Monday, February 5, 2024
Analyse von Ulrich Reitz - Und dann sagt Habeck einen Satz wie eine Kapitulationserklärung
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Analyse von Ulrich Reitz - Und dann sagt Habeck einen Satz wie eine Kapitulationserklärung
Geschichte von Von FOCUS-online-Korrespondent Ulrich Reitz • 2 Std.
Im Gespräch mit Caren Miosga stellte Robert Habeck klar: "Ich bin in der Regierung, und ich trage Verantwortung, nicht nur für meinen Bereich, sondern auch für die Regierung."
Klimaminister Robert Habeck setzt Ideen in die Welt, die chancenlos sind. Damit erhöht er den Frust auf die Regierung. Und der nutzt gleich zwei anderen Parteien.
Wer sich auf die Suche nach Gründen macht, weshalb die Ampelregierung das Vertrauen in der Bevölkerung immer mehr verspielt, braucht nicht lange. Jüngstes Beispiel ist die Debatte, wie man den gerade laufenden Niedergang der deutschen Wirtschaft stoppen könnte.
SPD und Grüne haben sich im Bundestag schon lange eingeschossen auf ein Schleifen der Schuldenbremse – für „Investitionen“. Dafür aber braucht man eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, und die ist nicht in Sicht. Die Union wird erklärtermaßen dabei nicht die Hände reichen, die FDP auch nicht.
Weshalb aber über etwas diskutieren, was in der verbleibenden Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode nicht den Hauch einer Chance hat?
Habeck weckt Erwartungen, die er nicht erfüllen kann
Die Wirkung einer solchen, im Kern nutzlosen Debatte, ist zerstörerisch: Man weckt Erwartungen, die man nicht erfüllen kann, und wundert sich dann, weshalb immer mehr Bürger frustriert sind. So läuft es auch beim neuen Vorstoß von Robert Habeck ab, der immerhin Vizekanzler dieser Bundesregierung ist.
Seit mehr als zwei Jahren ist diese Bundesregierung im Amt, und nun will Habeck „alles Mögliche ausprobieren“. Auch, die Rezession in der Wirtschaftsentwicklung mit Hilfe einer Unternehmenssteuerreform zu bekämpfen. Das klingt erst einmal wie aus dem Setzkasten ordoliberaler Instrumente zur Stimulierung der Wirtschaft.
Aber: So wie Habeck es versteht, ist es nicht liberal, sondern dirigistisch. Denn Habeck will den deutschen Unternehmen nicht mehr Geld zuschustern, damit die selbst entscheiden können, wie sie ihren neuen Spielraum nutzen können. Er will vielmehr die Steuererleichterungen zur Klima-Transformation nutzen. Das kann aber ins Auge gehen.
Bei Caren Miosga berichtete der Chef des großen Stahlherstellers Salzgitter, Groebler, der für seine klimafreundliche Transformation von Habeck persönliche knapp eine Milliarde Euro überreicht bekommen hat, er könne nun schon nächstes Jahr grünen Stahl produzieren. Allein: Es fehlten der grüne Strom und der grüne Wasserstoff. Ein schönes Beispiel dafür, was mit Steuergeld passieren kann, wenn sich der Staat beziehungsweise eine Bundesregierung für den besseren Unternehmer hält.
Habecks Idee eines „Sondervermögens“ für Unternehmen hat null Chance
Habecks Idee, mit Hilfe eines „Sondervermögens“ Unternehmern die Steuern zu senken, hat null Chance. Sondervermögen, das bedeutet: Schulden, und zwar mindestens 30 Milliarden mehr und das pro Jahr. 30 Milliarden, das ist die Summe, die nötig ist, um die Unternehmenssteuern in Deutschland von 30 auf 25 Prozent abzusenken und damit in etwa auf amerikanisches (oder französisches) Niveau.
Ein Sondervermögen ist ohne Grundgesetzänderung nicht möglich. Die Zweidrittelmehrheit, die es dafür im Parlament braucht, ist – wie schon bei der gewünschten Aufweichung der Schuldenbremse – von der Wirklichkeit weiter weg als der Mond von der Erde. Nicht einmal die Koalition ist hier einig – die FDP würde nicht mitmachen.
