Friday, September 22, 2023

Ukraine: Und doch: Auf Deutschland ist Verlass

SZ.de Ukraine: Und doch: Auf Deutschland ist Verlass Artikel von Kommentar von Daniel Brössler • 1 Std. Und sie kooperieren doch: Kanzler OLaf Scholz und Präsident Wolodmir Selenskij Ausgerechnet Wolodimir Selenskij fordert für die Bundesrepublik einen permanenten Sitz im Sicherheitsrat. Trotz allen Zauderns gehört Kanzler Scholz zu den wichtigsten Unterstützern des angegriffenen Landes. Und doch: Auf Deutschland ist Verlass Von dieser Woche bei den Vereinten Nationen in New York wird eine Forderung nachhallen. Es ist die nach einem ständigen Sitz für Deutschland im UN-Sicherheitsrat. Die Forderung ist nicht neu, bemerkenswert war nur der Absender. Während Bundeskanzler Olaf Scholz es für ratsam hielt, sich bei diesem Thema diesmal zurückzuhalten, pries ein anderer Deutschland umso ungehemmter als Garanten für Frieden und Sicherheit in der Welt. Deutschland verdiene deshalb einen permanenten Sitz im Sicherheitsrat, forderte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij. Unmittelbare Wirkung entfaltet das natürlich ebenso wenig wie Selenskijs Wunsch, Putin-Russland aus dem Sicherheitsrat zu werfen. Sehr wohl aber dokumentieren Selenskijs Worte, wie sehr sich die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf mittlerweile auf Deutschland stützt. Schon seit geraumer Zeit rangiert Deutschland nach den USA auf Platz zwei der militärischen Helfer der Ukraine. Entscheidend dürfte für Selenskij aber weniger dieser Ist-Zustand sein, sondern der bange Blick in die Zukunft. Der Präsident nimmt aus den USA eben nicht nur ein weiteres militärisches Hilfspaket im Wert von 325 Millionen US-Dollar mit nach Hause, sondern auch die Erkenntnis, dass es immer schwieriger werden wird, die politische Unterstützung für die milliardenschwere Waffenhilfe zu sichern. Die extremen Trumpisten unter den Republikanern werden weiter daran arbeiten, diese Unterstützung zu untergraben - ganz zu schweigen von den gerade für die Ukraine katastrophalen Folgen einer möglichen Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Und die Polen? Sind im Wahlkampf. Was der Ukraine nicht zugutekommt Als umso lebenswichtiger erweist sich für die Ukraine die Frage, inwieweit auf die europäische Unterstützung Verlass sein wird. In New York hat Selenskij klar zu erkennen gegeben, auf wen er lieber nicht angewiesen sein will. Er beklagte, dass einige in Europa die Bühne für Moskau bereiteten, und zielte damit vor allem auf Polen. Polens regierende Nationalisten, lange selbstverliebt in der Pose der größten Ukraine-Unterstützer, spielen im Wahlkampf seit geraumer Zeit die antiukrainische Karte. Nach Populisten-Art sind ihnen Punkte bei den über billiges Getreide aus der Ukraine klagenden Bauern wichtiger als die Stärkung der Ukraine im Kampf gegen den russischen Aggressor. Zwar war die Feststellung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, es werde keine neuen Waffenlieferungen an die Ukraine geben, der Tatsache geschuldet, dass nach vielen Lieferungen die polnischen Waffenlager schlicht geleert sind. Im Ergebnis spielt das aber keine Rolle. Der ukrainischen Führung ist klar, dass sie im womöglich noch Jahre dauernden Krieg gegen Russland aus Polen nicht sehr viel Hilfe zu erwarten haben wird. Das gilt vor allem für den Fall, dass die regierende PiS an der Macht bleibt. Getrieben von den vor allem gegen Deutschland gerichteten Phobien ihres Anführers Jarosław Kaczyński hat sie Polen in eine weitgehende europäische Isolation geführt. Für den von der Ukraine angestrebten Weg in die Europäische Union ist sie ein schlechter Partner. Selenskij stützt sich in dieser Lage auf Kanzler Scholz als einen seiner wichtigsten Ansprechpartner in Europa. Die Verärgerung in Kiew über die ausbleibenden Marschflugkörper vom Typ Taurus mag immer noch groß sein. Deutlicher größer aber dürfte aber die Erleichterung sein, dass davon abgesehen auf Deutschland bisher Verlass ist.