Tuesday, March 15, 2022

Ukraine-Krieg: Russland allein im Netz

<b>SZ.de Ukraine-Krieg: Russland allein im Netz Von Jannis Brühl - Gestern um 23:00 Der Krieg führt auch im digitalen Raum zu völlig neuen Bruchlinien: Zensur und Vergeltung könnten dazu führen, dass Russland immer stärker vom weltweiten Netz abgeschottet wird. Russland allein im Netz Olga Buzova schluchzt. Die russische Influencerin sitzt im weißen Bademantel vor der Kamera und klagt: "Ich weiß nicht, wie es weiter geht, vielleicht muss ich Instagram verlassen. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, zurückzukehren mit einem VPN, ich habe allerdings noch nicht verstanden, wie es funktioniert." Das Video ist vom Sonntag, als klar war: In wenigen Stunden verliert sie den Zugang zu Instagram, wie Millionen andere Russen. Die Telekommunikationsbehörde des Landes hat nach Facebook auch Instagram blockiert. Beide Netzwerke gehören dem US-Konzern Meta. Menschen in Russland können nur noch mit VPNs, also virtuellen Tunneln, an der Internet-Sperre vorbei auf Bikinibilder und Sangeseinlagen wie die von Buzova zugreifen. Der Schritt ist dem Kreml zufolge eine Reaktion auf die Entscheidung von Meta, Aufrufe aus der Ukraine, russische Soldaten im Land zu töten, nicht zu löschen - ein Bruch mit Metas alter Regel gegen Gewaltaufrufe. Am Montag drohte die Behörde auch Youtube mit einer Sperre. Das russische Internet dieser Tage unterscheidet sich also von jenem vor dem Angriff auf die Ukraine. Eine Entwicklung, die in der kompletten Abkopplung des russischen Netzes vom globalen Netz enden könnte. Einem digitalen Silo, dass der Staat leicht zensieren und überwachen könnte - so zumindest der Plan. Alp Toker betreibt in London den Dienst Netblocks.org, der Internetsperren erfasst. Er sagt: "Ein Medienkrieg spielt sich im Internet ab. Jede Seite verhängt ihre eigenen Beschränkungen." So hat nicht nur die EU die Propaganda-Sender Sputnik und RT verboten. Ein weiterer Schauplatz ist die Icann, jene Organisation, die sich um jenen Teil der Internet-Architektur kümmert, in dem Webseiten mit bestimmten Adressen verbunden werden. Der ukrainische Icann-Vertreter hatte von der Organisation gefordert, russische Webseiten generell zu blockieren. Die verwahrte sich gegen solche Instrumentalisierung in einem Brief an Digitalminister Mikhail Fedorow: "Die Icann wurde gebaut, damit das Internet funktioniert, nicht, um benutzt zu werden, damit es aufhört zu funktionieren." Man bleibe neutral.