Und glaubt Habeck wirklich, die SPD würde Unternehmen die Steuern senken, auch noch um gleich 30 Milliarden? Dass Habeck bei Miosga Thailand mit Taiwan verwechselte, ist nicht tragisch, er hat sich korrigiert. Bedenklicher ist, dass Habeck einer queren Grundidee anhängt: dass der Staat die Wirtschaft finanziert. Bisher war es stets umgekehrt.
Es ist der Stoff, der den Frust über die Regierung wachsen lässt
„Dinge ausprobieren“ klingt erst einmal experimentierfreudig und positiv. Ideen in die Welt zu setzen, deren Halbwertzeit wenige Stunden oder Tage beträgt, ist allerdings destruktiv. Es ist der Stoff, der den Frust über die Regierung wachsen lässt und die AfD (und neuerdings das BSW) stark macht. So füttert die Mitte (die linke Mitte) die Ränder an.
Habecks Wirtschaftspolitik bedeutet: Hilfe für Wenige, und auch nur bei der Klima-Transformation – oder, wie bei den Milliardensubventionen für den US-Chipriesen Intel – aus geostrategischen Gründen. Geostrategische Gründe sind aber eine luftige Angelegenheit. Würde sich die Chipproduktion in Deutschland rechnen, wäre Intel von allein auf die Idee gekommen.
Weil Habeck mit sehr viel Geld Unternehmen wie Intel oder Thyssen Krupp oder Salzgitter fördert, hat er kein Geld für den Mittelstand. Das verzerrt den Wettbewerb zu Lasten der Konzerne, die sich gerade schon über die nächste Subvention freuen:
Im Rahmen der „Kraftwerkstrategie“, auf die sich die Bundesregierung gerade verständigt hat, werden nur wasserstofffähige Gaskraftwerke gebaut. Es handelt sich um eine „Brückentechnologie“, die nötig ist, weil die Sonne nachts nicht scheint und der Wind auch einmal schläft. „Dunkelflaute“ ist der neue Name für ein altes Phänomen. Rund 16 Milliarden Euro soll das kosten über die nächsten 20 Jahre. 16 Milliarden, das ist die neue Zahl, die die alte grüne Behauptung widerlegt, wonach Sonne und Wind keine Rechnung schrieben.
Der Klimaminister macht schuldenfinanzierte Subventionen zur patriotischen Pflicht
Habeck will Schulden machen, um damit Subventionen an Unternehmen zu zahlen. Er erhöht Steuern (CO2-Abgabe), anstatt zu sparen – oder eben im vorhandenen Haushalt umzuverteilen. Diesen Weg erklärt er dann für alternativlos, weil Sparen nicht geht – siehe die Bauernproteste – weil „das die Demokratie nicht aushält“. Damit steht auch schon fest, was als nächstes kommen wird:
Bei den Schulden für mehr Klimainvestitionen soll die Opposition, also die Union, mitmachen, denn, so Habeck, „wir stehen nicht nur ökonomisch unter Druck, sondern auch demokratisch“. So macht der Klimaminister schuldenfinanzierte Subventionen zur patriotischen Pflicht, die AfD zu bekämpfen. Denn einen anderen Weg lehnt Habeck ab. Die großen Demos „gegen rechts“ werden damit zum nützlichen Werkzeug in den Händen der linken Seite der Ampel.
Die Idee seines ordnungspolitischen Rivalen Christian Lindner, der von den „Big state“-Projekten Habecks nichts wissen will, den Unternehmen als erstes einmal den Solidaritätszuschlag zu erlassen, kommt für Habeck nicht in Betracht. Denn dies würde die bestehende Lücke im nächsten Bundeshaushalt noch weiter vergrößern.
Robert Habeck sagt einen Satz, der sich nur als Kapitulationserklärung verstehen lässt
Das stimmt. Allerdings würde Habecks schuldenfinanzierte Unternehmenssteuer-Reform 30 Milliarden Euro verschlingen, Lindners Soli-Streichung vergleichsweise bescheidene sieben Milliarden kosten. So hoch beziffert das Institut der deutschen Wirtschaft den Betrag, den die Unternehmen als Soli an den Staat abführen.
Bei Miosga hat Robert Habeck einen Satz gesagt, der sich nur als Kapitulationserklärung verstehen lässt: „Lass uns doch die Quadratur des Kreises probieren.“ Die aber, und dies ist mathematisch bewiesen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.