Monday, January 27, 2025
Rente wie in Österreich? Wagenknecht verschweigt Probleme für deutsche Rentner
Frankfurter Rundschau
Rente wie in Österreich? Wagenknecht verschweigt Probleme für deutsche Rentner
Lars-Eric Nievelstein • 18 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Demografie als grundlegender Faktor
Eine Partei will die Rente nach österreichischem Vorbild umbauen. Dahinter steckt ein Plan: Mehr Rente für alle. Dabei gibt es mehrere Probleme.
Berlin – Der Arbeitsmarkt schrumpft. Immer weniger Arbeitnehmer müssen für immer mehr Rentner die Rente bezahlen. Gleichzeitig diskutieren Wirtschaft und Politik immer wieder eine Anhebung des Renteneintrittsalters. Die grundlegenden Probleme sind bekannt. Daher haben die Parteien die Rente auch im Wahlkampf für die Bundestagswahl im Februar 2025 thematisiert. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat ambitionierte Pläne, deren Umsetzbarkeit jedoch fraglich ist.
Rente genau wie in Österreich – Mehr Rente und Renteneintritt ab 63
Das BSW strebt eine Rentenreform nach österreichischem Vorbild an. Deutschland soll ein Stufenmodell einführen, das Rentnern nach 15 Versicherungsjahren eine Mindestrente von 1.200 Euro zusichert. Nach 30 Jahren sollen es 1.300 Euro sein, und nach 40 Jahren 1.500 Euro. Um dies zu finanzieren, sollen alle Erwerbstätigen, einschließlich Bundestagsabgeordneter und Bundesminister, verpflichtend in die gesetzliche Rente einzahlen.
Das Bündnis plant, das durchschnittliche Rentenniveau auf mindestens 75 Prozent des im Berufsleben erzielten Nettoeinkommens festzulegen. Zudem sollen alle Renten als Inflationsausgleich um 120 Euro monatlich steigen. Die umlagefinanzierte Rente soll gestärkt und die Förderung privater Vorsorgemodelle gestrichen werden, da sich Geringverdiener diese angeblich nicht leisten können. Dies zielt vor allem auf die umstrittene Riester-Rente ab, deren Reform bereits unter der Merkel-Regierung geplant, aber nie umgesetzt wurde.
Nach 45 Versicherungsjahren sollen Deutsche ab dem 63. Lebensjahr ohne Abschläge in Rente gehen können. Weitere Erhöhungen des Rentenalters lehnt das BSW ab.
DRV warnt vor Vergleichen mit Österreich bei der Rente – Wegen grundsätzlicher Probleme
Die Debatte, ob Österreich bei der Rente besser abschneidet als Deutschland, ist nicht neu. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) warnte bereits 2023 davor, die Rentensysteme anhand einzelner Regelungen zu vergleichen, da dies „problematisch“ sei. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. In Österreich gebe es zum Beispiel keine gruppenspezifische Einteilung von Erwerbstätigen in obligatorische Sicherungssysteme, was bei einer Umstellung in Deutschland zu erheblichen Unterschieden für abhängig Beschäftigte, Beamte, Freiberufler und Landwirte führen würde.
Ein weiterer Unterschied liegt in der Wartezeit für den Rentenbezug: In Österreich sind es 15 Jahre, in Deutschland nur fünf. Laut DRV senken „Minirenten“ in Deutschland den statistischen Schnitt, während in Österreich Menschen, die zehn oder zwölf Jahre versichert waren, keine Rente erhalten.
Die Beitragssätze unterscheiden sich ebenfalls deutlich. Der österreichische Beitragssatz zur Rentenversicherung ist höher und nicht paritätisch. Die Abschläge bei vorzeitigem Rentenbezug sind in Österreich mit 4,2 Prozent höher als in Deutschland mit 3,6 Prozent. Deutsche Rentner erhalten bei späterem Renteneintritt einen höheren Zuschlag von 6,0 Prozent, während es in Österreich 4,2 Prozent pro Jahr sind. Eine abschlagsfreie Frührente gibt es in Österreich seit 2022 nicht mehr.
Österreicher bekommen 500 Euro mehr – BSW will Änderungen bei der Rente
Im Jahr 2022 betrug die durchschnittliche gesetzliche Rente in Österreich 1.645 Euro monatlich, 500 Euro mehr als in Deutschland. Dies wird durch höhere Beitragssätze (Österreich 22,8 Prozent, Deutschland 18,6 Prozent) und mehr Mittel vom Bund ermöglicht. Laut DRV erklärt dies etwa die Hälfte des Rentenunterschieds.
Ein weiterer wesentlicher Faktor ist die demografische Situation. „Rund ein Viertel des Rentenunterschieds ergibt sich durch eine günstigere demografische Ausgangslage in Österreich, die nicht unmittelbar auf Deutschland übertragen werden kann“, erklärte die Deutsche Rentenversicherung.