Sunday, September 24, 2023

Italien: Verteidigungsminister Guido Crosetto keilt gegen Bundesregierung

DER SPIEGEL Italien: Verteidigungsminister Guido Crosetto keilt gegen Bundesregierung Artikel von Katja Iken • 18 Min. Rom zeigt sich empört über deutsche Finanzhilfe für zivile Seenotretter: Der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto hat in einem Interview scharfe Kritik an der Bundesregierung geäußert. Italien: Verteidigungsminister Guido Crosetto keilt gegen Bundesregierung Im Streit um deutsche Finanzhilfe für Nichtregierungsorganisationen, die sich in Italien um Bootsmigranten kümmern, schlägt die rechte Regierung in Rom gegen Berlin immer härtere Töne an. Verteidigungsminister Guido Crosetto sprach in der Zeitung »La Stampa« von einem »sehr schwerwiegenden« Verhalten. »Berlin tut so, als ob es nicht wüsste, dass es damit ein Land in Schwierigkeiten bringt, mit dem es theoretisch ›befreundet‹ ist«, so Crosetto. Der Politiker gehört zur ultrarechten größten Regierungspartei Fratelli d’Italia. Crosetto zeigte sich entsetzt vom deutschen Verhalten: »Das ist ihre Antwort auf unsere Bitte um Hilfe? Wir haben uns nicht so verhalten, als Angela Merkel die EU davon überzeugt hat, Milliarden von Euro in die Türkei zu investieren, um die Ankunft von Geflüchteten aus dem Nahen Osten in Deutschland zu verhindern.« Kennzeichnend für das Verhalten Europas in der Migrationspolitik sei »der ideologische Ansatz eines bestimmten linken Flügels, der die Folgen seiner Theorien für die Menschen nicht berücksichtigt«, so Crosetto: »Es ist ein Europa, das sich oft auf der Seite der Strategie oder des Timings irrt.« Protest kam auch vom kleineren Koalitionspartner Lega. Rom betrachtet es als eine Einmischung in inneritalienische Angelegenheiten, dass die Bundesregierung Hilfsorganisationen fördern will, die sich auf italienischem Boden um Migranten kümmern. Das Auswärtige Amt hatte am Freitag darauf verwiesen, dass damit ein Beschluss des Bundestags umgesetzt werde. Das erste Geld – jeweils zwischen 400.000 und 800.000 Euro – solle »in Kürze« ausgezahlt werden, an ein Projekt zur Versorgung an Land und ein Projekt zur Rettung auf See. Bei einer der Organisationen handelt es sich um SOS Humanity. Das Thema Migration und auch die Arbeit privater deutscher Hilfsorganisationen im Mittelmeer führt seit längerer Zeit zu Spannungen zwischen Rom und Berlin, auch in Zeiten früherer Regierungen. Meloni hatte im Wahlkampf ein hartes Vorgehen angekündigt, um die Zahl der in Italien ankommenden Bootsmigranten zu senken. Tatsächlich wurden seit Beginn des Jahres mehr als 130.000 Bootsflüchtlinge registriert, doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2022. Allein auf der kleinen Insel Lampedusa kamen diesen Monat mehr als 10.000 Menschen an.