Monday, September 18, 2023
Analyse von Ulrich Reitz - Diese Frau macht genau das Gegenteil von Faeser - schauen Sie mal, wohin das führt
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Analyse von Ulrich Reitz - Diese Frau macht genau das Gegenteil von Faeser - schauen Sie mal, wohin das führt
Artikel von Von FOCUS-online-Korrespondent Ulrich Reitz •
6 Std.
Frederiksen macht in fast allem das Gegenteil ihrer deutschen Genossin Nancy Faeser. Die Wähler haben es den dänischen Sozialdemokraten gedankt.
Eine Christdemokratin, eine Rechtspopulistin, zwei Sozialdemokratinnen – vier Frauen schrauben gerade maßgeblich an der Flüchtlingspolitik. Wer hat die besten Rezepte? Von welcher Frau in Regierungsverantwortung ist eine Lösung zu erwarten?
Ursula von der Leyens Zehn-Punkte-Plan zur Lösung der europäischen Migrationskrise bewegt sich in luftigen Höhen. Für den Migrationsforscher Gerald Knaus, den geistigen Vater des Deutschland-Türkei- oder Merkel-Erdogan-Deals, ist das, was die Brüsseler Kommissionspräsidentin auf den Flüchtlings-Hotspot Lampedusa mitbrachte, nur ein „Aufwärmen alter Ideen“ – und: „ohne jeden Fokus“.
Und im übervollen Lampedusa mit seinen Tausenden von überforderten Menschen – den Flüchtlingen wie den Einheimischen – könne von der Leyen gut studieren, weshalb ihr Vorschlag, die Flucht-Migration an den Außengrenzen einzudämmen, gerade nicht funktioniere.
Von der Leyen, Meloni, Faeser und ihre Migrations-Ideen
Das sagt auch die zweite Frau, Georgia Meloni, Italiens Regierungschefin. Sie kämpft deshalb dafür, mit Hilfe der Marine dafür zu sorgen, dass Migranten Europas Grenzen gar nicht erst erreichen. Außerdem verschärft sie die Regeln zur Abschiebehaft und plant, abgelehnte Asylbewerber in abgelegenen Gegenden unterzubringen, um sie von dort schneller an deren Herkunftsorte abschieben zu können.
Aber dafür braucht auch Meloni Abschiebeabkommen, so wie jenes, das sie gemeinsam mit Europas von der Leyen mit Tunesien schloss. Seitdem greifen tunesische Sicherheitsbehörden gegen Migranten härter durch.
Die dritte Frau ist Nancy Faeser. Das einzige Handfeste, auf das sie verweisen kann, ist die Vereinbarung der europäischen Innenminister zur Verschärfung des Asylrechts. Nur: Das betrifft die wenigsten Migranten. Voraussetzung für die beabsichtigten Schnellverfahren in Auffanglagern an den Grenzen ist eine Anerkennungsquote als Flüchtling von unter 20 Prozent. Die Haupt-Migrantengruppen – Syrer und Afghanen – sind darum von dem Plan gar nicht betroffen.
Was das Kernargument von Annalena Baerbock auf einem Parteitag der Grünen war, der sie nur darum durchwinkte, und auch erst nach heftigen Diskussionen. Und beschlossene Sache ist die Idee noch lange nicht. Sie muss noch durch das Europäische Parlament – und die Nationalstaaten. Ausgang: ungewiss. Dauer: lange. Schon warnt der CDU-Europa-Abgeordnete Denis Radtke: Wenn das nicht komme, „kann die AfD den Sekt kaltstellen“.
Eine Dänin macht in fast allem das Gegenteil ihrer deutschen Genossin Nancy Faeser
Die vierte Frau hat gerade ein früherer Bundespräsident ins Spiel gebracht: Joachim Gauck, von dem der konservativ-pragmatische Satz stammt: „Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“
Gauck sagte, er sorge sich angesichts des „Kontrollverlusts“ bei der Migration um die Stabilität von Deutschlands Demokratie. Gauck fürchtet einen weiteren Rechtsruck, und seine Schlussfolgerung lautet: Mit dem Drehen an den üblichen Stellschrauben werde man in der Migrationspolitik nicht mehr weiterkommen. Und darum empfiehlt Gauck den Blick nach Dänemark: „Den Dänen ist es gelungen, eine nationalpopulistische Partei unter drei Prozent zu bringen.“
Das hat eine Sozialdemokratin fertiggebracht: Mette Frederiksen. Die Pointe daran: Frederiksen macht in fast allem das Gegenteil ihrer deutschen Genossin Nancy Faeser. Die Wähler haben es den dänischen Sozialdemokraten gedankt.
