und – in mehr als 97 Prozent der Fälle, ohne Asylanspruch – einreisen zu lassen.
Wenn man stöbert, ein wenig nur, findet man sogar das Gegenteil. Wie eine Erklärung der Gebietskörperschaften von Brandenburg, die ausdrücklich der Ministerpräsident mitträgt, ein Sozialdemokrat. Asylsuchende aus sichereren Drittstaaten, stellt Dietmar Woidke darin fest, hätten keinen Anspruch auf Asyl: „Sie müssen bereits an der Grenze von der Bundespolizei zurückgewiesen werden können.“
Hat uns nicht der Bundeskanzler und auch der Vizekanzler erzählt, dass genau diese Forderung „rechtswidrig“ sei?
Weiße Mittel- und Akademikerschicht-Menschen mit einem ganz anderen Thema
Man sieht auf diesen Demonstrationen so gut wie nur weiße Mittel- und Akademikerschicht-Menschen. Ihr Thema ist augenscheinlich nicht die Bekämpfung des Asylmissbrauchs, sie scheinen in ihren Quartieren nicht darunter zu leiden. Manche sagen in Kameras, alle Abschiebungen müssten verboten werden. Ebenso wie die AfD. Was gerade erst der Bundestag mit guten Gründen ausgeschlagen hat.
Für die AfD war der langjährige Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang ihr Feindbild Nummer Eins. Nun haben die AfD-Politiker sich im Bundestag in den Armen gelegen, als sie einen Asyl-Antrag gemeinsam mit der Union (und der FDP und dem BSW) durchbrachten.
Friedrich Merz muss sich seitdem mit den Nazi-Vorwürfen auseinandersetzen. Der noch amtierende Bundeskanzler verbreitet, dem CDU-Chef sei nicht mehr zu trauen. Die Grünen rufen ihn dazu auf, „in die Mitte“ zurückzukehren.
Was schon sehr selbstbewusst ist, steckt doch hinter diesem gönnerhaften Aufruf an die Adresse der Union die Tatsachenbehauptung, sie selbst seien „die Mitte“. Das allerdings gilt weder für Grüne noch für SPD, ist aber inzwischen typisch geworden für ein linkes „Framing“. Danach ist verdächtig, wer rechts von ihnen steht. Also nennen sie sich selbst die „Mitte“.
Der wohl wichtigste AfD-Jäger über lange Zeit verteidigt die Merz-Abstimmung
Britta Haßelmann, die Grünen-Fraktionsvorsitzende, ordnete sogar im Bundestag die FDP rechts der AfD ein. Jedenfalls: Thomas Haldenwang, der wohl wichtigste AfD-Jäger über lange Zeit, verteidigt die Merz-Abstimmung unter Duldung der AfD-Voten: „Lieber jetzt handeln und die Freude der AfD zähneknirschend hinnehmen, als noch mehr Wählerinnen und Wähler durch Nichtstun in ihre Arme zu treiben.“
Ist jetzt der Ex-Verfassungsschutzchef, in seiner neuen Rolle als CDU-Bundestagskandidat für Wuppertal, aus der Sicht der selbst ernannten Demokratieretter etwa ein rechtsradikaler Verdachtsfall?
Robert Habeck, der vorgibt, Bundeskanzler werden zu wollen, hat nun einige Asylverschärfungen vorgeschlagen. Eine davon ist echt hart, so hart, dass sie noch nicht einmal Markus Söder bisher eingefallen ist. Das Europarecht, sagt Habeck, müsse endlich durchgesetzt werden. Was bedeute: Staaten, die Migranten, die dort sicher waren, aber nach Deutschland weiterzogen, nicht zurücknehmen, sollten mit einem „Vertragsverletzungsverfahren“ aus Brüssel überzogen werden können.
Und mit den Herkunftsstaaten sollte Migrationsabkommen geschlossen werden. Was, etwa im Fall Afghanistans, Habecks Kanzlerkandidaten-Vorgängerin Baerbock als Außenministerin sorgsam vermieden hat.
Folgt nicht auch Habeck dem Drehbuch der AfD?
