Jeremy Corbyn: Ex-Labour-Chef will Hamas-Angriff auf Israel nicht verurteilen

DER SPIEGEL Jeremy Corbyn: Ex-Labour-Chef will Hamas-Angriff auf Israel nicht verurteilen Artikel von Sebastian Stoll • 11 Std. Wegen Antisemitismusvorwürfen wurde Jeremy Corbyn einst aus der Labour-Fraktion ausgeschlossen. Reporter sprachen den Ex-Parteichef auf die Situation in Israel an, der konnte sich nicht zu klaren Worten durchringen. Der frühere Chef der britischen Labourpartei, Jeremy Corbyn, hat sich offenbar geweigert, gegen den menschenverachtenden Angriff der Hamas auf Israel Stellung zu beziehen. Das geht aus einem Video hervor, das Corbyn im Gespräch mit Journalisten zeigt und das unter anderem von der Zeitung »The Independent« veröffentlicht wurde. Corbyn sagte auf dem Video lediglich, »alle Angriffe sind falsch« und wiederholte seine Forderung nach einem Ende der israelischen Besatzung der Palästinensergebiete. Das sei »natürlich im Grunde der Hintergrund des ganzen Problems«. Corbyn blieb im Einerseits-/Andererseits-Duktus und fügte hinzu: »Ich unterstütze keine Angriffe, deshalb kritisiere ich sie alle.« Bereits am Samstag hatte Corbyn eine umstrittene Erklärung abgegeben. Darin bezeichnete er die Ereignisse in Israel als »zutiefst alarmierend« und forderte »einen sofortigen Waffenstillstand und eine dringende Deeskalation«. Zudem schrieb er mit Blick auf Israel, »das Ende der Besatzung ist das einzige Mittel, um einen gerechten und dauerhaften Frieden zu erreichen«. DIe Hamas erwähnte Corbyn in der Stellungnahme mit keinem Wort. Lange Vorgeschichte Schon seit längerer Zeit gibt es in der britischen Labour Party eine Debatte über den Umgang mit Antisemitismus. Corbyn wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Parteichef von 2015 bis 2020 nicht entschieden genug gegen derartige Strömungen in der Partei vorgegangen zu sein. Mehrere jüdische Labour-Abgeordnete traten damals aus Protest aus der Partei aus. Corbyn wies die Vorwürfe stets von sich, geriet aber auch selbst in den Verdacht, ein antisemitisches Weltbild zu haben. Im Gegensatz zu Corbyn fand der heutige Labour-Vorsitzende Keir Starmer klare Worte. Der Raketenbeschuss und die Übergriffe aus Gaza seien ein »entsetzlicher Terroranschlag« und Israel habe »jedes Recht, sich zu verteidigen«. Beobachtern zufolge könnte der alte Flügelstreit über den Umgang mit dem Konflikt den Jahresparteitag in dieser Woche überschatten.