Die dänische Sozialdemokratin hat die Einbürgerung von Ausländern nicht erleichtert wie Faeser, sondern drastisch erschwert. Und: In der Zeremonie muss der – auch muslimische – Einbürgerungswillige dem Bürgermeister, besonders aber: der Bürgermeisterin, die Hand reichen.
Die dänischen Sozialdemokraten wollen wieder Arbeiterpartei sein
Die dänische Sozialdemokratin hat Migranten drastisch die Sozialleistungen gekürzt, um rund die Hälfte, während die deutschen Sozialdemokraten für eine Erhöhung des Bürgergelds gesorgt haben, das zu mehr als der Hälfte Eingewanderten zugutekommt.
Die dänische Sozialdemokratin hat den Familiennachzug eingeschränkt, die deutsche Ampelregierung hat den Familiennachzug erleichtert, etwa für Menschen aus Afghanistan. In diesem Jahr, so die Experten-Prognose, werden über diesen Weg wohl rund 100.000 Menschen nach Deutschland einwandern.
Mette Frederiksens Regierung arbeitet daran, Asylzentren in Ländern außerhalb Europas einzurichten. Die Sozialdemokratin hat eine „Quote Null“ für irreguläre Einwanderung ausgegeben. Von der Leyens EU-Kommission hat diesen Plan heftig kritisiert, als Versuch, die Grundlagen des internationalen Flüchtlingsschutzes zu untergraben. Frederiksen hat sich davon nicht beeindrucken lassen.
Frederiksens Migrationspolitik folgt einer deutlichen Kursverschiebung der Partei – nach mehreren Wahlniederlagen und einem Erstarken rechtspopulistischer Kräfte – die Parallelen zu Deutschland sind frappierend. Kurz gesagt: Die dänischen Sozialdemokraten wollen wieder Arbeiterpartei sein. Irritationen auf ihrem linken, akademisch grundierten Flügel nahmen Frederiksen und Co. in Kauf. Kein Wunder, dass sich von diesem Weg auch der langjährige frühere SPD-Parteichef Sigmar Gabriel angetan zeigte.
Die Ampelregierung ist angetreten, eine linkere Migrationspolitik zu machen
Joachim Gauck hat der deutschen Bundesregierung nicht nur die dänischen Sozialdemokratin als Vorbild im Kampf gegen den Rechtspopulismus ans Herz gelegt. Er hat auch einen neuen Maßstab bei der migrantischen Zuwanderung definiert. Es dürfe keine „Zuwanderung in die Sozialsysteme geben, ohne dass die Fachkräfte, die wir brauchen, vorhanden sind“.
SPD und Grüne propagieren dagegen, dass mit der Flüchtlingseinwanderung auch mögliche Fachkräfte nach Deutschland kämen. Den Glauben daran hat der Ex-Bundespräsident augenscheinlich verloren.
In Deutschland sind weiterreichende Änderungen am Asylrecht und in der Migrationspolitik nicht zu erwarten. Der Grund dafür: Die Ampelregierung ist angetreten, eine linkere Migrationspolitik zu machen. Und: Derart stark steigende Asylzahlen sah der Koalitionsvertrag einfach nicht vor. Die Wirklichkeit ist der rot-grünen Wunschvorstellungen inzwischen enteilt. Am Ende des Jahres werden wohl mehr als 300.000 Asylbewerber nach Deutschland gekommen sein.
Bei der Überlastung in den Gemeinden verlieren Parteibücher ihre Bedeutung
Die Kommunen rufen immer lauter Richtung Berlin nach Hilfe, und die Hilferufe sind nach Parteizugehörigkeit nicht mehr sauber zu ordnen. Bei einer derartigen Überlastung in den Gemeinden fangen Parteibücher an, ihre Bedeutung zu verlieren. Längst ist ein alter Vorschlag zurückgekehrt: eine Flüchtlings-Obergrenze.
Bayerns Regierungschef Markus Söder nennt sie „Integrationsgrenze“. Mit einem solchen Vorschlag stürzte der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer die Union in eine Krise. Die Kanzlerin Merkel wollte das partout nicht.
Heute sieht die Lage anders aus – die CDU zieht mit. Merkel ist weg.