Thursday, January 23, 2025
Bei Regierungsbeteiligung: Markus Söder kündigt faktische „Grenzschließung für illegale Migration“ an
Schaumburger Nachrichten
Bei Regierungsbeteiligung: Markus Söder kündigt faktische „Grenzschließung für illegale Migration“ an
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Nach der Messerattacke mit zwei Toten im bayerischen Aschaffenburg hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen harten Kursschwenk in der Migrationspolitik nach der angestrebten Regierungsübernahme im Bund vorausgesagt. Faktisch werde es „eine Grenzschließung für illegale Migration“ geben, sagte Söder in München. Darüber und über weitere Schritte habe er sich mit Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) verständigt.
„Unser Motto muss sein: Sicherheit first“, sagte der CSU-Vorsitzende. Natürlich sei Deutschland ein humanes Land. „Aber das kann am Ende nicht auf Kosten der eigenen Bevölkerung gehen.“ Deshalb werde „null Toleranz, null Kompromiss“ Leitlinie der Migrationspolitik einer unionsgeführten Bundesregierung sein. Grundsätzliches Ziel müsse sein: „weniger ins Land und viele raus aus dem Land“. Es müsse die Möglichkeit zu Zurückweisungen an den Grenzen geben, und zwar auch für die bayerische Grenzpolizei, forderte Söder. Und es müssten endlich regelmäßig, vielleicht sogar täglich, Abschiebungen stattfinden.
Herrmann: Abschiebung scheiterte an verstrichener Frist
Der mutmaßliche Angreifer von Aschaffenburg ist laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann unter anderem wegen einer verstrichenen Frist nicht abgeschoben worden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) habe den Asylantrag des Mannes zwar am 19. Juni 2023 abgelehnt und nach den Regeln des Dublin-Verfahrens eine Abschiebung nach Bulgarien angeordnet, sagte der CSU-Politiker in München.
Den Afghanen selbst habe die Behörde zwar wohl darüber informiert. Die bayerischen Ausländerbehörden habe das Bamf aber „aufgrund welcher Fehler und Probleme auch immer“ erst am 26. Juli, also mehr als einen Monat später, in Kenntnis gesetzt – wenige Tage vor Ablauf der Frist für eine solche Abschiebung. „Es ist offenkundig, dass, wenn eine bayerische Behörde am 26. Juli davon erfährt, dass jemand jetzt ausgewiesen werden soll in ein anderes Land, nicht innerhalb von sechs Tagen eine derartige Rückführung organisiert werden kann – noch dazu, wenn das völlig unvorbereitet entsprechend kommt“, sagte Herrmann.
Nach der ausgebliebenen Abschiebung sei das Asylverfahren beim Bamf gelegen, das nicht darüber entschieden habe – bis der Verdächtige im Dezember 2024 selbst ankündigte, nach Afghanistan ausreisen zu wollen. Dass der Mann die Ankündigung nicht in die Tat umsetzte, lag laut Herrmann wohl auch daran, dass er die dafür benötigten Papiere vom afghanischen Generalkonsulat bisher nicht erhalten hatte – und damit nicht ausreisen konnte.
Herrmann schränkte aber ein, dass selbst bei einer früheren Ablehnung des Asylantrags beim Bamf eine Rückführung des Mannes unter den geltenden Regeln nach Afghanistan schwierig gewesen wäre. Bisher habe es nur einen entsprechenden Flug gegeben.
Aschaffenburgs Oberbürgermeister Herzing: „Wir sehen die Parallelen“
Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) hat nach dem Angriff auf eine Kindergartengruppe zu Besonnenheit gemahnt. „Ein Geflüchteter greift unschuldige Menschen an, verletzt und tötet sie. Wir sehen die Parallelen“, sagte Herzing mit Blick auf die Todesfahrt von Magdeburg sowie die Messerattacken in Solingen und vor einigen Jahren in Würzburg. Er betonte aber: „Wir können und dürfen die Tat eines Einzelnen niemals einer gesamten Bevölkerungsgruppe anrechnen.“
Man dürfe trotz Wut, Trauer und „Rachegedanken“ keine „Spirale der Gewalt und des Hasses in Gang setzen“, mahnte der SPD-Politiker. Die Polizei werde das Motiv für den Angriff ermitteln. Die politischen Folgen seien Thema vieler Gespräche in der kommenden Zeit.
„Als wäre mein eigenes Kind gestorben“
Der Opfer des Angriffs gedachte der Oberbürgermeister mit persönlichen Worten. „Ich fühle, als wäre mein eigenes Kind gestorben – oder mein Bruder gestorben oder verletzt worden“, sagte der Rathauschef am Tatort. „Das ist, glaube ich, bei vielen anderen auch so.“
Er habe als langjähriger Feuerwehrmann viele schlimme Dinge gesehen und erlebt, sagte Herzing. „Aber ich kann mich nicht entsinnen, dass mich eine Tat so berührt hat und ich so aufgewühlt bin wie sicherlich viele andere auch.“
Am Sonntag soll laut Herzing in der Stiftskirche in Aschaffenburg eine Trauerfeier stattfinden. Zusätzlich liege ein Kondolenzbuch im Lichthof des Rathauses aus.