Monday, October 9, 2023
Frankfurter Allgemeine Zeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung Wie Scholz die Prioritäten bei der Seenotrettung setzt Artikel von Eckart Lohse
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Wie Scholz die Prioritäten bei der Seenotrettung setzt
Artikel von Eckart Lohse
Sarah Mohamed gegen Olaf Scholz – das ist kein Kampf auf Augenhöhe. Die eine ist stellvertretende Vorsitzende der Jungsozialisten, der andere Bundeskanzler. Dieser hatte sich kürzlich distanziert von der deutschen Finanzierung ziviler Rettungsschiffe im Mittelmeer. Mohamed hatte das als „katastrophales Signal“ bezeichnet. Das wird die SPD nicht zerreißen. Dass aber das Auswärtige Amt nach zunächst anderslautenden Berichten umgehend klarstellte, man werde weiterhin im Auftrag des Bundestags Geld für die Aufnahme von Bootsmigranten bereitstellen, hat schon ein anderes Gewicht.
Chefin des Außenministeriums ist die Grünenpolitikerin und einstige Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Die Frage, ob die Schiffe im Mittelmeer vor allem „ein Stützpfeiler unserer humanitären Verantwortung“ (Mohamed) oder doch eher dazu geeignet sind, das schmutzige Handwerk der Schleuser zu befördern, die darauf zählen, dass ihre Kunden übernommen werden, ist deutlich erkennbar auf der höchsten Ebene der Ampel umstritten. Scholz und Baerbock werden nicht nur durch ihre Fraktionen getragen, sondern auch durch Jugendorganisationen wie die Jusos oder Initiativen, die sich für die Belange von Migranten einsetzen. Baerbock nimmt Rücksicht auf diese Gruppen. Scholz setzt die Priorität anders und will den Konsens in der europäischen Migrationspolitik nicht noch mehr gefährden, als das ohnehin der Fall ist.