Ob wohl Habeck ohne die Härte und Entschlossenheit, die inzwischen Friedrich Merz an den Tag legt, überhaupt darauf gekommen wäre, derlei Forderungen auf den Wahlkampftisch zu legen?
Mehr noch: Merz‘ Forderungen gehen auch auf den Druck der AfD zurück – folgt dann nicht auch der Grüne Habeck gleichfalls dem Drehbuch der blauen Rührmichnichtans?
Inzwischen sagen Umfragen, nach der Merz-Wende beim Asyl könnten sich 20 Prozent der AfD-Sympathisanten vorstellen, doch die Union zu wählen. Wenn das dann so kommen sollte, dann hätte, sagt die frühere Familienministerin Kristina Schröder, Friedrich Merz „mehr im Kampf gegen rechts erreicht als alle Demos gegen rechts zusammen“. Was wäre das für eine Pointe.
Der Nationalsozialismus ist zu wichtig, um ihn im „Kampf gegen rechts“ zu verschleudern
Wir haben nicht „5 vor 33“. Damit aber ständig zu hantieren, die Öffentlichkeit zu fluten mit Nazi-Vergleichen, ist auf verschiedenen Ebenen unklug. In einem Satz: Der Nationalsozialismus ist zu wichtig, um ihn im „Kampf gegen rechts“ zu verschleudern.
Der „Kampf gegen rechts“ ist linke Identitätspolitik, er dient weniger der Stabilisierung der Demokratie als der Selbstvergewisserung von Gratismutigen. Gemessen an dem, was die Nazis zwischen 1933 und 1945 veranstaltet haben, ist der „Kampf gegen rechts“ eine gefährliche Profanisierung.
Jenes „Nie wieder“, von dem einfach mal so behauptet wird, es sei „jetzt“, ist viel mehr als eine Tages-Losung, instrumentalisiert im Links-Wahlkampf – aus ablenkender Absicht. Die Verarbeitung des Nationalsozialismus in Jahrzehnten ist Teil der deutschen Leitkultur.
Das haben auch Deutschlands höchste Richter festgehalten, etwa in einer Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung von 2009: Der Nationalsozialismus habe „für die verfassungsrechtliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland eine gegenbildliche identitätsprägende Bedeutung, die einzigartig ist“.
Wenn jetzt auf einmal alles „Nazi“ ist, ist bald schon gar nichts mehr „Nazi“
Wer nun auf Demos „gegen rechts“ oder in Talkshows oder im Deutschen Bundestag das N-Wort als Distinktionsvokabel spazieren führt, der verstößt genau gegen dieses Prinzip der „Einzigartigkeit“. Oder anders: Wenn jetzt auf einmal alles „Nazi“ ist, ist bald schon gar nichts mehr „Nazi“.
Was das auch heißt? Wenn Alice Weidel nach einigem Zögern dann doch im Fernsehen offen von „Schuldkult“ spricht, dann bemächtigt sie sich einer unentschuldbaren Vokabel. Unentschuldbar nicht nur, weil dieses Wort den legalen mit dem illegitimen „Flügel“ des Rechtsradikalismus verbindet. Sondern, weil „Schuldkult“ die NS-„Schuld“ für einen angeblichen „Kult“ damit relativiert.
Im konkreten Klartext: Israel deutsche Waffen im Kampf gegen die Islamo-Faschisten von der Hamas zu liefern, ist kein „Schuldkult“. Sondern die Einsicht in die Notwendigkeit, einen neuen Genozid an den Juden, einen arabischen diesmal nach dem NS-deutschen, unmöglich zu machen.
Dröhnende Lautlosigkeit als ein entlarvender Moment
Es gab am Wochenende diese bizarre Situation, als in Essen eine Pali-Demo an einer Kampf-gegen-rechts-Demo auf einer Straßenkreuzung vorbeilaufen musste. Der „Aufstand der Anständigen“ geriet dabei spontan ins Schweigen.
Wenn die Demokratiefeinde einmal nicht von rechts kommen, sondern aus dem Pali-Lager mit irritierender Unterstützung von links, bleibt den angeblichen Demokratiekämpfern nur die verzagte Sprachlosigkeit.
Diese dröhnende Lautlosigkeit war einer dieser entlarvenden Momente, für die man als Staatsbürger nur dankbar sein kann.