Monday, January 27, 2025
Deepseek: Das chinesische KI-Start-up, das die USA das Fürchten lehrt
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Deepseek: Das chinesische KI-Start-up, das die USA das Fürchten lehrt
Gustav Theile • 1 Std. • 2 Minuten Lesezeit
In China hat das KI-Start-up, das gerade die globale Tech-Welt durchrüttelt und mehr als eine Billion Euro an Börsenwert vernichtet hat, einen Spitznamen, der für maximale Sparsamkeit steht: Deepseek sei das Pinduoduo (PDD) der KI-Industrie, heißt es immer wieder. Dazu muss man wissen: PDD ist die Billigplattform des chinesischen Onlinehandels und der Mutterkonzern hinter der Shopping-App Temu. Deepseeks Entwicklungskosten sind viel geringer als die der chinesischen wie globalen Konkurrenz, zudem hat das Unternehmen den Preiskampf unter den chinesischen KI-Anbietern immer wieder angeheizt.
Hinter dem Unternehmen steht mit Liang Wenfeng einer der klügsten Köpfe der chinesischen Finanzwelt. Anders als bei vielen anderen Vertretern der chinesischen KI-Welt ist seine Karriere nicht von Stationen in Großkonzernen oder ausländischen Unternehmen geprägt. Liang ist Jahrgang 1985 und hat im vergangenen Jahrzehnt den Quantfonds High-Flyer aufgebaut, der zeitweise mehr als 100 Milliarden Renminbi Yuan, umgerechnet mehr als 13 Milliarden Euro, verwaltet hat. Sein Geld hat er mit Algorithmen verdient, die klüger investierten als die vielen emotionalen Kleinanleger Chinas. Auf eine Anfrage der F.A.Z. reagierte Deepseek zunächst nicht.
Kluger Entwickler und Verfechter von Algorithmen
Liang wird in Artikeln chinesischer Wirtschaftsmedien als besonders kluger Entwickler beschrieben, der schon in der in China enorm wichtigen Zulassungsprüfung zur Universität brillierte. Er studierte danach an der Zhejiang-Universität in der Digitalhochburg Hangzhou. Die Universität zählt zu den besten des Landes, bis heute haben seine Unternehmen ihren Sitz in Hangzhou. Liang ist bekannt dafür, besonders grundsätzlich auf Algorithmen zu setzen. Er sorgte einst damit für Aufsehen, dass er argumentierte, nur Fonds, in denen Algorithmen Anlageentscheidungen träfen, seien echte Quantitative Fonds.
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Liangs Team bei Deepseek ist bisher nicht groß. Das Unternehmen hat nach chinesischen Berichten weniger als 200 Mitarbeiter. Allerdings ist der Unternehmer auf Expansionskurs. Auf der chinesischen Job-Plattform Zhipin werden aktuell 66 Positionen ausgeschrieben, das Grundgehalt reicht dort umgerechnet von 1500 bis knapp 12.000 Euro im Monat. Für Aufsehen sorgte Liang vor einigen Monaten, als Deepseek eines der unbekannteren Unternehmen war, das mehr als 10.000 neuere Nvidia-Chips gekauft hatte, bevor die US-Regierung deren Ausfuhr in die Volksrepublik verbot.
Trotz des Erfolgs mit Deepseek war das vergangene Jahr für Liang nicht einfach. Die Regierung ging nach einer Krise auf dem chinesischen Aktienmarkt gegen Quant-Fonds wie High-Flyer vor. Auch Liang verzeichnete daraufhin schwere Verluste. Allerdings scheint er darüber nicht in Konflikte mit der Kommunistischen Partei geraten zu sein. Vor genau einer Woche, just dem Tag, an dem Deepseek sein neuestes Modell veröffentlichte, nahm er an einem Symposium mit Chinas Ministerpräsidenten Li Qiang teil.
Liang äußert sich selten öffentlich, aber wenn er es tut, fordert er Selbstbewusstsein der chinesischen KI-Industrie und Grundlagenforschung ein. Das Mooresche Gesetz, das die rasante Entwicklung von Computerchips und deren Rechenleistung beschreibt, sei das Ergebnis „unermüdlicher Arbeit von Generationen westlich geführter Entwicklerteams“, sagte er etwa. China solle aufhören, Trittbrettfahrer zu sein. „China muss jemanden haben, der an der Spitze der Technologie steht.“ In diesen Äußerungen wird deutlich, dass es Liang nicht nur um den finanziellen Profit geht, sondern dass er auf einer Mission ist. Es sieht ganz so aus, als sei er damit erfolgreich.